Teufelstod: Band 2 (German Edition)
…«
»Damian.« Emily versuchte sich aufzurichten, und mit Damians Hilfe gelang es ihr, sich mit dem Oberkörper an die Couch zu lehnen, während er neben ihr kniete. »Es ist alles in Ordnung«, bekräftigte sie. Was auch beinahe stimmte. Denn natürlich hätte sie niemals gewollt, dass Damian für sie in den Tartaros gehen musste, und in ihren Träumen mit ihm hatte sie sich auch tatsächlich immer gewünscht, diese Momente wären Wirklichkeit. »Ich freue mich ehrlich, dass du hier bist und dass du das … für mich getan hast.«
»Für uns .« Er sah sie einfach nur an, doch irgendwie wurde daraus einer jener Augenblicke, in denen sie bei einem Film immer die Augen verdrehte und »Geht’s vielleicht noch kitschiger?« stöhnte. Sie hasste diese nervöse Spannung zwischen zwei Menschen, wenn etwas im Raum stand, es aber noch weiter hinausgezögert wurde, um die Dramatik zu erhöhen. Im wahren Leben war es jedoch etwas ganz anderes, wenn auch nicht weniger unangenehm. Sie wussten beide, was jetzt geschehen würde. Sie saßen dicht nebeneinander und sahen sich an. Es herrschte betretenes Schweigen, und es war wohl ein gottgegebenes Gesetz, wie dieser Moment enden musste. Und doch rührten sie sich nicht, was die Angelegenheit noch peinlicher machte.
Sie hatten sich bereits geküsst, im Traum, aber jetzt war irgendwie alles anders. Sie benahmen sich wie Fremde, die sich gerade erst kennenlernten, einander abschätzten und beschnupperten. Eigentlich dürfte es doch nicht so schwer sein, einfach da weiterzumachen, wo sie damals aufgehört hatten. Wieso funktionierte es dann nicht? Woher kam diese Angst?
Natürlich war ein Kuss nichts, wovor man sich fürchten musste, und doch war Emily einer Panik gefährlich nahe. Was, wenn sie sich küssten und einer von ihnen merkte, dass die Gefühle des Traums verschwunden waren? Was, wenn all die Strapazen umsonst gewesen waren? Wieso fühlte es sich an, als müssten sie sich jetzt küssen? Wieso fühlte sich Emily so in die Enge getrieben? Sie musste ihn küssen, und es musste sie einfach umhauen, denn sonst wäre alles umsonst gewesen.
»Du machst ein Gesicht, als hielte ich dir eine Pistole an den Kopf«, meinte Damian. »Sehe ich so furchtbar aus?«
Emily hielt dem durchdringenden Blick der grünen Augen noch einen Augenblick lang stand, dann stieß sie Damian mit beiden Händen von sich und sprang auf. Dass ihr Verhalten lächerlich war, kümmerte sie nicht. Flucht war das Einzige, woran sie noch denken konnte.
Es war ihr egal, dass Damian sich ebenfalls wieder aufgerichtet hatte und ihr hinterherstürmte. Dass er kurz darauf neben ihr stand und ihr stumm dabei zusah, wie sie in ihre Schuhe schlüpfte. Und es interessierte sie auch nicht, dass sie die Schritte von Will und Annie auf der Treppe hörte, die gerade mit trockenen Sachen zum Anziehen herunterkamen. Sie konnte einfach keinen einzigen Augenblick länger in Damians Gegenwart sein.
Himmel! Er war der Sohn des Teufels, ein Halbgott, und er hatte sein unsterbliches Leben für sie, Emily, die verkorkste, viel zu blasse, viel zu dünne, vampirähnliche Schülerin aufgegeben! Schon seit Tagen war ihr das bewusst gewesen, und doch traf sie die Verantwortung seines Opfers plötzlich mit voller Wucht. Jede Freiheit war ihr genommen worden. Sie musste ihn lieben, sie musste seine Freundin sein und alles dafür tun, damit er in diesem Leben glücklich war, denn es war alles ihre Schuld! Er hatte es für sie getan!
Damian versuchte nicht sie aufzuhalten, aber sie spürte seinen Blick auf sich wie brennende Nadeln, was ihre Schuldgefühle nur noch schlimmer machte. Natürlich konnte er sie nicht verstehen und war verwirrt. Und natürlich wagte sie jetzt nicht, ihn anzusehen.
Nachdem sie zurück ins Schneegestöber gestürmt und die Tür hinter sich zugeknallt hatte, war sie jedoch auch nicht ruhiger. Immer noch hatte sie das Gefühl, weiter fliehen zu müssen.
Das tat sie letztendlich auch. Wie eine Irre lief sie durch die Kälte, beschimpfte sich in Gedanken selbst und konnte kaum fassen, was sie gerade getan hatte. Wie dumm sie doch war! Wochenlang hatte sie wegen Damian geheult, ihn vermisst und sich um ihn gesorgt, und jetzt, wo er endlich hier war, wo alles gut zu werden schien, zerstörte sie alles.
Was musste er jetzt von ihr denken? Würde er überhaupt jemals wieder mit ihr sprechen? Du meine Güte, es war doch nur ein Kuss. Seine Lippen, ihre Lippen. Kein Weltuntergang. Sie wollte es ja auch! Doch
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