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Teufelszorn - Funkenfluch (German Edition)

Teufelszorn - Funkenfluch (German Edition)

Titel: Teufelszorn - Funkenfluch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Urs Bigler
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der letzte gar mit der Dreingabe eines kräftigen Stupsers ins Gesäß.
    Da wirbelte sie herum, schnitt eine Grimasse und fauchte wie eine Raubkatze.
    Den Bruchteil einer Sekunde sah Arno schwarz, und helle Lichtmücken tanzten vor seinen Augen, so dass er aufschrie und seinen Spitzhut fortschleuderte.
    «Mächtiger Zauberer, hierher!»
    Wie aus der Ferne hörte er die Stimme des Prinzen.
    Mit butterweichen Knien, immer wieder zu Lena blickend, wich er zurück und stolperte in Ferdinands Arme, wo er sich fürs Erste in Sicherheit wähnte.
    Was nur war falsch gelaufen?
    Er war ratlos.
    Er fand keine Fehler in der Aussprache, jede Silbe, jede Lautfolge hatte sauber geklungen. Vielleicht ein böser Gegenzauber?
    «Das war eben nicht lieb von dir!»
    Erst jetzt fiel ihm auf, dass ihn Lena nicht aus den Augen ließ. Leicht nachdenklich, wie ihm schien, trat sie an ihn heran und strich ihm übers Haar.
    «Das war der letzte böse Zauber unter unserem Dach, versprichst du mir das?»
    Arno presste die Lippen zusammen und nickte.
    «Kommt ihr beiden, machen wir es uns gemütlich!»
    Ferdinand warf Esther einen Handkuss zu und deutete auf die Bettstatt.
    «Geschichtenzeit?», fragte Lena.
    «Wenn ihr wollt.»
    «Was meinst du, Zauberer?»
    «Mhmmja», nuschelte Arno und versuchte ein Lächeln.
    Gepolstert mit Laubsäcken, gefedert von gespannten Stricken, lagen sie wenig später auf Ferdinands und Lenas Bettstatt und kuschelten sich aneinander wie Füchse in der Höhle – Ferdinand in der Mitte, Lena zur Rechten und Arno zur Linken.
    «Erzählst du von Hermes Trismegistos?», bat Arno den Prinzen.
    «Den Dreimalgroßen, jeden Abend den Dreimalgroßen!»
    Ferdinands Protest stieß auf taube Ohren. Arno war fest entschlossen, diese Geschichte zu hören und keine andere. Zur Kampfansage drückte er die Unterlippe nach oben und doppelte mit einem mächtigen Magierblick nach.
    «Also gut», gab Ferdinand nach, «also gut!»
    Er drehte sich Lena zu und wartete, bis sie mit den Lippen nach seinen Ohrläppchen schnappte.
    «Kurze oder lange Fassung?»
    «Lange Fassung!»
    Arnos Antwort kam wie geschossen.
    «Also lange Fassung», grinste Ferdinand, «doch zuerst …»
    Er schlang den rechten Arm um Lena und küsste sie. Dann seufzte er wohlig und versetzte Arno einen leichten Stoß in die Schulter.
    «Bist du bereit, Krieger?»
    «Schon lange!»
    Ferdinand griff nach einem Kissen, schob es unter den Rücken und begann:
    «Am Anfang waren nichts als Licht und Dunkelheit, Feuer und zwei Herrscher, der erste und der zweite Nous. Das berichtet uns Hermes Trismegistos.»
    Arno wollte Ferdinand daran erinnern, nicht wie am Vorabend die sagenhafte Überlieferungstafel zu unterschlagen, aber da entfuhr der Nacht vom Waldrand her ein schriller, scharfer Schrei, so dass ihm das Herz stockte und er an feurig starrende Stachel-und Schuppentiere denken musste.
    Vorsichtig rückte er näher zu Ferdinand heran, blickte zu seiner spitzigen Kopfbedeckung, die verloren unter dem Eichentisch lag, und holte tief Luft.
    Hier drinnen griff man ihn nicht an. Und vor dem Waldhaus halfen ihm seine Zaubersprüche, dank ihnen wäre er unantastbar und gefährlich, brandgefährlich. Das war allseits bekannt und dafür war er berüchtigt. Wehe den Gruseltieren da draußen!
    Er kreuzte seine Magierfinger und lauschte wieder Ferdinands Stimme. Sie klang verlockend, geheimnisvoll dunkel, tanzte, hob an, wurde schneller, hielt an, hob erneut an, sprang und wurde abermals langsamer – ein reines Vergnügen war es, ihr zuzuhören. Er vergaß den Schrei von vorhin, und wie im Traum schwebte er in das Universum der Nous hinüber. Diese standen nun vor ihm, als wuchtige, bärtige Riesen mit ledrigen, sonnengegerbten Gesichtern, als Götter mit Armen, die so lang waren wie zehn Kirchtürme, und mit Muskeln, die den Umfang von Waldhügeln hatten. Er stellte sich vor, wie sie mit gewaltigen Werkzeugen, die bestimmt schwerer als zehn ausgewachsene Tannen wogen, Steine, Erde und Wasser schaufelten und ihr mühseliges Werk, den Mond und die Planeten, vollendeten. Und er sah sie vor sich, wie sie miteinander stritten, wie sie sich mit ihren wuchtigen Pranken fortwährend auf die Brust hämmerten und dabei so laut brüllten, dass dagegen das Getöse eines Bergsturzes ein Mückensummen war.
    Was er aber auch an diesem Abend nicht begriff, war die Schöpfungsgabe der klobigen Kerle. Dass sie Lebewesen zu schaffen vermochten, hielt er für unglaubhaft, musste es doch für einen

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