Teufelszorn - Funkenfluch (German Edition)
nicht mehr der Jüngste!»
«Keine Ursache!», schnarrte der Bauer. Er tätschelte die Hand seiner Frau und schien auf eine Regung in ihrem Gesicht zu warten, die ausblieb. Kein Lächeln, kein Zucken, kein Stirnrunzeln teilte ihm etwas mit, ihr Blick verharrte starr in den tiefen, schattigen Augenhöhlen und gab nichts darüber preis, was in ihr vorging.
«Bruder», wandte er sich wieder dem Abt zu, «ich bin froh, dass wir Euch getroffen haben. Mir ist nämlich nicht wohl bei der Sach.»
Weiter kam er nicht. Er sah zu Boden, als brütete er über einer kniffligen Bauernregel.
«Wo drückt Euch der Schuh?»
«Ich weiß nicht, ob das eine gute Sache ist.»
«Ihr meint den Besuch bei der Heilerin?»
«Man hört manch sonderbare Geschichten.»
Die kleinen grünen Augen des Bauern flackerten nun, und nervös fingerte er an der Hand seiner Frau.
«Der Rechtalbäuerin, der Tod blickte schon aus ihrem Antlitz, hat sie geholfen. Und dem Frieser Jerg auch. Der ist gerade noch einmal dem Totengräber von der Bahre gesprungen. Meint Ihr nicht, dass das…», er stockte, «Spuk ist, Teufelsspuk meine ich?»
Die Frage, arglos und ohne böse Absicht, war gestellt.
Der Abt schluckte und glaubte für einen Augenblick, neben einer läutenden Turmglocke zu stehen.
Das war der Beweis. Seine Ängste, seine quälenden Ängste, die er immer wieder als Gaukelei seines bangen Gemüts abgetan hatte, waren begründet gewesen und er hätte sie nicht in den Wind schlagen dürfen. Und dieser Bauer war keine Ausnahme, er war das arglose Schaf einer gewaltigen Herde, die auf einem Feld voller Giftpflanzen friedlich fraß, einem Feld, auf das gallige Priester und Pfarrer unablässig ihre hetzerische Saat warfen. Und er, der Abt, war schuld, seine Weichherzigkeit war schuld, wie schon zu oft in seinem Leben. Er hätte Lena verbieten müssen, die Menschen zu heilen, hätte ihr zu verstehen geben sollen, dass sie Funken versprühte, und das in einer Abtei voller Pulverfässer!
Energisch nahm er den dicken Wanderstock, wippte ihn in beiden Händen und rammte ihn in den Boden.
«Vom Herz hängt alles ab!», sagte er so schroff, dass er darob selbst leicht zusammenzuckte.
«Rein sollte es sein, ohne bösen Gedanken!», verdeutlichte er in gemäßigterem Ton. «Über ein solches Herz hat der Gottseibeiuns keine Gewalt! Und vor der Heilerin braucht Ihr Euch nicht zu fürchten, die Heilerin geschäftet nicht mit dem Bösen, dafür bürge ich!»
Um die Augen des Ackermanns zuckte es, ebenso um die Mundwinkel, und er sah ihn an wie ein Famulus seinen bewunderten Professor.
«So, fertig jetzt», knurrte der Abt, «der Teufel hat tausend Ohren, reden wir ihn also nicht hinter dem Busch hervor, folgt mir!»
Eine Spur langsamer setzten sie ihren Weg fort, die Bäuerin den Blick im Nirgendwo, der Bauer brütend und der Abt nach wie vor keuchend wie eine Orgelpumpe.
Niemand sagte etwas, und das blieb so, bis sie aus dem Schatten der Tannen auf die Lichtung traten.
«Lena, Lena, Pater Clemens ist da, Lena!»
Die helle Stimme kam dem Abt gelegen wie ein zugeworfenes Rettungsseil.
Er schwang den rechten Arm in die Höhe und winkte Arno zu. Der Knabe erwiderte den Gruß, verschwand im Waldhaus und kehrte mit Lena zurück, die sich nur lasch gegen sein Zupfen und Zerren wehrte.
«He, nicht so stürmisch!»
Sie gab ihm lachend mit einem Holzlöffel einen Klaps und blickte ihnen entgegen.
Der Abt beobachtete die beiden und musste grinsen.
Lena an den Röcken zu zerren, was für eine Frechheit, was für ein Kinderspaß! Und dafür einen Klaps mit dem Holzlöffel zu kriegen, wie pikant!
«Seid gegrüßt!», presste er aus seinem keuchenden Rachen heraus, als sie einander gegenüberstanden.
«Ich bringe Euch Gäste, zwei Bauersleut aus Kleinkirchen. Sie haben mir unterwegs Gesellschaft geleistet!»
Unmittelbar schlug sein Herz schneller, hüpfte gar gegen seine Brust, so dass eine kurze Pause entstand, die der Ackermann nutzte, um sich ein wenig vorzuschieben und ihm das Wort abzunehmen.
«Wir sind Bauern, wie der Bruder richtig gesagt hat. Ehrwürdige Heilerin, wir sind gekommen, weil wir Euch um Hilfe bitten wollen. Mein Weib leidet.»
Er wandte sich seiner Frau zu und krempelte ihren Hemdsärmel hoch.
«Dieser hartnäckige Ausschlag, wie ein böser Fluch hat er meine Frau vor Wochen getroffen, und kein Hausmittel schafft Linderung!»
Lena trat auf die Bäuerin zu, krauste leicht die Stirn und ließ sich den schrundigen Arm zeigen.
«Ich
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