Teuflische Versprechen
und das wird sie auch immer bleiben – meine Frau. Da ist kein Platz mehr für eine andere.«
»So hab ich das doch gar nicht gemeint«, wiegelte Kirsten ab, »es ist nur, ich betrachte meine beschissene Ehe …«
»Regina hat einmal gesagt, selbst wenn man ganz unten ist, gibt es immer einen Weg raus. Und du wirst rauskommen. Ob Hans es schafft, weiß ich nicht, er ist labil. Aber du bist stark, sehr stark sogar. Und das, was du jetzt tust, würden nur ganz wenige Frauen für ihren Mann machen. Aber ich hab dich unheimlich gern, ich hab mir immer eine Tochter wie dich gewünscht«, sagte er, wobei sein Blick auf einmal sentimental wurde. »Doch es hat nicht sollen sein. Ich denke aber, sie wäre vielleicht so geworden wie du, zumindest so ähnlich.«
»Denkst du oft an sie?«
»Sie war meine kleine Prinzessin. Wer immer das Schwein ist, das sie umgebracht hat, ich hoffe, er wird eines Tages in der Hölle schmoren. Sie hatte das ganze Leben vor sich, vielleicht wäre ich heute schon Opa, wer weiß. Sie war fünfzehn, ganze fünfzehn Jahre alt. Missbraucht und bestialisch ermordet, ich kann das noch immer nicht fassen. Als ich sie damals identifizieren musste, da dachte ich, ich müsste selber sterben. Aber wenn so etwas passiert, dann ist keiner da, der dir helfen kann, nicht einmal die Kollegen, auch wenn sie rührend um mich und Regina bemüht waren … Na ja, das ist eine halbe Ewigkeit her, und du siehst, ich lebe immer noch. Ich habe mich nicht unterkriegen lassen, und das wirst du auch nicht, okay?«
»Sehe ich so aus?«, fragte sie lächelnd.
»Nein, ganz im Gegenteil. Tu mir nur einen Gefallen, mach so was wie letzte Woche nie wieder. Überlass die Dinge mir, hast du das verstanden?«
»Verstanden.«
Bernd Wessling begleitete Kirsten Simoneit zur Tür. »Danke für deine Freundschaft, sie bedeutet mir sehr viel«, sagte sie.
»Mir auch. Ich melde mich so schnell wie möglich. Mach’s gut und halt die Ohren steif, und mach dir vor allen Dingen nicht allzu viele Sorgen.«
Er schloss die Tür, überlegte einen Moment und griff zum Telefon. Er tippte eine Nummer ein und sagte, nachdem sich eine ihm bekannte Stimme meldete: »Hallo, ich bin’s, Bernd. Ist Werner zu sprechen? … In einem Meeting. Wie lange wird das ungefähr dauern? … Hm, dann probier ich’s einfach nachher noch mal. Oder nein, sag ihm, er möge mich bitte so schnell wie möglich zurückrufen, es ist ziemlich dringend. Vergisst du’s auch nicht? … Jaja, ich weiß, war ’ne blöde Frage. Danke und mach’s gut.«
Er legte auf und schenkte sich noch eine Tasse Kaffee ein.Dann ließ er das Gespräch mit Kirsten Simoneit noch einmal Revue passieren und wusste, dass da ein schier übermächtiger Gegner war, gegen den die Polizei machtlos war. Aber so lange er im Dienst war, hatte er nie aufgegeben, für das Recht zu kämpfen, er hatte Niederlagen einstecken müssen, aber er hatte auch Erfolge verbuchen können. Und manchmal waren es Erfolge, mit denen selbst er nicht gerechnet hatte. Das war die einzige Hoffnung, die ihn auch diesmal antrieb.
Freitag, 16.10 Uhr
Büro von Werner Müller.
Der Mitarbeiter, der den Anruf von Bernd Wessling entgegengenommen hatte, blickte kurz auf und sagte: »Bernd hat vorhin angerufen und bittet dich um Rückruf. Er sagt, es sei dringend.«
»Wie dringend?«
»›Ziemlich‹ hat er gesagt, und wenn der was Dringendes will …«
»Jetzt nicht, ich muss noch mal weg. Ich ruf ihn entweder heute Abend oder morgen an.«
»Wo musst du denn hin?«
»Ich mach für heute Schluss, hab noch einen Zahnarzttermin und muss auch noch was einkaufen«, schwindelte er. »Liegt sonst irgendwas Besonderes an?«
»Nee, außer die Sache mit den beiden Lettinnen. Soll ich das übernehmen?«
»Wäre mir ganz Recht. Aber geh nicht zu hart mit ihnen um, du weißt schon, was ich meine.«
»Sorry, von mir aus könnten sie auch hier bleiben, wenn ich mir das ganze andere Gesocks anguck, was sonst hier rumläuft… Tut mir selber leid, dass ich ihnen mitteilen muss, dass sie nächste Woche abgeschoben werden. Aber da führt kein Weg dran vorbei.«
»Trotzdem, erklär ihnen in aller Ruhe den Sachverhalt, und wenn nächstes Jahr die EU-Erweiterung kommt, steht es ihnen frei, ihrem Gewerbe auch hier nachzugehen. Aber noch gilt dieses Recht nicht für sie. Wir sehen uns am Montag. Schönes Wochenende.«
»Ebenfalls, und viel Spaß beim Zahnarzt.«
»Haha.«
Bernd, dachte Müller, als er zurück zu Bergers Büro ging,
Weitere Kostenlose Bücher