Teuflische Stiche
seiner IT-Spezialistin, grüßte mit »Moin« und einem Nicken Annette Brück, die am Kopierer stand, und klopfte da mit den Fingerknöcheln auf den Schreibtisch oder fragte auch mal: »Wie läuft’s?«
Im Näherkommen zu seinem Büro sah er das Profil der neuen Staatsanwältin. Ihre Hände ruhten übereinandergelegt in ihrem Schoß. Sie betrachtete die leere Arbeitsfläche und die stilisierte Taube, die an der Schreibtischlampe hing. Als sie den Kopf wandte und die vergilbten Plakate an den Wänden ansah, machte sie einen angewiderten Eindruck.
Er packte forsch die Klinke, trat ein und steuerte schnurstracks seinen Platz an. Erst dann sagte er: »Guten Morgen!«
Kühl erwiderte seine Besucherin: »Um sofort zur Sache zu kommen: Ich habe Sie angewiesen, mich zeitgleich mit dem Kriminaloberrat zu unterrichten. Das ist gestern nicht erfolgt. Nehmen Sie umgehend dazu Stellung.«
Konnert setzte sich ein Stück weiter in seinem Drehstuhl zurück. Er presste die Lippen aufeinander. Eine Bewegung nebenan zog seine Aufmerksamkeit auf sich. Venske betrat das Nachbarbüro, sah seinen Vorgesetzten und die Staatsanwältin und verschwand wieder.
»Nun gut, dann werde ich das umgehend mit Ihrem Vorgesetzten besprechen, Herr Konnert.« Damit stand sie auf und verließ grußlos das Büro.
Es dauerte einen Augenblick, bis Konnert klar war, dass diese Frau ihm Schwierigkeiten bereiten könnte. Er wartete, bis die Staatsanwältin auch das Großraumbüro verlassen hatte, wählte eine Pfeife aus seinem Etui, stopfte sie sorgfältig, trat ans Fenster und begann zu rauchen. Er versuchte Rauchringe gegen die Zimmerdecke zu hauchen, als Venske eintrat.
»Hier ist schon dicke Luft. Musst du zusätzlich noch qualmen?«
»Erst einmal guten Morgen, Bernd.«
»Na, ob das ein guter Morgen wird, nach diesem Besuch?«
»Verlass dich darauf!« Konnert gelang ein Ring und er probierte, einen zweiten durch den ersten zu schicken. Es misslang. Wir wollen es nicht übertreiben, dachte er und fragte, ob es etwas Neues gebe.
»Ich bin der Meinung, wir sollten uns nicht allein auf den Freiherrn konzentrieren. Eifersucht unter Frauen hat schon häufig tödlich geendet.«
»Frauen können sowieso besser Pilzsuppe kochen als Männer. Meinst du das? Bernd, was ist passiert? Gestern hast du gewettet, dass der Freiherr der Mörder ist. Grillen für alle steht für dich auf dem Spiel.«
»Predigst du nicht ständig, man müsse auch mal alte Wege verlassen, um mit einem veränderten Ansatz die Dinge aus einer anderen Perspektive zu betrachten?«
Konnert schüttelte verwundert den Kopf. »Wen verdächtigst du jetzt? Eine Frau?«
»Ich dachte, Babsi könnte mit der schönen Gertrud darüber sprechen, welche Frauenzimmer der Freiherr empfangen hat.«
»Rede du mit ihr über deine Überlegungen. Dann holst du die Durchsuchungsbeschlüsse für Dreher und Addiksen und machst dich mit deinem Team auf den Weg. Seht zu, dass ihr bis drei Uhr fertig seid, und kommt dann zur Besprechung am großen Tisch.«
Venske zog die Tür ins Schloss. Konnert paffte Rauchringe und rief Alois Weis an. »Ich würde dich gern treffen. Riesenschnitzel im Erdinger Keller? So gegen eins auf dem Parkplatz am Theater?«
»Passt schon.«
Wenn doch alles so problemlos zu erledigen wäre, dachte Konnert und blies weitere Wölkchen an die Zimmerdecke.
Kilian saß an seinem Schreibtisch und formulierte lange Sätze in ein Diktiergerät. Konnert stellte sich neben ihn und wartete bis zum Satzende.
»Moin Chef. Chef, es gibt Computerprogramme, die wandeln Sprache in geschriebenen Text um. Das spart unheimlich viel Zeit. Auf dem Lehrgang hat es diese Software gegeben. Kannst du die nicht bestellen?«
»Später, Kilian.« Konnert dachte an seinen flackernden Monitor. »Ich will daran denken. Aber jetzt verrate mir, was du da diktierst.«
»Ich habe mich umgehört, wo sich dieser Verein Pro saubere Stadt trifft. Gestern Abend habe ich deren Stammkneipe besucht und ein paar Bier mit diesem und jenem getrunken. Ein Riesenthema unter den Anwesenden ist der zweite Vorsitzende gewesen. Der soll die Mitglieder bei seiner Wahl über geschäftliche und private Verhältnisse belogen haben. Er sei weder vermögend, noch unverheiratet. Im Gegenteil. Seine Minifirma sei pleite, und seine Frau wolle sich von ihm scheiden lassen. Ich bin heute Morgen zu seiner Adresse gefahren und habe die Ehefrau angetroffen. Sie sagt, dass ihr Mann es geil findet, sich mit Frauen abzugeben, die zur
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