Teufelszorn - Funkenfluch (German Edition)
entschied, sich von ihm nicht weiter irritieren zu lassen, und mit dem Gedanken, dass ein Schafskopf ein Schafskopf blieb, begann er das zu tun, wozu sich jetzt, da sie beschäftigt war, die beste Gelegenheit bot: Er kratzte sich am Nacken, setzte eine nachdenkliche Miene auf und betrachtete ihr Gesicht.
Kein Wort fiel, niemand schien seine wahre Blickrichtung zu bemerken.
Ob auch andere es so schön fanden?
Er dachte an Paris und musste beinahe lächeln.
Auch der Bärinnensohn wäre nervös geworden!
Dieses einzigartig ausgewogene Zusammenspiel der kurzen, flachen und am Ende leicht runden Nase, der sinnlich breiten Lippen und der fein gezeichneten Wangenknochen hätte ihn mitsamt den antiken Damen und Herren tüchtig in Unruhe versetzt. Lena hätte von ihm den Apfel gekriegt und wäre anstelle von Helena entführt worden. Und der Schönheitsstreit wäre umgeschrieben worden, hätte gar die ganze Götterwelt durcheinandergebracht und den Weltenlauf in eine andere Richtung gedrängt.
«So, das ist genug!», sagte sie, als sich das Rinnsal leicht verfärbt hatte und stillte die Blutung.
«Ich mache Euch jetzt einen Verband, nehmt ihn erst in drei Tagen weg!»
Der Abt musterte die Bäuerin und glaubte festzustellen, dass sie eine gesündere Farbe erhalten und ihr die Behandlung geholfen hatte.
Sollte er sich auch noch zur Ader lassen?
Es würde ihn kräftigen und von schlechten Säften reinigen. Und jetzt wäre die Gelegenheit günstig, Lena hatte schon das Gerät bereit.
Er blickte zur Schale und verwarf den Einfall. Was sich da wieder in seinem Kopf zusammenspann! Ein Aderlass war für Schwachbrüstchen, für Schwerkranke, zwar fehlte ihm gelegentlich ein wenig der Schnauf, doch er war kerngesund und trotzte wie eine kräftige Eiche allen Unwettern.
Er beschloss, die Bitte zu vergessen, und frühestens in zwei, drei Monaten wieder daran zu denken. Bis dahin würde er sich kasteien, einen Schinken oder eine Pastete weniger essen. Das würde ihm helfen, ihn erleichtern, schmerzlos und ohne viel Aufhebens.
**
Es war kurz nach Mittag, als die beiden im Wald verschwanden. Der Abt würgte aufstoßende Magensäure hinunter und starrte auf den leeren Pfad. Sie waren ihm nicht geheuer, diese Menschen. Heute hatten sie aus Lenas Händen gepickt, bald, wenn nicht morgen, dann sonntags in der Kirche, würden sie aus anderen Händen picken.
Und aus was für welchen!
Er fuhr sich über den Nacken und es war ihm, als könnte er ihn predigen hören, den Dorfpfarrer zu Kleinkirchen. Noch nicht lange im Amt, hatte sich der einen Namen gemacht. Er sei ein Blender, einer, der ohne Punkt rede und obendrein einer, der bei jeder Gelegenheit das Fegefeuer schon in der Kirche anzünde.
«Viele kommen dieser Tage, hätte nicht gedacht, dass es so viele sein würden.»
Lena stand neben ihm und sagte es leise, ohne Stolz, er glaubte, darin Sorge, eine Ahnung von Gefahr zu erkennen.
Er beschloss, sie nicht direkt anzuschauen.
Niemals durfte sie in ihn hineinblicken, durfte nicht entdecken, was es zu entdecken gab. Unwürdig war er, unwürdig seines Amtes, er war nicht besser als ein erhitzter, schwärmerischer Studentenstrolch.
«Der Wille Gottes ist unergründlich!»
Er sagte es möglichst gewichtig und ärgerte sich im gleichen Atemzug über das leere Pfaffengewäsch, das sich wie ein Sack über alles stülpen ließ.
«Vielleicht», fügte er bei, «ist das Eure Berufung, Gott sieht Euch als Heilerin und nicht als Adeptin.»
Er drehte den Kopf, was ein Fehler war. Denn aus dem beabsichtigten kurzen wurde ein langer Blick, der sich seiner Kontrolle entzog; er tauchte ein in ihre Augen, blieb an ihnen hangen und hatte nicht das geringste Verlangen, sich davon wieder zu lösen.
«Es ist Gottes Absicht, dass Ihr den Leuten helft. Ein Jahr ist es her, seit Ihr und Ferdinand an die Klosterpforten geklopft habt. Da wart Ihr ein Mädchen, inzwischen habt Ihr Euch als Heilerin Respekt und Ansehen verschafft, die Menschen suchen Euch auf, suchen Euren Rat. Und es würde mir nicht schlecht gefallen, wenn Ihr von Dichtern besungen würdet, wenn man Eure Tüchtigkeit und Eure Schönheit in Versen der Nachwelt überliefern würde.»
Noch bevor er fertig geredet hatte, fragte er sich, ob er noch bei Trost sei, denn was er da vortrug, war nicht nur ziemlich dick angerührt, sondern auch noch das schlichte Gegenteil von dem, was er dachte.
«Habt Ihr Hunger?», wollte Lena wissen.
Es entging ihm nicht, dass sie seinem Blick
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