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Teufelszorn - Funkenfluch (German Edition)

Teufelszorn - Funkenfluch (German Edition)

Titel: Teufelszorn - Funkenfluch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Urs Bigler
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tückische Monster.
    Was nur war an diesen farbigen Tunken und Dämpfen so reizvoll?
    Alles, was ihm dazu in den Sinn kam, war ein leichtes Kopfschütteln.
    Er würde darauf keine Antwort finden, heute nicht und auch morgen nicht.
    Er musste sie einfach gewähren lassen, denn waren sie zufrieden, schimpften sie nicht und nahmen sich Zeit am Abend zum Geschichtenerzählen.
    Was wollte man mehr?
    Er schlug die nächsten Seiten um und beschloss, das spannendste Bild anzusehen, sein Lieblingsbild, das nun bald kommen müsste.
    Ziemlich genau in der Mitte wurde er fündig – es war ein köstlich grausiges Bild, grausiger als ein Kadaver voller Maden und Würmer. Es zeigte einen Jungen, dem man die Füße und Hände abgehackt hatte. Warum man ihm das angetan hatte, war ihm ein Rätsel, und die einzige Erklärung, die ihm dazu einfiel, war, dass es sich hierbei um eine Strafe für etwas ganz Schlimmes handelte, für die Sprengung von Dutzenden Tannen aufs Mal oder für die Sprengung eines Waldhauses oder gar eines ganzen Klosters.
    Eine Weile starrte er auf die Darstellung, als wollte er mit dem Blick ein Loch in die Seite brennen, dann entschied er, die wahre Bedeutung herauszufinden.
    Er stand auf, hob die Alchimistenfibel auf und wankte damit zu Ferdinand.
    «Hast du das Rezept für den Stein entdeckt?», fragte der Prinz und sah ihm belustigt zu, wie er den Wälzer auf den Tisch stemmte und die fragliche Stelle aufschlug.
    «Was hat der Knabe angestellt?»
    Ferdinand runzelte die Stirn und fasste ihn forschend ins Auge.
    «Dieser Knabe war wie du, er spielte fürs Leben gern mit Sprengstoff. Eines Tages aber fiel ein Funke in einen Topf, und es machte «whumm» – schnell warf Ferdinand die Arme über den Kopf – «und weg flogen seine Hände und Füße, weit weg.»
    Arno knurrte, puffte Ferdinand in die Seite und deutete mit dem Zeigefinger auf das Bild.
    «Du lügst! Schau, da gibt es eine Axt und die Schnitte an Armen und Beinen sind gerade, da ist nichts gesprengt!»
    «Du hast Recht, das ist mir entgangen. Du hast ein Auge wie ein Scharfschütze, das hätte ich wissen müssen. Dieses Bild ist allerdings nicht einfach zu verstehen, es enthält einen Kerngedanken der Alchimie. Der Junge, das Symbol für philosophisches Quecksilber, darf sich nicht verflüchtigen, er soll sich mit dem Schwefel unauflöslich zum Panazee verbinden, zum Stein der Weisen, zum Pulver der Projektion oder wie das große Magisterium sonst noch heißt. Deshalb hat er keine Hände und Füße mehr.»
    «Aber», wandte Arno ein, «wo ist denn eure Axt und das filofische Quecksilber?»
    «Das sind Bilder, Vereinfachungen für sehr komplizierte Vorgänge. Auch für uns sind diese Zeichnungen rätselhaft. Darum dauern unsere Experimente so lang, und darum sind sie so aufwändig. Nimm Platz, ich erzähl dir ein wenig von der Alchimie.»
    Es war zur vorgerückten Stunde, als Arno wieder im dicken Buch las.
    Vorsichtig blätterte er die Seiten um und immer wieder drückte er die flache Hand auf den kühlen Boden.
    War da nicht von weit unten ein Zittern zu spüren?
    Wenn Ferdinand Recht hatte und es tatsächlich tief in der Erde brodelte wie in den Tiegeln und Destillierkolben und dort unten alle Stoffe aus Quecksilber und Schwefel oder aus erdigem Rauch und wässrigem Dunst entstanden, war es an manchen Orten brandgefährlich und hatte er schon einige Male sein Leben leichtfertig aufs Spiel gesetzt.
    Hepitipeterfix, und das erst vor kurzem!
    Er starrte zu einer Funzel auf dem Gestell neben dem Athanor, die ihn im vergangenen Sommer und Herbst auf den Erkundungsreisen in seine Fuchshöhle begleitet hatte, und dankte dem lieben Gott, dass er da wieder heil herausgekrochen war.
    Was ihm da nicht alles hätte geschehen können!
    Aufpassen müsste er das nächste Mal, teuflisch aufpassen, dass er nicht zu weit vordrang und ihn das Erdinnere hinunterzog in seine brodelnde Masse! Denn dort unten half ihm nichts mehr, die Vorgänge dort unten waren gewiss tausendmal heftiger als jene in Lenas und Ferdinands Tiegeln und Retorten! Wie der Frosch die Mücke würde ihn die Erde verschlucken!
    Er merkte, wie die Schläfen pochten, und überlegte, ob er Lena und Ferdinand sein Geheimnis anvertrauen sollte, sein Geheimnis nämlich, dass es hinter der Fuchshöhle einen riesigen Raum und einen Gang gab, der vielleicht in das verschlingende Erdinnere hinunterführte.
    «Was machst du für ein Gesicht, ist es wegen des Buches?»
    Ferdinand blickte ihn aufmerksam an,

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