Teufelstod: Band 2 (German Edition)
Probleme löste. Früher einmal war es ausreichend gewesen, einen Ort zu kennen und sich dorthin zu denken, doch jetzt musste er sich über Busfahrzeiten schlau machen, sich Geld von seinem … Vermieter leihen, irgendwie zur Bushaltestelle kommen, sich eine Stunde lang durchschütteln lassen und nun auch noch weiter zu Fuß zu seinem Ziel gehen . Das Menschsein hatte er sich wirklich anders vorgestellt.
Natürlich war er nicht völlig blauäugig in dieses Unternehmen gestartet, aber wer hätte wissen können, dass alles so anstrengend und vor allem kompliziert sein würde? Kein Wunder, dass die meisten Menschen noch nicht einmal hundert Jahre alt wurden. Allein die Strapazen, von einer Stadt in die nächste zu gelangen, waren bestimmt mehr, als ein menschlicher Körper verkraften konnte. Sein Frühstück aus merkwürdig schmeckenden Schokopops mit Milch hatte einen erbitterten Kampf gegen ihn geführt, um denselben Weg wieder zurückzunehmen, den es gekommen war. Er hatte diesen Kampf nur sehr knapp gewonnen. Ein paar weitere Minuten und es wäre zu spät gewesen. Und das, wo ihn die Leute ohnehin schon überall anstarrten. Er musste ja auch einen prächtigen Anblick bieten, vermutlich war sein Gesicht bereits grün.
Mittlerweile war er jedoch klug genug, keinem der Passanten mehr ins Gesicht zu sehen und sich nur noch auf seine unmittelbare Umgebung zu konzentrieren – hauptsächlich auf seine schwarzen Schuhe. Er lernte schließlich dazu und wollte vermeiden, noch einmal beim Anblick einer Dämonenfratze wie wild zusammenzuzucken und sich in das Abbild eines Geisteskranken zu verwandeln – auch wenn das wohl nicht so weit hergeholt war. Sein Geist war wirklich nicht ganz gesund, dessen war er sich bewusst. Natürlich wusste er, dass die anderen Fahrgäste, die Leute auf der Straße und die Ladenbesitzer einfach nur Menschen waren, und doch spielte ihm sein Unterbewusstsein immer wieder einen Streich und verwandelte die Gesichter in abscheuliche Wesen mit schwarzen Augen und blutverkrusteten Grimassen. Er konnte sich noch so sehr konzentrieren, noch so sehr einreden, dass all das nur seiner Fantasie entsprang und er weit von der Hölle entfernt war, die Erscheinungen trafen ihn immer wieder mit voller Wucht. Unangekündigt und grausam. Die nächtlichen Albträume waren eine Sache, aber seine Ängste auch im Wachzustand durchleben zu müssen, war manchmal mehr als er verkraften konnte. Man musste nicht Freud sein, um zu wissen, dass das nicht normal war – vielleicht irgendein Trauma, aber im Moment hatte er keine Zeit, sich darüber Gedanken zu machen. Das Zittern, das der Schreck seiner letzten Begegnung ausgelöst hatte – ein kleines Kind mit dämonischen Zügen –, ließ auch bereits etwas nach, und er entspannte sich allmählich wieder.
Die Kirchturmspitze war schon von Weitem zu erkennen und ragte wie ein erhobener Zeigefinger über die Häuser dieser eklig idyllischen Kleinstadt gen Himmel. Daher war es nicht besonders schwer, das Pfarrhaus zu finden, und der kurze Spaziergang durch die Kälte beruhigte zumindest seinen Magen, sodass er sich wieder Herr seiner Sinne fühlte, als er dort ankam.
Eine Frau mittleren Alters mit Dauerwelle und Brille öffnete ihm die Tür, um ihn sogleich weiter durch einen zwielichtigen Korridor zu ihrem Ehemann zu führen. Sie war die erste Person menschlicher Natur, die auf sein Erscheinungsbild nicht irgendwie seltsam reagierte. Nicht einmal den Bruchteil einer Sekunde war so etwas wie Unverständnis oder sogar Angst in ihrem Blick aufgeflackert. Ein wahres Wunder. Vermutlich hatte sie öfter mit solchen wie ihm zu tun. Schließlich war sie mit einem verheiratet.
Man wechselte ein paar höfliche Floskeln, Damian wurde Tee angeboten, und dann klopfte die brave Ehefrau auch schon an die Tür des Büros, und eine tiefe Stimme bat ihn herein.
Es war ein kleiner, jedoch gemütlicher Raum, der Damian empfing. Die schweren Vorhänge vor dem Fenster ließen kaum Licht herein, und die Stehlampe in der Ecke konnte ebenso wenig wie die Schreibtischlampe ihm gegenüber allzu viel gegen die in den Ecken lauernden Schatten ausrichten. Die Wände schmückten Bücherregale, und auf einer Seite stand eine Ledercouch. Den größten Platz nahm aber der massive Holzschreibtisch unter dem Fenster ein.
Damian schlug Tabakgeruch entgegen, vermischt mit einer Kombination aus Rasierwasser und Kaffee. Eigentlich hätte ihm dieses Duftgemisch erneut Übelkeit bereiten müssen, noch dazu, da
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