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Teufelszorn - Funkenfluch (German Edition)

Teufelszorn - Funkenfluch (German Edition)

Titel: Teufelszorn - Funkenfluch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Urs Bigler
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wandte er sich um und erblickte Dr. Gailkirchner und altbekannte Hofräte. Sie schlossen auf, sie waren schnell, als trügen sie Siebenmeilenstiefel, und Dr. Gailkirchners Augen blitzten zornig wie die Augen des Richters am Jüngsten Tag.
    «Zum Waldlabor!», schrie der Magistrat mit aufgedunsenem Gesicht.
    Der Abt starrte auf seine Beine, die sich gegen seinen Willen dem Gleichschritt der Häscher anpassten, und fürchtete um seine Knochen. Er riss die Hand in die Höhe und protestierte, was nicht die geringste Beachtung fand und ihn zu einer Kaskade wüster Flüche reizte.
    Eine Überreaktion, die einschlug wie ein Geschoss und den sonderbaren Menschenzug zum Stehen brachte.
    Alle schauten sie ihn nun böse an und hoben drohend ihre Finger.
    Er ahnte, was jetzt kommen würde, und entschied, das Weite zu suchen.
    Er rannte los, hob ab und schwang sich mit kräftigem Flügelschlag davon.
    Einem Adler gleich flog er über den Triefenberg und schwirrte zum Waldhaus, wo er Ferdinand, Lena und Arno von weitem beim Spielen entdeckte. Vergnügt hüpften sie herum und warfen einander Bälle zu.
    Er wollte sie warnen und flatterte wild mit den Armen bzw. den Flügeln. Das gab ihm ungünstig heftigen Auftrieb, er entfernte sich von ihnen und stieg wie eine leichte Lerche weit zu den Himmelswolken hoch.
    Als er die Augen öffnete, wusste er nicht, ob er geschrien hatte, er spürte nur, dass sein Mund trocken war wie brüchiges Leder und kalter Schweiß auf seiner Stirn klebte.
    Benommen lauschte er verdächtigen Geräuschen, hörte aber lediglich Arnos regelmäßigen Atem neben sich und draußen rauschende Windstöße und heftigen, prasselnden Regen.
    Er beschloss, sich nicht zu ärgern. Nicht darüber, dass er mitten in der Nacht aufgewacht war und nicht mehr einschlafen würde, und auch nicht darüber, dass ihn seine Ängste bis in den Schlummer verfolgten.
    Warum träumte er nicht vom sonnigen Italien, von der Heiterkeit des Südens oder von üppigen Köstlichkeiten?
    In seinem Labor, im Zentrum des Makrokosmos, hätte er doch allen Grund für süße Träume, denn er lag bei seinesgleichen, in einer eingeschworenen Gesellschaft, bei Alchimisten, bei Adepten.
    Er massierte seinen Rücken, der sich anfühlte, als hätte er sich in kantigen Steinsplittern gebettet, und gab sich Mühe, nicht allzu laut auf den Laubsäcken zu knistern.
    Da raschelte es auf einmal in Ferdinands und Lenas Ecke.
    Jemand kicherte.
    Lena. Sie war es. Sie versuchte das Lachen zu unterdrücken. Sie schmuste offenbar mit Ferdinand, küsste ihn und...oh Heiliger Vater im Himmel!
    «Komm, jetzt heizen wir den Athanor ein!», hörte er Ferdinand flüstern.
    «Mittagshitze, Aschenwärme oder Flammenfeuer?», gluckste Lena.
    «Das werdet Ihr gleich erfahren, Köhlerin, wenn Ihr...»
    Mehr drang nicht bis zu seinen Ohren, ein fester Windstoß fegte über das Strohdach und erstickte das Nachtgeflüster.
    Er wusste nicht, wohin mit seinen Händen, krallte sie in einen Laubsack und beschloss, die Himmlischen um Halt und Trost zu bitten.
    Er fing an zu beten, irgendetwas, sprach zum Erlöser, zur Mutter Gottes und zum Allmächtigen, er reihte unstimmige Bitten aneinander, brachte sie durcheinander wie in Prüfungspanik und vermochte beim besten Willen nicht zu ordnen, was in seinem Kopf einem aufgescheuchten Vogelschwarm gleich ziellos in alle Richtungen schoss.
    Bald gab er das Beten auf und blieb reglos liegen.
    Er lauschte den Windstößen und dem Liebesgeflüster und dachte an den Stein der Weisen und seinen Lebensweg.
    Einiges hatte er richtig gemacht und vieles falsch.
    Das Studium, ja, das Studium, bis dahin war sein Lebensweg in Ordnung.
    Danach aber…
    Ein Geistlicher würde er nicht mehr – er würde ein Weib suchen, ein sündiges Weib mit unersättlicher Fleischeslust, und auf die Priesterweihe würde er scheißen.
    Er drehte sich um und spürte, wie eine Träne über seine Wange floss.
    Er tupfte sie nicht weg und ließ auch die nachfolgenden unbehelligt übers Gesicht streichen.
    Lange weinte er still vor sich hin und schimpfte sich immer wieder einen Schafskopf.
    Irgendwann, der Morgen graute noch nicht, begann er wieder zu träumen.
    Erneut hob er ab. Diesmal aber stieg er ruhig in die Höhe. Er schwebte über Padua, der Stadt seiner Studienjahre. Und unter ihm erstreckte sich ein Garten. Und in diesem Garten vermutete er Laura. Er hatte sie hier schon einmal getroffen.
    Nach kurzem Kreisen erspähte er sie.
    Auf einer Bank unter einer Pinie saß

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