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Teuflische List

Teuflische List

Titel: Teuflische List Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilary Norman
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ihr niemand.
    Das also war nun endlich die Strafe.
    Dieser Gedanke kam ihr, als man sie nach Moorfields verlegte.
    Sie erinnerte sich daran, dass sie kurz nach Charlies Tod, bei einem von Maggie Blumes Anrufen, einmal gedacht hatte, Silas sei ihre Strafe.
    Falsch.
    Blindheit würde ihre Strafe sein.
    Bitte für uns Sünder.
    Oh, gütiger Gott.
    Sie behandelten Abigail alle paar Stunden mit Tropfen, gaben ihr Tabletten und erklärten ihr bei jedem Schritt, was sie taten und warum, welche Medikamente die Entzündung hemmten, welche die Heilung beschleunigten, welche der Schmerzstillung dienten und welche einer Infektion vorbeugen sollten.
    Abigail sah Licht und Schatten, sonst nichts.
    Immerhin sehe ich Licht, sagte sie sich. Das ist besser als Dunkelheit.
    Sie lag im Krankenbett, hörte seltsame Geräusche und versuchte, nicht zu weinen.
    Die Polizei kam und fragte Abigail, ob sie Anzeige gegen Silas erstatten wolle.
    »Schwere Körperverletzung«, sagte die Stimme einer Polizistin.
    Versuch es mal mit Mord, dachte Abigail. Sie war von den starken Medikamenten völlig benommen.
    Sie erinnerte sich an Silas’ gequältes Wimmern, nachdem es geschehen war.
    »Natürlich nicht«, sagte sie. »Es war ein Unfall.«
    Sie sagten ihr, sie würden später wiederkommen. Dann gingen sie. Einige Zeit später kam eine Krankenschwester und sagte, Silas sei da und wolle wissen, ob er sie sehen dürfe.
    »Warum nicht?«, antwortete Abigail und fragte sich kurz, warum er so etwas überhaupt fragte – und dann wusste sie, warum.
    Die Krankenschwester ging ihn holen.
    »Ich dachte«, sagte er und ergriff zaghaft ihre Hand, als habe er Angst, Abigail könne sie ihm entreißen, »du wolltest mich nie wieder sehen.« Seine Stimme klang noch immer ängstlich.
    »Seltsam«, sagte Abigail, »wie oft wir dieses Wort benutzen.«
    »Welches Wort?«
    »Sehen«, antwortete sie.
    »O Gott«, sagte Silas.
    Sie lag vollkommen ruhig da, doch ihre Furcht nahm stetig zu. Das geschah seit dem Unfall immer wieder: Ihre Furcht wuchs zu einem unerträglichen Maß heran, sodass sie am liebsten hätte schreien mögen – wie Quecksilber in einem Cartoon, das nach oben schoss und dann das Thermometer zur Explosion brachte. Dann verebbte die Furcht wieder, wurde kontrollierbar – doch nur, um irgendwann erneut anzuschwellen.
    »Ich habe mit der Augenärztin gesprochen«, sagte Silas.
    Abigail schwieg. Die Furcht wuchs immer weiter an.
    »Sie sagt, es bestünde berechtigte Hoffnung, dass die Medikamente ausreichen, beide Augen nach einiger Zeit wieder heilen zu lassen.« Er hielt kurz inne. »Im Moment steht es um beide Augen noch schlecht, wobei es das linke wohl noch ein bisschen schlimmer getroffen hat.«
    »Und was ist, wenn sie nicht heilen?«, fragte Abigail sehr, sehr leise.
    »Dann können die Ärzte immer noch operieren«, antwortete Silas.
    »Was für eine Operation?« Ihre Stimme zitterte.
    »Ich weiß es nicht genau«, sagte Silas. »Aber sie wollen es offensichtlich nicht überstürzen. Die Ärztin hat gesagt, dass sie lieber noch ein wenig warten möchte, bis die Augen sich beruhigt haben.«
    »Wie lange?«, fragte Abigail.
    Sie wartete auf seine Antwort; dann hörte sie ein neues, seltsames Geräusch und erkannte, dass er weinte.
    »Tu das nicht«, sagte sie. »Bitte nicht.«
    »Tut mir Leid.« Er putzte sich die Nase. »Herrgott, was hab ich dir angetan?«
    »Ich möchte gerne wissen«, sagte Abigail, » warum du es getan hast.«
    »Ich dachte, du wärst wieder ein Einbrecher«, sagte Silas.
    Silas berichtete, was er auch schon gegenüber der Polizei ausgesagt hatte: Dass er am Nachmittag in der Dunkelkammer gearbeitet habe, als plötzlich das Telefon geklingelt hatte, mehrere Male, und jedes Mal hatte der Anrufer aufgelegt, kaum dass Silas abgehoben hatte.
    »Da kam mir der Gedanke, dass es irgendwas mit demEinbruch zu tun haben könnte … dass es vielleicht noch einmal geschehen würde.«
    »Warum hast du mir nichts gesagt?«, fragte Abigail.
    »Ich wollte dich nicht beunruhigen«, antwortete Silas. »Du hast dich auf unseren gemeinsamen Abend vorbereitet, und ich hatte das Gefühl, du würdest dich ehrlich darauf freuen. Das hat mich sehr, sehr glücklich gemacht … ach, Liebling, du kannst dir gar nicht vorstellen, wie schrecklich ich mich fühle, weil …«
    »Bitte, erzähl weiter«, sagte sie. »Sag mir, was geschehen ist.«
    »Wegen der Telefonanrufe bin ich mit der Arbeit in Verzug geraten«, erklärte Silas hilflos. »Und das

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