Teuflische Kuesse
kräftig auf Lauras Schienbein.
Sie stieß
ein kurzes Jaulen aus, das sie schnell mit dem Handschuh erstickte, doch schon
drehten sich etliche Gläubige missbilligend um. Stirnrunzelnd wandte sich
Nicholas zu George und fragte sich, welcher Teufel ihn da geritten habe.
Ehe er
Laura nach ihrem Befinden fragen konnte, landete Lotties Handtasche auf seinem
Schoß und verknitterte die Seiten seines Gebetbuchs.
»Verzeihung«,
murmelte sie, und griff mit einem Engelsgesicht nach dem seidenen Beutel.
Nicholas
streckte die Beine aus und stützte die Wangen in die Hände. Er fühlte, wie
seine Augenlider schwerer wurden mit jedem
geleierten Wort des Pfarrers. Während das Sonnenlicht durch die hohen
Kirchenfenster fiel und das muffige Kirchenschiff wärmte, machte der kleine
Mann weiter und weiter mit irgendwelchem Unsinn über Lügner, die in die Hände
des Teufels fallen würden.
Nicholas
dämmerte in einem Traum dahin, in dem er jede Sommersprosse auf Lauras weicher
Haut küsste, als er den Mann sagen hörte. »Sobald Ihr neuer Pfarrer ordiniert
ist, werde ich Sie verlassen.«
Gut, dachte
Nicholas unnachsichtig, ohne die Augen zu öffnen. Ein Pech, dass Tilsbury sie
nicht sofort verlassen konnte.
»Wie Sie
alle wissen, habe ich meine Zeit zwischen drei Pfarreien aufgeteilt, seit
Reverend Fairleigh vor sieben Jahren in den
Himmel heimgerufen wurde. Obwohl ich Arden und Sie alle
mittlerweile sehr lieb gewonnen habe, muss ich zugeben, dass es eine
Erleichterung für mich sein wird, meine Pflichten
und Verantwortlichkeiten in ein paar Monaten zu übergeben. Ich hoffe, Sie tun
es mir gleich und heißen den Mann willkommen, der bald der Pfarrer unserer
Gemeinde sein wird – Mr Nicholas Radcliffe!«
Nicholas
war schlagartig wach und fragte sich, ob er noch immer träumte. Doch die
einzige Konstante zwischen seiner wunderbaren Phantasie und diesem Albtraum war
die Gegenwart der Frau, die neben ihm saß.
Sie starrte
stur geradeaus, ihr Profil so zerbrechlich wie ein Stück edles Porzellan. Wenn
sich ihre Brust nicht unregelmäßig gehoben und gesenkt hätte, hätte er
geschworen, sie atme nicht einmal.
Er starrte
sie an, bis sie gar nicht mehr anders konnte, als sich ihm zuzuwenden und
seinen düsteren Blick zu erwidern.
Als sie
ihre behandschuhte Hand in seine legte, erschien ein zitterndes Lächeln auf
ihren Lippen. »Willkommen in unserer Pfarrgemeinde, Mr Radcliffe.«
KAPITEL 11
Ich
liebe die beiden Kleinen, doch es ist das große Mädchen, das mein Herz gestohlen hat.
»Sie
haben ihren ersten
Streit, den haben sie. Vielleicht reicht das, um einer alten Frau das Herz zu
brechen!«, flüsterte Cookie und wischte sich mit der Schürze über die Augen.
»Wenn er
sie zum Weinen bringt, bricht sie vielleicht mit ihm«, sagte Lottie
hoffnungsvoll.
»Wenn er
sie zum Weinen bringt, breche ich ihm den Hals«, knurrte George.
Dower
schaute noch finsterer. »Wenn se streiten, wie kommt's dann, dass man kein
Schimpfen und kein Fluchen hört? Das is kein guter Streit mit nich 'nem
bisschen Geschirr, was rumfliegt.«
Gut, dass
sie dank ihrer unterschiedlichen Größen und Lotties Gleichgültigkeit gegenüber
den Knien ihrer Sonntagsstrümpfe alle vier gleichzeitig die Ohren an die
Salontür drücken konnten.
»Versuch's
am Schlüsselloch«, schlug Dower vor.
Zwischen
Georges Beinen spähte Lottie durch den Messingbeschlag. »Alles, was ich sehen
kann, ist der Schlüssel. Ich glaube, er hat sie gefangen genommen.«
Dower fing
an, die Ärmel aufzukrempeln. »Das war's dann. Brech die Tür auf, George, ich
hol die Heugabel.«
»Werd nicht
albern, alter Mann«, schimpfte Cookie und boxte ihm den Arm. »Junge Liebespaare
muss man in Ruhe lassen, dass sie ihre eigenen Streits ausfechten.
Wahrscheinlich weißt du nicht mehr, was wir für einen üblen Streit hatten wegen der
Fleet-Street-Hure, als du mir den Hof gemacht hast. Aber ich wette, du kannst
dich an die zärtliche Versöhnung danach erinnern.«
»Klar kann
ich. Warum denkst du, dass ich meine Heugabel hol?«
»Psst«,
zischte Lottie und drückte ihr Ohr fest an die Tür. »Ich glaub, ich höre was.«
Lottie
täuschte sich, denn drinnen im Salon saß Laura absolut still auf der Ottomane
und dachte, dass sie niemals einen Mann erlebt
hatte, der zu wütend war, um zu reden. Ihr Vater war eine
zarte Seele gewesen, der Gefühlsausbrüche vulgär und ungehörig gefunden hatte.
Sie hatte ihn einmal beobachtet, als ihm eine
riesige Bibel auf den Fuß fiel und ihm zwei
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