Teuflische Stiche
Gerüchte und anzügliche Bemerkungen zerstört haben. Bei Männern scheint sie beliebter gewesen zu sein. Man trägt ihr auch nach, dass sie gern einen mitgetrunken habe, wenn jemand mal eine Runde geschmissen hat. Selbst habe sie aber niemals einen ausgegeben. Eine Einzelgängerin.«
Babsi wartete auf Konnerts Kommentar. Der schwieg, sah sie nur an, um nach einem endlos erscheinenden Augenblick zu fragen: »Wolltest du noch etwas?«
»Bevor ihr es merkt, sage ich es dir vorweg. Ich bin in der zehnten Woche schwanger. Die Personalabteilung ist informiert. Notier dir außerdem auf einen deiner Zettel: Hochzeit Babsi, 17. Mai. Das ist ein Freitag. Die Woche davor und vierzehn Tage danach habe ich Urlaub angemeldet.«
»Toll!«
»Wie meinst du das?«
»Ich freue mich für euch und ich finde es schade, dass du uns während des Mutterschutzes fehlen wirst.«
»Schreib dir den Termin auf!«
»Die anderen werden mich schon erinnern.« Nach einer Pause sagte er: »Pass gut auf dich auf.«
»Erkundige du dich, zu welchen Einsätzen du mich nicht mehr schicken darfst.«
»Ich kümmere mich darum.«
Während Babsi das Büro verließ, schoss Konnert der Gedanke durch den Kopf, dass sie einen neuen Kollegen bekommen sollten. Er stopfte eine Pfeife, paffte und fasste sich an seine Nasenwurzel. Irgendwo in seinem Gedächtnis entdeckte er eine Information aus einem der Klagegesänge von Hans-Gerhard Struß. Der lamentierte wegen eines Kollegen, der sich als Familienvater ständig über den langen Weg zur Arbeit beschwere. Kam der nicht aus der Nähe von Cloppenburg? Könnte der nicht tauschen? Dann brauche ich niemanden abzugeben und muss keinen Fremden integrieren. Gerade wollte sich Erleichterung bei ihm einstellen, da stoppte ihn die Erinnerung an die Nachricht von Babsis Schwangerschaft. Wenn der Kriminaloberrat jetzt davon erfährt, hat er ein zusätzliches Argument dafür, uns den neuen Mann zuzuweisen. Einarbeitungszeit bis zum Mutterschutz. Darf Wehmeyer Babsi noch versetzen und ihr die Fahrerei zumuten? Soll Kilian an ihrer Stelle nach Cloppenburg gehen? »Das gefällt mir alles nicht«, murmelte er vor sich hin. »Gibt es keine andere Möglichkeit?«
Er suchte einen Kalender und rechnete den Mutterschutz so ungefähr aus. Ab September ist sie bis Anfang des neuen Jahres weg. Kilian oder Babsi oder der Kollege aus dem Kommissariat von Hans-Gerhard Struß?
Er griff zum Telefon und rief Struß an. »Hast Du mal eben Zeit für mich?«
Wenige Minuten später stand er bei ihm vorm Schreibtisch. »Kann ich dich was fragen?«
Struß nickte, sah aber nicht von seinen Papieren auf.
»Hans-Gerhard!« Konnert wartete, bis sein Kollege endlich aufblickte. »Du hast sicherlich von den Versetzungen aus Cloppenburg gehört. Wir sollen zwei Leute von da bekommen. Einer zu mir, einer zum Dritten. Ich möchte jedoch meine Gruppe zusammenhalten.«
»Was willst du von mir?«, unterbrach Struß.
»Dass du mir hilfst. Bei dir …«
»Ich sage dir mal was. Du wirst es ungern hören, aber es ist die Wahrheit. Ihr Frommen seid Schwächlinge. Immer braucht ihr einen, der euch hilft und die Arbeit für euch erledigt. Darum bastelt ihr euch einen starken Gott, der für euch die Kohlen aus dem Feuer holen soll. Kriegt doch mal was ohne fremde Hilfe auf die Reihe. Selbst ist der Mann.«
Konnert verstand nicht, was so schlimm daran sein sollte, jemanden um Unterstützung zu bitten. Das Leben wird nur unnütz anstrengend und noch mühseliger, wenn man meint, alles allein und selbst machen zu müssen.
»Dazu hast du wohl nichts zu sagen.«
»Vor einiger Zeit hast du dich über einen deiner Leute aus der Nähe von Cloppenburg aufgeregt. Er stänkere rum, weil er jeden Tag eineinhalb Stunden mit Anfahrt und Rückfahrt verplempere. Könntest du den nicht zur Versetzung vorschlagen? Der wohnt doch quasi gleich nebenan.«
»Und ich kriege im Gegenzug den, den du nicht willst. Meinst du das?«
»Wäre für deinen Mann eine gute Lösung.«
»Und für dich. Du brauchst keine Lusche zu integrieren. Das mache ich dann für dich in meiner Gruppe. Adi, ich fahre eine Stunde zum Dienst und eine zweite zurück. Der Kollege soll froh sein, einen sicheren Arbeitsplatz zu haben.«
Du bist ledig, musst dich um niemanden sonst kümmern, er hat Familie, dachte Konnert. Sagte aber: »Ist das dein letztes Wort?«
»Was wäre noch dazu zu sagen?«
»Danke schön!« Es gelang Konnert nicht, freundlich zu klingen.
Er fuhr gleich mit dem Fahrstuhl hoch
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