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Teuflische List

Teuflische List

Titel: Teuflische List Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilary Norman
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sich zur Treppe um und suchte mit der rechten Hand Halt an der Wand.
    Silas’ Finger schlossen sich um ihren rechten Knöchel.
    »Nein!« Sie stolperte, fiel aber nicht, doch mit der anderen Hand griff er nach ihren Knien. »Nein!« , schrie sie.
    Panik erfüllte sie, vermischt mit Wut – und dann kamen die brennenden, quälenden Erinnerungen an all die schrecklichen Dinge, die er ihr und anderen angetan hatte. Ollis Schreie wurden wieder lauter, gellten in ihren Ohren, hallten in ihrem Kopf wider, und Abigail wusste, dass sie Silas davon abhalten musste, noch Schlimmeres zu tun.
    Seine Hände zogen an ihren Beinen.
    »Nein!« , schrie sie. »Ich lass das nicht zu!«
    Wieder hob sie das Cello, noch höher diesmal, und rammte es mit aller Kraft, die ihr geblieben war, nach unten.
    Silas schrie.
    Sie wusste es sofort.
    Sie wusste, was geschehen war.
    Was sie getan hatte.
    Als der spitze Metalldorn des Cellos sich in Silas’ Leib bohrte, erzitterte das Instrument unter seinem letzten, gequälten Schrei.
    Dann rührte er sich nicht mehr.

52.
    Philip Quinlan, der Anwalt, den Stephen Wetherall, der alte Notar ihrer Mutter, Jules empfohlen hatte, erkannte sofort, in welch selbstzerstörerischem geistigen Zustand sich Abigail befand. Deshalb schlug er vor, dass sie ihn eine kurze, vorbereitete Erklärung verlesen lassen solle, anstatt sich einem Verhör zu stellen.
    »Und was soll ich in dieser Erklärung sagen?«, fragte Abigail.
    Die Polizei hatte sie noch im Haus festgenommen, sie über ihre Rechte belehrt und sie dann aufs Revier gebracht. Abigail hatte das Gefühl, als würde sie durch Nebel treiben. Alles Vertraute war mit einem Mal verschwunden. Dieser freundliche Fremde, Philip Quinlan, war ihre Rettungsleine, ihre einzige Hoffnung auf Überleben.
    Nur war sie nicht mehr sicher, ob sie überleben wollte.
    »Die Wahrheit«, antwortete Quinlan auf ihre Frage. »Dass Sie nicht leugnen, Ihren Mann getötet zu haben, dass es jedoch Notwehr gewesen ist.«
    »Ich weiß nicht, ob ich mich verteidigt habe«, sagte Abigail. »Ich weiß nur, dass ich Angst um Olli und Jules gehabt habe.«
    »Und um sich selbst«, sagte Quinlan.
    »Ich weiß es nicht«, wiederholte Abigail.
    »Ich glaube aber doch, dass Sie es wissen«, erwiderte der Anwalt beharrlich. »Sie und Jules haben mir bereitserzählt, dass Ihr Mann gedroht hat, seine Schwester und deren Sohn zu töten, dass er außer Kontrolle war, als …«
    »Ich hatte ihn schon getroffen«, unterbrach ihn Abigail, »vor dem tödlichen Stoß.«
    Sie erinnerte sich an das Geräusch des stählernen Dorns, der in Silas’ Körper drang, und ihr wurde übel. Unwillkürlich schlug sie die Hand vor den Mund.
    »Fühlen Sie sich nicht gut, Abigail?«
    Sie atmete tief durch und legte die Hand zitternd wieder in ihren Schoß.
    »Doch, doch«, sagte sie.
    »Sie haben Ihren Mann geschlagen«, erinnerte Quinlan sie, »weil er gerade seine Schwester zu Boden gestreckt und die Tür eingetreten hatte, um Sie zu packen.«
    »Ja«, flüsterte Abigail.
    »Dann sollten wir das in die Erklärung schreiben.« Er hielt kurz inne. »Ich weiß, das alles ist im Augenblick sehr hart für Sie, Abigail, aber wir haben eine gute Chance, erfolgreich auf Notwehr zu plädieren, solange …«
    »Ich kann im Moment nicht schreiben«, bemerkte sie unvermittelt.
    »Ja«, sagte Quinlan. »Weil Ihr Mann Ihnen im September eine Chemikalie ins Gesicht geschüttet hat.«
    Sie nickte.
    »Ich kann alles für Sie aufschreiben, Abigail.«
    »Danke«, erwiderte sie. »Aber ich glaube, ich will lieber mit den Leuten reden und ihre Fragen beantworten. Ich will ihnen die Wahrheit sagen.«
    »Sind Sie sicher?«, fragte Quinlan.
    Abigail nickte erneut.
    »Ich werde bei Ihnen sein und neben Ihnen sitzen«, sagte er.
    »Gut«, sagte sie. »Danke.«
    Ein Arzt – der Gerichtsmediziner – hatte Abigail auf Verhörfähigkeit untersucht. Das Gefühl, durch Nebel zu treiben, fiel während der Untersuchung und beim anschließenden Verhör nicht von Abigail ab. Das Verhör wurde von einem Detective Inspector namens Fletcher und einem weiblichen Constable geführt, deren Name Abigail wieder entfallen war, kaum dass sie ihn gehört hatte.
    »Hat Ihr Mann versucht, Sie umzubringen?«, fragte Detective Inspector Fletcher.
    »Nein«, antwortete Abigail. »Aber er hatte Jules geschlagen und hat versucht, mich davon abzuhalten, Olli aus dem Schlafzimmer zu holen.«
    »Und Sie hatten ihn bereits mit dem Cello geschlagen«, sagte Fletcher und

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