Teufelsstern
Getränken beladen war. Er trug eine weiße Hose und ein dunkles Jackett, aber kein Hemd und auch keine Schuhe. Das lange Haar hing so weit herunter, dass man sein Gesicht nicht sehen konnte. Er schob seinen Karren so weit auf die Straße, dass sie vollkommen blockiert war, und Matt hatte den Eindruck, dass er das mit Absicht getan hatte. Er schien gewusst zu haben, dass sie kommen würden, und verschaffte ihnen ein bisschen Zeit. Die Polizisten begannen zu brüllen. Einer von ihnen versuchte, sich vorbeizudrängen. Der Indio nickte und lächelte den beiden Jungen zu. Mit neuer Kraft machten sie kehrt und rannten wieder los.
Irgendetwas passierte in Cuzco. Einheimische versuchten, ihnen zu helfen. Erst die alte Frau und jetzt der Straßenhändler. Wer waren diese Leute? Woher wussten sie überhaupt, dass er und Pedro hier waren? Matt fragte sich, ob seine Fantasie mit ihm durchging. Aber wie viele Leute ihnen auch halfen – einen Ausweg gab es trotzdem nicht.
Sie kamen um eine weitere Ecke, und plötzlich wusste Matt, wo sie waren. Dies war eine der berühmtesten Straßen der Stadt. Noch vor ein paar Stunden war sie voller Touristengruppen und Fremdenführer gewesen, doch jetzt war sie menschenleer und wurde nur durch das matte Strahlen des Himmels erhellt. Eine Seite der Straße war von den alten Inka-Mauern gesäumt, die an dieser Stelle zehn Meter hoch waren. Pedro lehnte sich gegen die Mauer und rang nach Atem.
»Wohin jetzt?«, fragte Matt.
Pedro zuckte die Achseln. Entweder war er zu erschöpft zum Reden, oder er war zu demselben Schluss gekommen wie Matt: Es gab keinen Ausweg, also spielte es auch keine Rolle, wohin sie liefen.
Sie gingen wieder los, die verlassene Straße hinunter. Rund um sie herum hallten Stimmen durch die Nacht. Eines war sicher – ihre Verfolger kamen immer näher.
Und die Straße erwies sich als Sackgasse. Sie war durch ein hohes Metalltor blockiert, das offenbar abends geschlossen wurde.
Sie konnten nicht zurück. Matt hörte eilige Schritte hinter sich und wusste, dass die Polizisten in wenigen Sekunden auftauchen würden. Er hatte keine Kraft mehr, zu fliehen oder sich zu verstecken. Er rüttelte am Tor, doch es war verschlossen und zu hoch, um drüberzuklettern. Auch Pedro hatte aufgegeben. Er sah wütend und erschöpft aus, und die Bitterkeit der Niederlage war ihm von den Augen abzulesen.
» Amigos! «
Die Stimme ertönte direkt hinter ihnen. Matt fuhr herum. Er konnte es kaum fassen – nur ein paar Meter entfernt stand ein junger Mann. Er trug einen rot-lila gestreiften Poncho, Jeans und eine gewebte Mütze mit Ohrenklappen, die beiderseits des Kopfes herunterhingen. Er schien aus dem Nichts gekommen zu sein.
Und Matt war überzeugt, dass er ihn kannte. Einen kurzen, unheimlichen Moment lang glaubte er sogar, dass es Micos war. Aber Micos war tot. Also wer –?
» Amigos « , wiederholte der Mann. »Kommt schnell!«
Amigos. Das war eines der wenigen spanischen Worte, die Matt kannte.
Freunde.
Der Mann zeigte hinter sich. Matt sah an ihm vorbei und entdeckte etwas Unglaubliches. Ein Teil der Mauer hatte sich geöffnet, und es war eine Art Tür mit mindestens sieben Seiten erschienen. Es war unmöglich, sich vorzustellen, was für ein Scharnier sie wohl bewegte, aber in geschlossenem Zustand war sie absolut unsichtbar. Matt und Pedro waren daran vorbeigelaufen, ohne zu ahnen, dass sie existierte. Dasselbe galt zweifellos für Millionen von Touristen. Matt ging einen Schritt vor. Hinter der Mauer war ein Gang. Er war sehr schmal, doch viel war von ihm nicht zu sehen, denn er mündete nach wenigen Metern in absoluter Dunkelheit.
» No. « Pedro schüttelte den Kopf. Er hatte Angst.
Der Mann sprach ruhig, aber schnell auf ihn ein und sah dann wieder Matt an. »Die Polizei wird gleich hier sein«, fügte er in Englisch hinzu. »Wenn ihr leben wollt, müsst ihr mir vertrauen. Kommt jetzt!«
»Wer sind Sie?«, fragte Matt.
Der Mann antwortete nicht, was Matt verstehen konnte. Er wollte jetzt nicht reden. Er hatte ihnen ein unglaubliches Geheimnis gezeigt – die verborgene Tür. Und sie musste wieder geschlossen sein, bevor die Polizei oder jemand anders sie sah.
Pedro blickte ihn an und wartete darauf, dass er eine Entscheidung traf. Matt nickte. Die beiden betraten den Gang. Der Mann folgte ihnen, und die Tür schwang hinter ihnen zu.
Schwärze.
Außer seinem eigenen Atmen konnte Matt nichts hören. Er stand in absoluter Dunkelheit und dachte, dass er genauso
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