Teuflische Stiche
Ich habe den Prozess mit der Anklage der fahrlässigen Brandstiftung in zwei Instanzen verloren. Dann ist mir das Geld ausgegangen, um in eine weitere Berufung zu gehen. Eine Rechtsschutzversicherung habe ich nicht gehabt. Obwohl nicht eindeutig geklärt werden konnte, wie es zu der Explosion gekommen ist, ist das Urteil rechtskräftig geworden. Achtunddreißig Monate auf Bewährung. Was ich nicht für die Prozesskosten ausgeben musste, hat der Gerichtsvollzieher gepfändet. Die Schuldnerberatung der evangelischen Kirche hat mir zur Privatinsolvenz verholfen.« Geiger rollte seinen leeren Kaffeebecher zwischen beiden Händen hin und her. »So hat es eigentlich zweimal geknallt. Einmal in der Firma und dann noch einmal, als ich hart auf den Beton der Arbeitslosigkeit aufgeschlagen und in das schwarze Loch der unverschuldeten Armut gestürzt bin.«
Venske fixierte Stephanie und wartete, bis sie seinen Blick erwiderte. Dann machte er eine Bewegung mit dem Kopf, die bedeuten sollte: Sag doch auch mal was. Aber sie schwieg trotzig weiter.
» Ich kann es mir dennoch leisten, Ihnen einen zweiten Kaffee anzubieten. Möchten Sie?«
Die Kommissare schüttelten synchron mit dem Kopf.
» Dann gönne ich mir noch einen Becher.« Er stand gemächlich auf, um dann übertrieben beschwingt hinter der Küchentür zu verschwinden.
» Was bringt das hier?«, flüsterte Venske.
» Das musst du entscheiden.«
Venske drehte sich zur Küche. Durch die offen stehende Tür war das Blubbern eines Wasserkochers zu hören. Wenig später wurde ein Löffel auf dem Becherrand abgeklopft. Geiger kam mit einem fragenden Gesicht zurück. Er blieb stehen. »Gibt es noch etwas, was Sie wissen wollen?«
» Würden Sie uns erlauben, uns ein wenig in Ihrer Wohnung umzusehen?«
» Warum?«
» Sie könnten …«
» Ich könnte von Eck hinter der Tür meines winzigen Badezimmers versteckt halten? Meinen Sie das?«
Venske stand auf. »Kann ich nachsehen?«
» Was machen Sie mit ihm, wenn Sie ihn finden?«
» Wir unterhalten uns, so wie jetzt mit Ihnen. Wir haben einfach ein paar Fragen. Zum Beispiel, wer ein Interesse daran haben könnte, ihn zu töten oder Renate Dreher umzubringen.«
» Niemand will von Eck beseitigen. Er ist der friedlichste und anständigste Mensch, den ich kenne. Sein ganzes Bestreben ist darauf ausgerichtet, anderen zu helfen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er Feinde hat. Ja, stimmt, sonderbar ist er. Aber wer ihn auch nur ein bisschen kennt, wird bestätigen, wie liebenswürdig er ist.«
» Kann ich nachsehen?«
» Nein! Verlassen Sie meine Wohnung. Jetzt!«
Auf dem Weg zu ihrem Wagen ließ Venske seinen Frust an Stephanie aus. »Warum sagst du nichts? Sitzt da wie eine Wachspuppe.«
Sie stieg auf der Beifahrerseite ein und schnallte sich an.
» Sag wenigstens jetzt etwas. Du bist doch nicht stumm, oder?« Er schaltete in den nächsten Gang. »In Cloppenburg könnt ihr euch vielleicht aus allem raushalten, aber wir hier machen unsere Arbeit und versuchen, so viele Informationen wie eben möglich zu bekommen.« In dem Moment, in dem er das letzte Wort gesagt hatte, tat es ihm leid. Auf die Weise werde ich sie nie für mich gewinnen, wurde ihm klar.
» In Cloppenburg sprechen wir unsere Vorgehensweise vor einer Befragung ab. Hier scheint der Herr Oberkommissar den Alleingang zu lieben. Aber wenn du jetzt etwas hören willst, bitte schön. Warum hast du nicht danach gefragt, in welcher Firma es geknallt hat? Warum wolltest du nicht wissen, ob der Freiherr Geiger etwas von dem Lottogewinn erzählt hat? Warum hast du dich mit seinen netten Erzählungen zufriedengegeben? Es ist doch ganz offensichtlich gewesen, dass er geplaudert hat, um uns abzulenken und harte Fakten zu verschweigen. Ob alles stimmt, was er gesagt hat, hast du auch nicht mit Kontrollfragen überprüft. Und weißt du jetzt, in welchem Verhältnis Geiger zu von Eck gestanden hat? Nein, aber ihr in Oldenburg seid ja die Oberklugen. Klar, von euch kann ich was lernen. Das habe ich gerade gemerkt.«
Venske sah zur Seite.
» Pass doch auf! Der vor uns will in die Parklücke!«
Venske trat abrupt auf die Bremse, hielt, schaute in den Rückspiegel und wendete. Wenig später standen sie wieder bei Geiger vor der Tür und klingelten.
» Sie?«
» Wir hätten da ein paar weitere Fragen. Können wir hereinkommen?«
***
Vergeblich klopfte Konnert in der Staatsanwaltschaft an die Tür, neben der ein Schild mit der Aufschrift »Dorothee Lurtz-Brämisch,
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