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Teufelszorn - Funkenfluch (German Edition)

Teufelszorn - Funkenfluch (German Edition)

Titel: Teufelszorn - Funkenfluch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Urs Bigler
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auf Schritte.
    Fliehen oder kämpfen?
    Rennen oder Widerstand leisten?
    Er lauschte, hielt die Glimmschnur nahe an die Lunte und spannte seine Muskeln. Einige Sekunden geschah nichts, der Wachmann näherte sich nicht, das Knirschen von Stiefeln blieb aus, und auch das Knurren wurde nicht lauter, da war nur wieder diese schwer zu ortende Hustenstimme des Mannes.
    «Dummer Hagel, riechst Gespenster, hier ist nichts!»
    Die letzten Worte sagte er energischer, deutlicher, und auf einmal war sich Arno sicher, dass die Stimme nicht vom Nachbarhaus, sondern von dem Gebäude her kam, das ihm Schutz gab.
    Sachte tastete er sich der Mauer entlang und wagte einen Blick um die Ecke. Zunächst hörte er nur das Hecheln des Hundes, deutlich und gefährlich nah, dann sah er den Mann. Wie ein Unterweltswächter, eingehüllt in einen weiten Umhang, thronte er auf der Vortreppe des Hauses, umklammerte mit der einen Hand eine Heugabel und zog mit der anderen den Hund an der Leine zu sich heran, die am Geländer festgemacht sein musste.
    «Nein, diese Hexe haut nicht ab, was du immer so verrückt tust? Hast Schiss wie der Dorfpräsident und der Pfarrer. Da fliegt die Hex’ nicht raus, da braucht’s nicht einmal den Krauthans zum Wachsitzen!»
    Kopfschüttelnd stand er auf, begab sich zu einem Vorbau, den dunklen Umrissen nach einem Geräteschuppen, und rüttelte an der Türe.
    «Siehste, sie ist zu, zu und verschlossen wie ein Festungstor. Diese Hexe tanzt heute nicht, und es hat keinen Kamin, die fliegt nicht raus!»
    Der Hund hechelte und jaulte.
    «Diese Hexe tanzt heute nicht!»
    Leise wiederholte Arno den Satz, starrte zum Wachmann und hörte die Schläfen pochen.
    In seinen Fingern zitterte die Pulverkugel.
    «Brauch’ eine solche Kugel nur, wenn du nicht kämpfen kannst wie ein Edelmann!», hatte ihn Ferdinand gemahnt.
    Er berührte mit der Glimmschnur die Lunte der Pulverkugel, die sogleich Feuer fing, und betrachtete mit halbzugekniffenen Augen das martialische Gerät in seiner Hand.
    «Halt, ist da jemand?»
    «Da ist jemand!», murmelte Arno und warf die Kugel in hohem Bogen über die Straße zum Nachbargebäude, wo sie im Strohdach eines niederen Schuppens dumpf knisternd ihr Ziel fand.
    Der Wächter zuckte zusammen und glotzte in die Dunkelheit, um wie ein gestochener Stier aufzuschießen und an der Leine herumzufingern.
    Hektik brach aus, der Hund bellte, Flügel schlugen im Innern des Schuppens gegen die Bretterwand, und ein Gockel stieß gehetzte Schreie aus dem Schnabel, dann zündete die Feuerkugel.
    Die Nacht wurde mächtig erschüttert, mit ihr das Dorf, und der Stall stand in Flammen.
    Was darin noch lebte, flatterte, gackerte und rumpelte lauter, als der Hund bellen konnte.
    Wie gefroren wirkte das bärtige Gesicht des Wächters im Schein der Flammen, bevor ihm ein «Heilandzack» über die Lippen rutschte und ihn das heftige Gebell zur Besinnung rief. Er packte die Heugabel, rannte auf den Stall zu und ließ den an der Leine zerrenden Hund hinter sich zurück.
    Der Weg war frei.
    Wieselflink huschte Arno um die Ecke zum Anbau. Seine Sinne waren nun hellwach, es entging ihm nicht, wie sich hinter den Fenstern die Kleinkirchener regten und ihre Nachttöpfe beiseite schoben. Das war ihm recht. Aufwachen sollten sie, diese Stumpfköpfe, sollten mit offenen Augen den roten Hahn empfangen, der auf ihre Dächer stieg, sollten das Feuerglöcklein läuten, sollten zittern um ihre verlogene und verleumderische Kirche, brennen sollten sie alle!
    Arno erreichte den Anbau, prüfte das Schloss und entschied, dass es kein wirkliches Hindernis war. Hastig zog er einen Haken aus der Gürteltasche, mit dem er sich Zugang zu Ferdinands Truhe und schon ein Dutzend anderen abgesperrten Schätzen verschafft hatte, und begann, damit im Schlüsselloch herumzustochern.
    Außer dem kläffenden Hund, der an der Leine riss und sich dabei fast strangulierte, schien ihn niemand zu bemerken, denn der Wachmann hatte die Heugabel gegen einen Eimer getauscht und dirigierte, immerzu «Helft meinen Hühnern!» rufend, allerlei schlaftrunkene Stolperer zum Brunnen.
    Nach wenigen Griffen war das Schloss offen, Arno drückte die Türe auf und trat ein.
    «Mirjam, bist du hier?»
    Die Finsternis verschluckte seine Stimme, niemand antwortete ihm. Einen Augenblick fürchtete er, sich geirrt zu haben und in einen leeren Geräteschuppen eingebrochen zu sein.
    «Mirjam, bist du hier?»
    Wieder erhielt er keine Antwort, allmählich aber, dank dem Licht des

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