Teuflische List
lassen?«
»Schwer zu sagen, aber ich glaube nicht.« Er griff nach dem Becher, doch seine Hand zitterte, und er stellte ihn wieder ab. »Wie es aussieht, ist mehr beschädigt als gestohlen worden. Das ist auch der Grund, warum ich rausmusste und hierher gekommen bin. Die Bösartigkeit des Ganzen ist mir an die Nieren gegangen.«
»Wenigstens warst weder du noch Abigail da.«
Silas nickte. »Gott sei Dank. Aber es macht mich wahnsinnig, das kann ich dir sagen.«
»Was hat die Polizei gesagt?«
»Nicht viel.« Er griff wieder nach dem Becher und trank diesmal einen Schluck. »Sie haben das Übliche gemacht. Fingerabdrücke gesucht und dergleichen. Aber ich glaube nicht, dass diese Spuren sie irgendwohin führen werden.« Er strich sich mit der freien Hand übers Haar, eine Angewohnheit von ihm. »Tja, ich sollte jetzt wohl zurückgehen, mit dem Aufräumen anfangen und die Tür reparieren lassen.«
»Du hast sie offen gelassen?«
»Ich habe das zerbrochene Glas zugeklebt, und die Schlüssel funktionieren noch. Aber ich sollte die Schlösser lieber wechseln lassen.«
»Ich werde eine Weile schließen und mit dir kommen.« Jules stand auf. »Kommt Abigail erst hierhin oder direkt in die Edison Road?«
»Ich werd’s ihr nicht sagen«, antwortete Silas.
»Warum nicht?«
»Ich will sie nicht damit belasten.«
»Das kannst du doch nicht tun.« Jules schaute ihn ungläubig an.
»Sie ist nicht stark genug«, sagte Silas.
»Ich halte sie sogar für ungeheuer stark.«
»Du glaubst, alle Frauen sind so zäh wie du, Jules.«Silas stellte den Becher ab und schüttelte den Kopf. »Aber Abigail ist innerlich noch immer zerbrochen. Die einzelnen Bruchstücke sind irgendwie zusammengeklebt, aber manchmal kann ich förmlich sehen, wie sie sich langsam wieder voneinander lösen.« Er blickte traurig drein. »Ich mache mir Sorgen um meine Frau.«
»Du musst dich ihr anvertrauen«, riet Jules. »Auf diese Weise wirst du sie stärker machen – und dich gleich mit, Silas.«
Zu guter Letzt war es Jules, die Abigail anrief. Sie erzählte ihr, wie schockiert Silas war, und Abigail kam sofort in die Edison Road, um sich dort mit den beiden zu treffen und beim Aufräumen zu helfen.
»Ich kann euch gar nicht sagen, wie dankbar ich euch beiden bin«, sagte Silas.
»Nichts zu danken«, sagte Abigail und putzte weiter.
»Ein wenig Dankbarkeit hat noch nie geschadet«, bemerkte Jules.
»Ich weiß eigentlich gar nicht, warum ich mich wegen des Ganzen so aufrege«, sagte Silas.
»Opfer eines Einbruchs zu werden ist etwas Schreckliches«, erwiderte Jules. »Nicht wahr, Abigail?«
»Ich weiß es nicht«, antwortete Abigail. »So was ist mir noch nie passiert.«
»Jedenfalls«, sagte Silas, »geht’s mir dank meiner beiden Frauen jetzt schon wieder besser.«
»Deiner Frauen?«, sagte Jules.
»Tut mir Leid«, erwiderte Silas.
In jener Nacht wachte er schlagartig auf und war in kalten Schweiß gebadet.
»Ein Albtraum«, sagte er zu Abigail und ließ sich wieder aufs Kissen sinken.
Sie richtete sich auf den Ellbogen auf und schaute ihn an. »Wovon hast du denn geträumt?«
»Von zwei Männern«, antwortete er. »Sie sind eingebrochen … hier, nicht im Studio.«
»Was ist passiert?«
Selbst im Halbdunkel sah Abigail ihm an den Augen an, dass der Traum wirklich schlimm gewesen war. »Erzähl es mir, Silas.«
»Sie haben uns angegriffen«, sagte er und schauderte. »Dich auch.«
»Es war nur ein Traum«, sagte sie. »Jetzt schlaf wieder.«
»Er schläft sehr schlecht in letzter Zeit«, erzählte Abigail Jules vierzehn Tage später im Buchladen. Kurz nach dem Einbruch ins Studio hatte Abigail dort wieder regelmäßig zu arbeiten angefangen, und Silas hatte keine Einwände erhoben, was sie aufrichtig gefreut hatte.
»Er sah wirklich übel aus, als ich ihn gestern gesehen habe«, sagte Jules.
»Vergangene Nacht hat er von dir geträumt. Diesmal sind sie in deine Wohnung eingebrochen.«
»Der arme Silas«, sagte Jules.
Später, nachdem Abigail gegangen war, fragte sie sich, wer von ihnen beiden zerbrechlicher war – sie oder Silas. Sie dachte an ihrer beider Kindheit und Jugend zurück.
Sie und Silas kamen sich schon sehr nahe, dachte Jules; aber Abigail siegte trotzdem.
Ohne Probleme.
Eines Abends in der Woche darauf kochte Abigail nach einer Übungsstunde im Musikzimmer ein paar Tassen Kaffee und brachte sie ins Wohnzimmer.
Silas döste, die Füße auf dem Sofa, während im Fernsehen die Nachrichten liefen. Also
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