Teufelszorn - Funkenfluch (German Edition)
brennenden Schuppens, das durch eine Ritze in der Wand drang, fanden sich seine Augen zurecht und er entdeckte sie.
Den Kopf vornübergebeugt, die Hände an einen Balken gefesselt, saß sie reglos und stumm am Boden und schien ihn nicht zu bemerken.
Er spürte, wie sich die Brust zusammenkrampfte und sich leichter Brechreiz meldete.
«Mirjam, ich befrei dich!»
Langsam ging er zu ihr hin, zückte das Messer und schnitt die Fesseln durch.
«Warum sagst du nichts? Los, wir verschwinden!»
Sie stand nicht auf, machte keine Anstalten, sich zu bewegen.
«Mirjam, ich bin’s! So sag doch was!»
Mit einer Kraft, die ihn selbst überraschte, riss er sie hoch und zog sie zu sich heran. Das schien sie zu wecken, ihre schlaffen Glieder spannten sich, statt sich aber seine Umarmung gefallen zu lassen, stemmte sie sich von ihm ab und begann, auf ihn einzuschlagen
«Was soll das?! Ich bin’s, Arno, ich hol dich hier raus!»
Ihre Hiebe waren nicht wirklich heftig, trotzdem hatte er den Eindruck, gegen die unbezwingbaren Eisenfäuste einer Berserkerin anzukämpfen.
Schweiß trat ihm auf die Stirn, er hörte von draußen die Schreie der Menschen und das Knattern der Flammen und spürte heiße Feuerluft in den Anbau dringen.
«Was hast du getan?», rief sie und fing an zu schluchzen.
Arno gelang es, ihre Arme zu packen und die Schläge zu stoppen.
«Du machst mir weh!»
Er merkte, dass ihre Gelenke feucht und klebrig waren, und lockerte den Griff ein bisschen.
«Du blutest, du hast dich verletzt!»
Sie sagte nichts, kämpfte weiter gegen ihn an, wenn auch mit jeder Sekunde kraftloser, bis sie ihren Schwung schließlich ganz verlor und ihre Arme erschlafften.
«Wir müssen weg! Mirjam, du musst mit mir kommen, schnell!»
Er ließ ihre Hände los und drängte sie zur Türe, wo sich ihnen die Hitze beißend ins Gesicht krallte, denn das Feuer hatte inzwischen gefräßig um sich gegriffen und war vom Dach des Hühnerstalles auf das angrenzende Haus übergesprungen. Lichterloh loderten die Flammen und schlugen gierig um sich. Kein Kleinkirchner schlief jetzt noch, alle waren sie auf den Beinen und rückten mit Eimern und Wasser gegen die Feuersbrunst.
«Pfarrer Ratzinger sein Haus!», flüsterte Mirjam.
«Wir gehen!»
Arno sah ihr fest in die Augen und packte sie.
«Seht, die Hexe!», gellte eine Frau.
Arno zuckte zusammen, zerrte Mirjam um die Hausecke, und ohne zu achten, worauf sie traten, rannten sie um ihr Leben, rannten zur Straße, die sie aus dem Dorf hinausführte.
«Herrgott nochmal! Her zu den Eimern, oder wollt ihr, dass eure Häuser niederbrennen?!»
Arno warf einen Blick zurück und stellte fest, dass dieses wütende, mit donnernder Stimme hervorgebrachte Geschimpf an drei Kerle gerichtet war, die sich an ihre Fersen geheftet hatten und energischen Schrittes aufschlossen.
«Lauf weiter!», befahl er Mirjam und wandte sich um.
Er wusste nicht recht, was er tat, spürte nur den Griff des Messers in seiner Hand und den unbändigen Drang, sich seiner Haut zu wehren, zuzuschlagen, wenn es sein musste, auch zu töten.
Dem ersten Zugriffsversuch entging er.
Er brüllte, brüllte ein zweites Mal so stark, dass der Hals schmerzte, merkte, wie die Klinge auf etwas Weiches stieß, entkam irgendwie den vielen Armen, die nach ihm griffen. Er überlegte nicht, handelte nach reinem Instinkt und vollzog blind und entschlossen die Fechtschritte, die er mit Ferdinand geübt und eingeschliffen hatte. Damit überraschte er die Verfolger, brachte sie in Bedrängnis, so dass sie nach einigen erbitterten Klingen-attacken von ihm abließen und zurückstolperten, alle sichtlich angeschlagen, ein Glatzkopf den verletzten Bauch betastend, ein stämmiger Bauernbursche an den Schläfen blutend und ein vierschrötiger Schrankmensch das Messer befingernd, das in seiner Schulter festgeklemmt war.
«So flink ist nur der Teufel selbst!»
Der Schrankbursche flüsterte es zum Bauchversehrten und schien sich zu überlegen, ob er das Messer aus seiner Schulter herausziehen sollte.
«Lass es drin!», warnte ihn der Bauchversehrte, «wenn du es herausreißt, blutet’s wie eine Sau!»
«Satan, das ist, oh je, Satan selbst!»
Der Stämmige nuschelte es und presste die Hand gegen den Kopf, wo eine dicke Wunde zu klaffen schien.
Arno wollte höhnen, wollte sie beschimpfen, aber seine Lippen zitterten und die Schmähungen blieben ihm in der Kehle stecken.
Er schluckte leer, starrte zu ihnen hin und allmählich drang in sein
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