Teufelsstern
Stufen führten auf eine Veranda, die ums ganze Haus herumführte. Auf dem Innenhof war niemand, und auch auf dem Wachturm bewegte sich nichts. Überwachungskameras? Matt hatte keine gesehen, außerdem bestand immer die Möglichkeit, dass sie bei diesem schwachen Licht ohnehin nicht funktionierten. Der Gedanke, dass Richard auf dieser Farm sein konnte – vielleicht nur wenige Meter von ihm entfernt – trieb ihn vorwärts. Er stieß Pedro an, und sie rannten geduckt durch das offene Tor, über eine Ecke des Innenhofes an die Seite des Hauses.
Niemand sah sie. Niemand schlug Alarm. Matt blieb atemlos stehen und drückte sich eng an die Wand unter der Veranda. Pedro war direkt neben ihm. Sehr glücklich sah er nicht aus. Er schüttelte den Kopf, als wollte er sagen: »Es ist Wahnsinn, was wir hier machen, und ich will nichts damit zu tun haben.« Aber er blieb trotzdem, und Matt war ihm dankbar, dass er nicht allein gehen musste.
Wo konnte Richard sein, und wie sollten sie ihn in einem Haus finden, in dem es von Wachen sicher nur so wimmelte? Keines der Gebäude sah wie ein Gefängnis aus, und nirgendwo war ein Fenster vergittert. Vielleicht in einem Kellerraum? Das war der wahrscheinlichste Ort. Aber zuerst mussten sie ins Haus einsteigen.
Das erwies sich als einfach. Aus der Nähe erkannte Matt, dass die Veranda tatsächlich ums ganze Haus herumführte. Das Gebäude hatte hohe, elegante Fenster in einem Abstand von etwa fünf Metern. Sie reichten fast bis zum Boden, und alle standen weit offen. Matt warf Pedro einen fragenden Blick zu. Er wollte ihm eine letzte Chance geben, sich zurückzuziehen.
Pedro nickte, was so viel wie »Ich komme mit« bedeutete.
Matt zog sich am Geländer hoch auf die Veranda. Über ihm erstreckte sich das Dach mit den schweren roten Ziegeln. Matt wartete, bis Pedro bei ihm war, und schlich dann die Veranda entlang.
Plötzlich hörte er Stimmen. In einem der Räume waren offensichtlich mehrere Personen. Matt gab Pedro ein Zeichen, und sie schlichen weiter, vorbei an bequemen Terrassenmöbeln und Töpfen aus Terrakotta. Sie kamen an eines der offenen Fenster. Auf der anderen Seite sprach ein Mann. Sehr vorsichtig spähte Matt um die Ecke.
Es war ein Esszimmer mit einem riesigen Tisch, der so aussah, als wäre er aus einem einzigen Baumstamm herausgearbeitet worden. Auch der Fußboden bestand aus Holz, und die Wände waren getäfelt. Ein eiserner Kronleuchter, der bestimmt eine Tonne wog, erleuchtete das Zimmer – allerdings nicht mit Glühbirnen, sondern mit mindestens hundert Kerzen, von denen jede ihre eigene Halterung hatte.
Am Tisch saßen drei Männer und eine Frau. Einen der Männer erkannte Matt sofort, und ihm rutschte das Herz in die Hose. Es war Captain Rodriguez, der Polizist, der ihn im Hotel Europa verprügelt hatte. Er war in Uniform. Die beiden anderen Männer trugen Anzüge und die Frau ein einfaches schwarzes Kleid. Alle drei hörten aufmerksam zu.
Der Mann, der sprach, saß in einem hohen Korbstuhl mit dem Rücken zum Fenster. Matt konnte nur seine Hand und ein Stück des Armes sehen, die auf der Stuhllehne lagen. Er hatte lange Finger und schien einen Leinenanzug zu tragen. Sein Englisch war gut, nur gelegentlich wählte er ein falsches Wort. Matt pfiff leise durch die Zähne, um Pedro aufmerksam zu machen, und deutete mit einer Kopfbewegung auf die Leute im Zimmer. Warum sprachen sie Englisch? Wenn Matt lange genug zuhörte, würde er es vielleicht herausfinden.
»Es ist mir egal, was möglich ist und was nicht«, sagte der Mann. »Ich habe Ihnen meine Anweisungen gegeben, und Sie werden sie ausführen. Der Silberschwan muss in fünf Tagen… en la posición… in Position sein. Genau um Mitternacht. Dafür sind Sie verantwortlich. Ist das klar, Miss Klein?«
Die Frau nickte. »Es wird geschehen«, sagte sie. Ihr Englisch war deutlich schlechter, und sie hatte einen starken Akzent. »Aber ich brauche bald die…« Sie benötigte einen Moment, um auf das richtige Wort zu kommen. »Ich brauche die Koordinaten«, sagte sie.
Jetzt verstand Matt. Die Frau war Deutsche und sprach kein Spanisch. Der Mann dagegen konnte zwar Spanisch, aber kein Deutsch. Deswegen unterhielten sie sich auf Englisch.
»Sie bekommen die Koordinaten, sobald ich sie habe«, sagte der Mann. »Meine Leute waren in der Nazca-Wüste, aber bisher haben sie die Plattform nicht gefunden.«
»War die exakte Position im Tagebuch nicht angegeben?«
»Nein, nur ungefähr. Es kann sein, dass wir
Weitere Kostenlose Bücher