Teuflische Versprechen
begab sich zurück in ihr Büro, während Regina Zimmermann nach unten ging, um Zigaretten zu holen.
Sie tätigte den Anruf bei einem Mandanten, mit dem sie einen neuen Termin vereinbarte, und wartete auf die Klientin, die sich für neun angemeldet hatte. Um zehn vor neun griff sie erneut zum Telefon und tippte die Nummer von Julia Durant ein. Sie wollte nach dem fünften Läuten bereits auflegen, als am andern Ende abgenommen wurde.
»Berger, Apparat Durant.«
»Hendriks hier. Könnte ich bitte Frau Durant sprechen?«
»Tut mir leid, aber sie ist unterwegs und kommt erst am Nachmittag irgendwann zwischen halb fünf und sechs wieder ins Büro, genau kann ich es nicht sagen. Kann ich ihr vielleicht etwas ausrichten?«
»Nein, aber wenn Sie ihr bitte meine Büro- und auch meine Handynummer geben könnten.«
Berger notierte den Namen und die genannten Nummern. »Ich lege den Zettel auf Frau Durants Schreibtisch. Sie wird sich bei Ihnen melden, sobald sie wieder im Haus ist.«
»Danke.« Rita Hendriks legte auf, warf einen Blick auf die Uhr und wartete auf ihre Klientin, die in zwei Minuten kommen müsste. Sie war nervös, ohne dass sie eine Erklärung dafür hatte, warum. Sie half doch nur einer jungen Frau, die diese Hilfe bitter nötig hatte. Aber wovor habe ich dann Angst, dachte Rita Hendriks, als es klopfte und eine Frau von sechsundfünfzig Jahren zur Tür hereinkam, die nach dreißig Jahren Ehe von ihrem Mann verlassen worden war. Das übliche Spiel, er hatte eine Jüngere kennen gelernt, eine, die ihn angeblich besser verstand, eine, mit der er sich unterhalten konnte, die ihm intellektuell ebenbürtig war und ihn als erste Frau so akzeptierte, wie er war. Doch dies, das wusste Rita Hendriks zur Genüge, waren nur fadenscheinigeBegründungen, denn eigentlich war es der Körper, das noch unverbrauchte Fleisch, das ihn wie so viele andere Männer, die sich vom Leben betrogen fühlten oder mit dem Älterwerden nicht zurechtkamen, anzog. Frauen werden alt und Männer interessant. Über die Midlife-Crisis war er jedoch längst hinaus, er ging auf die sechzig zu und versuchte anscheinend verzweifelt seine verlorene Jugend zurückzugewinnen. Seine neue Flamme, mit der er seit einem halben Jahr zusammenlebte, die er mit aufwendigen Geschenken verwöhnte, Geschenke, die er seiner Frau nie gemacht hatte, mit der er regelmäßig in Urlaub fuhr, war erst Mitte zwanzig und gab vor, ihn zu lieben. Dabei, das hatte ein Detektiv mittlerweile herausgefunden, war sie weniger an ihm als an seinem Geld interessiert, das er zuhauf auf seinen diversen Konten hatte, denn neben ihm hatte sie noch einen jungen Geliebten, mit dem sie sich vergnügte. Die Klientin hatte ihren Mann darauf angesprochen, ihn angefleht, nicht diesen am Ende für alle fatalen Weg zu gehen, doch er schien blind und taub zu sein. Er, ein gewiefter Topmanager, stellvertretender Direktor eines weltweit agierenden Elektronikunternehmens, einer, der alle Tricks kannte, verschloss in diesem speziellen Fall die Augen wie ein kleines Kind, das das Schlechte nicht sehen wollte. Und nun, da alles nichts half, würde er bluten für das, was er seiner Frau, die ihm vier Kinder geboren und ihm bei seiner Karriere den Rücken freigehalten hatte, angetan hatte. Dafür würde Rita sorgen.
Mittwoch, 17.10 Uhr
Julia Durant hatte um kurz vor fünf das Gericht verlassen, nachdem sie eine halbe Stunde lang vom Staatsanwalt und dem Verteidiger befragt worden war. Sie hatte denjungen Mann während der Verhandlung beobachtet und war sich immer sicherer geworden, dass er mit dem Verschwinden und dem vermeintlichen Mord an dem Mädchen nicht das Geringste zu tun hatte. Es war nur ein Gefühl, aber wenn sie sich auf etwas verlassen konnte, dann darauf. Jetzt war sie ausgelaugt und müde. Sie hasste Gerichtssäle und die damit verbundene muffige Atmosphäre und war froh, in ihr Auto steigen zu können. Sie zündete sich eine Zigarette an, schaltete ihr Handy ein, eine Nachricht von Hellmer. Sie solle bitte nach der Verhandlung ins Büro kommen, es hätten sich neue Hinweise bezüglich des Mordes an dem Freier ergeben. Man habe jemanden verhaftet, der sich jedoch als störrisch erwies. Als sie am Vormittag in dem Stundenhotel in der Münchener Straße gewesen war, um den Pächter zu befragen, hatte dieser nur wenig zu sagen gehabt, und irgendwie glaubte sie ihm sogar seine Geschichte, dass er die Hure, die unauffindbar war, nicht kannte. Es würde ein hartes Stück Arbeit
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