Teuflische Freunde: Roman (German Edition)
»Morgen um elf findet Myras Gedenkgottesdienst statt. Lass uns warten, bis der vorbei ist, bevor du mit Heddy oder Myras übrigen Freunden sprichst. Der Schock muss sich erst mal legen.«
»Ich versuche, für nächste Woche einen Termin zu vereinbaren.«
Oliver kam zurück. »Bei den Hollys ist niemand zu Hause. Ich habe eine Nachricht hinterlassen.«
»Myra wird morgen Nachmittag beerdigt«, sagte Marge. »Ich will für nächste Woche Gesprächstermine mit ihren Freunden ausmachen.«
»Versuche unbedingt, vorher mit den Hollys zu sprechen«, sagte Decker. »Falls du sie bis Freitag nicht erwischst, bleib am Wochenende dran.«
Marge wandte sich an Oliver. »Für mich ist dieses Wochenende kein Problem. Wie sieht’s bei dir aus?«
»Du hast meine Nummer, Schätzchen«, sagte Oliver. »Ruf einfach an, jederzeit.«
Um halb sieben Uhr morgens saß Gabe an der Bushaltestelle, hielt sich den Kopf mit beiden Händen und verfluchte die Uhrzeit und die zwitschernden Vögel, deren Kakophonie ihm Kopfschmerzen bereitete. Er wusste, dass das anstehende Vorspiel wichtig war für seine Zukunft, aber in Gedanken war er ganz woanders und konnte sich kaum konzentrieren. Wenn er schon so früh aufstand, sollte er wenigstens Zeit mit Yasmine verbringen. Sie trafen sich montags, dienstags und donnerstags in aller Frühe (sie hatten noch einen Tag hinzugefügt), und er war richtig angepisst, dass er sie nicht sehen würde, obwohl er wusste, wie sehr Nick sich dafür eingesetzt hatte, das Treffen zu arrangieren. Er war in seiner eigenen Welt unterwegs und immer noch sauer über die Situation, und so bekam er nur vage mit, dass jemand an ihm vorbeilief. Er hörte nicht mal die Stimme, bis sie von direkt über ihm zu ihm durchdrang.
»Chris?«
Gabe sah hoch.
Das Mädchen war ein Traum: langes blondes Haar und seidig glänzende blaue Augen, groß, langbeinig. Ihr Busen war groß und perfekt geformt, vermutlich durch eine OP , obwohl sie jung war. OP hin oder her, ganz egal, sie war ein Sechser im Lotto.
Sein Denken hatte sich voll und ganz auf Yasmine konzentriert, daher brauchte er eine Weile, bis er merkte, dass sie mit ihm sprach. Er wollte gerade sagen, sie hätte sich wohl geirrt, aber dann fiel ihm ein, wer sie war.
»Erinnerst du dich an mich?« Sie schenkte ihm ein strahlend weißes, blendendes Lächeln.
»Klar«, sagte er, »du bist eins der Mädchen von Dylan.«
Sie setzte sich neben ihn auf die Bank. »Dylan ist ein Arschloch.«
Das stimmte definitiv. »Wenn er ein Arschloch ist«, sagte Gabe, »warum ziehst du dann mit ihm durch die Gegend?«
Sie legte ihren Kopf leicht schräg. »Er hat ein paar … verborgene Qualitäten.«
Kokettes kleines Luder. Gabe lachte. »Schön für ihn.«
»Tut mir leid, wenn er dir gegenüber arschig war.«
»Ist mir egal.«
»Du hast ihn beeindruckt, das hab ich genau gemerkt.«
Gabe zuckte bloß mit den Achseln.
»Du weißt garantiert ’ne Menge über Waffen.«
»Mein Dad sammelt Waffen.« Heimlich. Rein theoretisch gesehen hatte der Kerl immer noch ein Vorstrafenregister. Nicht dass irgendein Gesetz einen Verbrecher je davon abgehalten hätte, Waffen zu besitzen. »Ehrlich gesagt, wär’s mir lieber, er würde Autos oder Gitarren sammeln – irgendwas weniger Todbringendes.«
»Ist dein Vater wirklich ein Zuhälter?«
»Ja.«
»Wahnsinn, das ist ziemlich … krass.«
»Ich will nicht lügen. Es ist krass, wenn man drüber nachdenkt. Also denke ich nicht drüber nach.« Er drehte sich zu ihr um. »Was machst du hier so früh am Morgen?«
»Das Gleiche könnte ich dich auch fragen.«
»Du zuerst.«
Sie öffnete ihre Handtasche und zeigte ihm ein Tütchen voll mit Grünzeug.
»Aha … taugt das Zeug was?«
Sie sah ihn direkt an. »Das könnten wir doch gemeinsam rausfinden. Ich wohn nur sechs Straßen von hier.«
Gabe lachte kurz. »Du hast wohl sehr liberale Eltern.«
»Ich hab Workaholics als Eltern, die schon aus dem Haus sind, für den Rest des Tages.«
»Aha …« Er betrachtete ihr Gesicht, und alles kam zurück. Diese Art von Mädchen kannte er in- und auswendig. In New York fand jeden Freitag- oder Samstagabend eine Party statt, wenn du in der richtigen Clique warst. Und Chris Donattis Sohn gehörte immer der richtigen Clique an. Obwohl er ein Jahr jünger war, da er eine Klasse übersprungen hatte, akzeptierten ihn die Jungs. Er galt als der Schlaue, Talentierte, der wusste, wie man die Klappe hielt, wenn es hart auf hart kam. Und weil er groß war und
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