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Teufelszorn - Funkenfluch (German Edition)

Teufelszorn - Funkenfluch (German Edition)

Titel: Teufelszorn - Funkenfluch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Urs Bigler
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wenn du mich morgen nicht mehr wecken kannst? Versuchst du es mit der Bäuerin? Oder weckst du …?»
    Mitten im Satz brach er ab, schluckte zweimal leer und drückte die Hand auf die Brust.
    Keine Tränen jetzt!
    Der Abschied war bitter, aber er musste sein!
    Und je schneller er ihn vollzog, desto erträglicher war er.
    Darum würde er gehen, diesen Hof verlassen, heute noch!
    Als hätte Koni seine Gedanken gelesen, winselte er leise und begann, ihn mit der Vorderpfote zu knuffen und ihm die Hände zu lecken.
    «He, die Morgenwäsche erledige ich schon selbst. Lass das!»
    Schnell kniff Arno ihn leicht ins Halsfell, was Koni besonders gern mochte. Vergnügt legte er sich auf den Rücken und streckte erwartungsvoll alle Viere von sich.
    «Hätschelprinz, Hätschelprinz, die Bäuerin hat Recht!»
    Er kraulte dem Hund den Bauch und tätschelte ihm die Brust.
    Sollte er ihn mitnehmen?
    Der Hund war sein einziger richtiger Freund, auf der Landstraße könnte er den ganzen Tag herumtollen und herumspringen und wäre ein treuer, geselliger Begleiter. Und er würde ihn beschützen, am Tag vor Gesindel und Räubern und in der Nacht vor wilden Tieren.
    «Du und ich auf der Landstraße, was meinst du?»
    Die Antwort kam umgehend, aus der Ecke der Bäuerin – ein langgezogenes Ächzen, das wie ein flehentliches Nein klang. Die Frau schnarchte und stöhnte und schien in der Bettstelle nebenan gegen ein Monster zu kämpfen.
    Arno atmete tief durch und schämte sich, dass er eben nur an seinen Vorteil gedacht hatte.
    Ein gestohlener Hund sollte ihn vor Dieben beschützen?
    Er beschloss, sich Gedanken dieser Art ein für alle Mal aus dem Kopf zu schlagen. Koni konnte ihn nicht begleiten, Konis Platz war auf diesem Bauernhof, bei diesen Leuten, er war die gute Seele dieses Gehöfts. Niemals durfte er ihn diesen Menschen entreißen!
    «Schluss, ruh’ dich noch ein wenig aus!»
    Er gab ihm einen leichten Klaps und hörte auf, ihn zu kraulen. Leise winselnd protestierte Koni, legte sich schließlich quer über ihn und gähnte. So blieben sie liegen, vor sich hindösend, auf den Hahnenschrei wartend, der kurz vor dem ersten Dämmerlicht erfolgte und in schrillen Tönen den Beginn des Tagwerks ankündigte.
    Die Bäuerin stand als Erste auf. Mit einem ärgerlichen Ächzen warf sie die Decke von sich und verließ die Bettstatt.
    «Der Hund gehört nicht dorthin. Dieser Hätschelprinz!», schimpfte sie, als sie an Arno vorbeiging.
    Stumm nickte er und sah ihr mit leerem Blick nach. Jetzt würde er wohl zum letzten Mal das vertraute Eisen in der Feuerstelle kratzen und den zerbeulten Kessel scheppern hören. Er würde es morgen vermissen wie ihre Schimpfstimme und ihren Grützenbrei. Und nicht nur das würde er vermissen. Ihre strammen Befehle, ihre Vorliebe für Knoblauch, ihre Humorlosigkeit, einfach alles würde er vermissen. Auch dass er die unscheinbare Halsstarrigkeit des Bauern und dessen steten Rechtfertigungskrampf nicht mehr miterlebte, würde er auf seiner Wanderung ins Ungewisse als Verlust empfinden.
    Sollte er wirklich aufbrechen?
    Diesen Leuten mitteilen, dass er sie im Stich ließe?
    «Der Hund gehört nicht dorthin! Dieser Hätschelprinz!», meldete sich auf einmal der Bauer. Auch er hatte sich unterdessen aus den Laubsäcken geschält und schleppte sich zum Morgentisch.
    Wie ein Maulwurf wendete sich Arno unter Koni, klammerte sich an die Decke und seufzte still vor sich hin. Dann schubste er den warmen Mehlsack weg, stand auf und angelte sich vom Haken neben dem Bett Hemd, Hose und Wams, allesamt Kleidungsstücke, die schon Jahre vom Bauern getragen, mindestens ein Dutzend Mal geflickt und von der Bäuerin für ihn abgeändert worden waren.
    Die Hände leicht zittrig, zog er sich an und trat zum Tisch, wo er sich zu den beiden hinsetzte und sich schöpfen ließ.
    Es gab Grützenbrei wie gestern, wie immer.
    Er musste sich zu dieser Mahlzeit zwingen; tapfer löffelte er vor sich hin und wagte nicht, den beiden in die Augen zu sehen.
    «Ist etwas? Ist’s nicht recht?»
    Der Ton, den die Bäuerin anschlug, klang gereizter als auch schon.
    Vorsichtig blickte Arno auf, schaute ins strenge Gesicht der Bäuerin und würgte den halben Löffel Brei hinunter, den er sich in den Mund geschoben hatte.
    «Gute Frau», begann er schließlich, «ich habe Euch viel zu danken, denn Ihr habt mich behandelt wie Euren Sohn. Doch ich muss Euch enttäuschen, ich muss weiter. Ich muss eine Ausbildung machen, ich muss eine Lehrstelle

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