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Teuflische Kuesse

Teuflische Kuesse

Titel: Teuflische Kuesse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Teresa Medeiros
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nicht das fremde Grab, sondern dieser Engel, der Nicholas' Seele
erschauern ließ.
    Er ertappte
sich dabei, wie er voranschritt, ohne es recht zu merken, unwiderstehlich
angezogen von dem einsamen Wächter.
    Laura hatte
die Handschuhe ausgezogen und begann, in den Ecken des Grabs Unkraut zu jäten.
Sie war so konzentriert auf ihre Aufgabe, dass sie ihn gar nicht kommen hörte.
    Er blieb
erst stehen, als er nahe genug war, um die in den Stein gemeißelte Inschrift
lesen zu können – eine Inschrift, die in ihrer Schlichtheit so rein wie elegant
war.
    Eleanor
Harlow, Geliebte Mutter.
    »Wer war
sie?«
    Laura ließ
die Hand voll Unkraut sinken, wandte den Kopf und war überrascht, Nicholas vor
sich zu sehen, sein schönes Gesicht ruhig und zurückhaltend.
    Sie presste
die Hand auf ihr klopfendes Herz und achtete nicht weiter auf das schlechte
Gewissen, das sie so nervös machte. »Sie haben mir schreckliche Angst
eingejagt! Ich dachte, Sie wären ein Geist.«
    »Haben Sie
einen erwartet?«, fragte er und lehnte sich an das Grab.
    Laura
brauchte eine Sekunde, um seine Frage zu verstehen, dann schüttelte sie den
Kopf. »Ich kann mir niemanden vorstellen, zu dem es weniger passen würde,
andere zu quälen, als Lady Eleanor.«
    Nicholas
bückte sich und half ihr auf. Ihre Beine waren vom Knien steif geworden, und
sie lehnte sich für einen Moment an ihn, was jeden Zweifel ausräumte, dass er
kein Geist war, sondern Fleisch und Blut. Heißes Blut unter warmem, männlichem
Fleisch.
    »Wer war
sie?«, wiederholte er und schaute in ihre Augen.
    Laura löste
Hand und Blick von ihm und bückte sich nach den übrigen Blumen. »Die meisten
Leute würden sie unsere Beschützerin nennen, während ich sagen würde, sie war
unser Schutzengel. Sie war diejenige, die meinem Vater das Leben als Pfarrer
von Arden ermöglichte.« Mit einem wehmütigen Lächeln legte Laura eine weiße
Lilie auf den Stein. »Als unsere Eltern starben, nahm sie uns auf und gab den
Kindern und mir ein Zuhause.«
    Nicholas
bückte sich und fuhr mit dem Finger über die Schrift, die in den Granit
gemeißelt war. »14. Oktober 1768 – 2. Februar 1815«,  las er, dann warf er
Laura einen finsteren Blick zu. »Die Sachen in meinem Zimmer, die haben ihr ge
hört, oder? Das Nähzeug? Die Bibel? Die Haarbürste?« Er wollte noch was sagen,
verstummte aber, die Lippen fest aneinander gepresst.
    Laura legte
ihm eine Hand auf die Schulter. »Hoffentlich sind Sie nicht abergläubisch. Ich
habe Sie in ihrem Schlafzimmer untergebracht, weil ich Ihnen die besten
Umstände für Ihre Genesung bieten wollte. Sie brauchen sich keine Gedanken
machen über irgendwelches nächtliche Gejammer oder Kettengerassel. Lady Eleanor
könnte es gar nicht ertragen, Ihren Schlaf zu stören oder Ihren
Seelenfrieden.«
    »Ich glaube
nicht an Geister,« sagte er und blickte auf den verwitterten Stein, der ein
Zwilling von Lady Eleanors hätte sein können, wäre dies Grab nicht so
vernachlässigt gewesen und vom Unkraut überwuchert. Da war keine Spur von Blumen
auf diesem Grab, weder von frischen noch verwelkten. »Lady. Eleanors Mann«,
sagte Laura trocken, seine ungestellte Frage beantwortend. »Sie sagte immer,
er hätte auf ungeweihtem Grund beerdigt werden sollen.«
    »Ein
Selbstmörder?«
    »In
gewisser Weise. Er hat sich zu Tode getrunken. Aber nicht, ohne vorher das Herz
seiner Frau zu brechen«, sagte Laura leise.
    Nicholas
runzelte die Stirn. »Kannte ich sie?«
    Laura
nutzte die Zeit, um die Blumen neu zu ordnen – zarte Nelkenzweige zwischen die
festen Ringelblumen und die Chrysanthemen. Wie Cookie sie erinnert hatte, war
es einer von Lady Eleanors liebsten Träumen, Laura mit einem freundlichen und
gut aussehenden Mann verheiratet zu sehen. Sie warf einen heimlichen Blick auf
Nicholas' kantiges, klares Profil. Sie hatte sich zwar dazu entschlossen, nicht
mehr als nötig zu lügen, aber wie es schien, richtete sie keinen größeren
Schaden an, wenn sie die Vergangenheit etwas ausmalte.
    »Natürlich
kannten Sie sie«, sagte Laura bestimmt. »Sie hielt viel
von Ihnen und freute sich sehr über Ihre Besuche. Sie sagte oft, Sie wären wie
ein Sohn für sie.«
    Zu ihrem
Schrecken hellte sich Nicholas' Miene nicht auf. »Der Stein sagt >Geliebte
Mutter«<, insistierte er. »Was ist mit ihren eigenen Kindern? Warum sind die
nicht hier und bringen ihr Blumen ans Grab?«
    Laura
spürte, wie ihr Lächeln erfror. Sie fürchtete, mehr zu verraten, als ihr lieb
war, kniete sich neben ihn

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