Teufelstod: Band 2 (German Edition)
Schatten, der auf sie zugesprungen war – einem Wolf. Die beiden waren sofort weggelaufen, und über die weiteren Ereignisse gab Marita kaum etwas preis. Auch Emily war von der Polizei befragt worden, da sie schließlich zu dieser Zeit spazieren gegangen war und Marita von dieser Begegnung berichtet hatte. Sie hatte allerdings nur zu Protokoll geben können, dass sie nichts gehört und nichts gesehen hatte. Eigentlich hätte die Polizei das Thema damit wohl abgetan und angenommen, dass Marita sich nur wichtigmachen wollte. Dann war Maritas Bruder jedoch unmittelbar nach dem Eintreffen im sicheren Zuhause zusammengebrochen und eine Zeit lang bewusstlos gewesen. Wenig später war er zwar wieder aufgewacht, aber der Welt irgendwie nicht mehr richtig zugehörig. Die Polizei streifte seither erfolglos durch den Wald, und Emilys Mutter war natürlich wieder unheimlich besorgt um Will – und merkwürdigerweise auch um Damian. Die beiden sollten zu ihnen ziehen, raus aus dem Haus mitten im Wald, hatte sie vorgeschlagen, was die Jungs dankend abgelehnt hatten. Zum Glück. Emily konnte sich nichts Schlimmeres vorstellen, als mit Damian unter einem Dach zu leben. Noch dazu unter den wachsamen Augen ihrer Mutter. Die Situation war so schon merkwürdig genug, und auch wenn Emily immer noch das schlechte Gewissen plagte, weil sie ihm aus dem Weg ging, konnte sie im Moment einfach nicht anders handeln. Damian hatte nicht mehr versucht, ihr irgendwie näherzukommen oder sie auf ihr Verhalten bei Will anzusprechen. Wobei er dazu auch keine Gelegenheit gehabt hatte. Die letzten Tage war Emily hauptsächlich zu Hause geblieben, denn ihre Mutter sorgte sich fürchterlich um sie. Einen Abend hatte sie mit Annie ferngesehen und war dabei erfolgreich jeder Fragerei ausgewichen, und ansonsten hatte sie sich still wie ein Mäuschen verhalten. Jetzt, wo die Schule wieder begonnen hatte, musste Emily sich zumindest Will und Annie stellen, die ihr Benehmen natürlich nicht nachvollziehen konnten. Wie auch? Emily konnte es ja selbst nicht.
Immerhin schneite es an diesem Tag nicht. Dafür war es um einige Grade kälter. Sosehr sie den Schnee auch herbeigesehnt hatte, sowenig brauchte sie ihn nach den Weihnachtsfeiertagen. Schnee und Weihnachten gehörten für sie zusammen, doch danach konnte die weiße Pracht ruhig wieder verschwinden. Auf die Matschphase würde sie auch gerne verzichten, lieber sollte die Welt schon etwas früher im Frühling erblühen.
Emily lief gerade über den Parkplatz zur Schule, als plötzlich eine riesige Gestalt neben ihr auftauchte. »Na?«, sagte Matt, der an einem belegten Brot herumkaute. »Noch ganz? Es heißt, du wärst auch da draußen im Wald gewesen.«
»Hm.« Emily beeilte sich weiterzukommen, aber gegen Matts lange Beine hatte sie keine Chance. Er war Wills bester Freund und Kapitän der Basketballmannschaft. Solche Typen bekamen meistens, was sie wollten, obwohl Emily zugeben musste, dass Matt zu den erträglichen Schülern der St. Bernard gehörte.
»Bist du mit dem Bus gekommen?«, wollte er wissen und sah sich auf dem Parkplatz um. »Wo ist Will?«
»Kommt sicher gleich.« Sie blieb stehen und blickte hoch in das Gesicht, in das Mandy sich vor ihrem Tod verliebt hatte. »Sag mal, hast du mit Marita geredet? Weißt du irgendwas Genaueres als den Schultratsch?«
Matt schüttelte den Kopf. »Nö. Nur das, was hier alle reden. Marita erzählt ja nichts – was unheimlich ist, wenn du mich fragst.«
»Wem sagst du das.« Emily hätte nicht gedacht, jemals zu erleben, dass Marita sich eine Gelegenheit, im Mittelpunkt zu stehen, entgehen ließ. Sie musste unbedingt herausfinden, was es mit diesen Monstern auf sich hatte. Denn was solche Dinge betraf, war sie ein gebranntes Kind.
Ein ihr vertrautes Motorengeräusch hinter sich ließ sie erstarren. Für eine Sekunde zog sie ernsthaft in Erwägung, Wills Ankunft einfach zu ignorieren, hielt es dann jedoch für vernünftiger, sich dem Alltag aus Schule, Freunden und Lehrern zu stellen, als durch eine erneute Flucht noch mehr Fragen aufzuwerfen.
Sie holte tief Luft und straffte die Schultern, ehe sie sich schließlich umwandte und den schwarzen Audi erblickte, den sie so gut kannte wie ihr eigenes Zimmer. Früher hatte er immer in ihrer Auffahrt gestanden, jeden Tag um dieselbe Zeit, um sie zur Schule zu kutschieren. Seit Neuestem bevorzugte Emily es, mit dem Bus zu fahren.
Der Wagen steuerte eine freie Parklücke an, der Motor erstarb, die Lichter in der
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