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Teufelszorn - Funkenfluch (German Edition)

Teufelszorn - Funkenfluch (German Edition)

Titel: Teufelszorn - Funkenfluch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Urs Bigler
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Bewusstsein, dass sie sich vor ihnen nicht mehr zu fürchten brauchten.
    Die hatten genug!
    Sie hatten ihr Pulver verschossen, waren kampfunfähig und würden nun eine Weile ihre Wunden lecken!
    Er kehrte ihnen den Rücken zu, und ohne sich zu vergewissern, dass sie ihm nicht weiter hinterherjagten, machte er sich davon.
    Zweihundert Schritte weiter vorn gelangte er zu Mirjam, die auf ihn gewartet und den Kampf beobachtet hatte.
    Sie sagte kein Wort, schaute ihn nur ungläubig an.
    «Da rauf, los!», befahl er und packte sie am Unterarm.
    Völlig außer Atem erreichten sie die Linde auf dem Hügel, wo zertretenes Gras an glücklichere Stunden erinnerte. Schweigend blickten sie zurück und stellten fest, dass sie die Burschen abgeschüttelt hatten und niemand anders aus dem Dorf hinter ihnen herhetzte.
    «Sie lassen uns in Ruh, sie müssen lösch...n!»
    Er konnte nicht verhindern, dass seine Stimme beim Anblick des grausig roten Himmels und des wütenden Feuers am Fuße ihres Liebeshügels versagte.
    Was nur hatte er angerichtet?
    Chaos und Zerstörung, das hatte er hierher gebracht, drei Häuser brannten seinetwegen, und Mirjams Gesicht, ihre Augen, sie waren geweitet vor Schreck.
    «Ich mag nicht mehr!», flüsterte sie.
    «Geh’ du allein, das ist zu viel!»
    Sie griff sich an die Stirn, kniete ins Gras und sackte zusammen.
    «Mirjam, Mirjam, halt’ durch, steh’ auf!»
    Da sie sich nicht regte, bückte er sich, hob sie huckepack auf den Rücken und lief los, so schnell, als es seine entkräfteten Muskeln zuließen. Dumpf klangen dabei seine Schritte im feuchten Gras, dumpf und schwerfällig wie die eines angeschossenen Tieres. Er nahm sich vor zu rennen bis zum Umfallen, bis die Lungen stechen, alle seine Glieder zerreißen und seine Knochen auseinanderfallen würden. Niemals würde er aufgeben, niemals würde er aufhören zu rennen! Auf die Zähne beißen, vorwärts, weiter, immer weiter! Jetzt ging es um Mirjam, jetzt ging es auf Leben und Tod!
    Instinktiv fand er zum Wald, wo der Boden unter den Füssen zu federn begann und er sich allmählich sicherer fühlte. Immer noch rannte er, aber seine Arme und Beine wurden zusehends schwächer, und bald war er so ausgepumpt, dass er glaubte, nächstens zusammenzubrechen.
    Bei einer knorrigen Eiche, einem Baum, den er auch in der schwärzesten Nacht wiedererkannt hätte und der ihm die Gewissheit gab, dass sie nun tief genug im Wald waren, ließ er seine Last zu Boden gleiten. Er lehnte sich an den rissigen Eichenstamm und versuchte mit geschlossenen Augen, dem wirbelnden Chaos in seinem Schädel Herr zu werden.
    Er war hier und dort.
    Nicht irgendwie woanders. Und sein Kopf war mit matschigem Teig gefüllt und seine Glieder mit bleischwerer Grütze gestopft.
    Er musste weiter, und er würde sich nicht bis zum Waldhaus durchschlagen.
    Am Rande dieses Schlachtfeldes würde er vor sich hinsiechen.
    War es schon Mitternacht?
    Mit letzter Kraft riss er Stoffstreifen von seinem Hemd und wickelte sie um Mirjams Armgelenke. Dann sank er neben ihr nieder, drückte sie an sich und fing an, leise vor sich hinzuweinen.
     
    **
     
    Als der Morgen graute, die Vögel schrill pfiffen, redete Mirjam.
    Vornüber gebeugt starrte Arno zu Boden und wagte sich nicht zu rühren.
    Träumte er?
    Hatte der Pfarrer Mirjam tatsächlich der Hexerei angeklagt?
    Er schaute ihr ins bleiche Gesicht und stellte fest, dass sich ihre Lippen bewegten, sie tatsächlich von einem solchen Ereignis berichteten und er es sich nicht bloß einbildete.
    Sie sei eine Hexe, habe sich Luzifer hingegeben, unter der Linde, habe mit ihm getanzt. Jeder habe das mitverfolgt, und jeder könne das bezeugen. Der Einzige, der ihr jetzt noch zu helfen und ihre Seele zu retten vermöge, sei der Hexenkommissar.
    Er sah wieder weg, massierte sich den Nacken und mied es, zum Horizont zu blicken.
    Wenn jemand schuld war, war er es.
    Er und seine Raketen waren schuld, ihn hätte der Zorn der Leute treffen, ihn hätten sie gefangen nehmen und in einen Schuppen sperren müssen, ihn hätten sie steinigen oder mit Geröll zuschütten dürfen!
    Von Zeit zu Zeit schlug er mit der Faust ins Gras und schüttelte den Kopf.
    Vielleicht war doch alles nur ein Traum!
    Vielleicht bekam er nächstens den Klaps, mit dem ihn Lena aus dem Schlummer reißen würde. Alles wäre dann bloß eine wilde Schlafphantasterei, die aufgebrachten Kleinkirchner und Mirjams Gefangennahme, ebenso die Befreiung und die Feuersbrunst. Und es gäbe keine

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