Teuflische Versprechen
keiner sagen. Sie kam knapp zehn Minuten nach dem Rest und begrüßte Durant und Hellmer: »Hi, ihr beiden. Schwer was los heute, was? Ich komm gerade von der Taunusanlage, war eigentlich schon auf dem Weg zurück in mein Refugium. Wen hat’s denn diesmal erwischt?«
»Eine Frau, schau sie dir einfach an«, antwortete Durant, die sich blendend mit Andrea Sievers verstand. »Was war denn in der Taunusanlage?«
»Da ist jemand abgestochen worden. Ein sehr gezielter Stich mitten ins Herz. Deine Kollegen vermuten zwar einen Junkie dahinter, doch für mich sieht das mehr nach einem geplanten Überfall aus. Aber Näheres erst nach der Obduktion.«
»Wie kommst du darauf?«
»Der Tote saß auf einer Parkbank und sah aus, als würde er schlafen. Ich glaube, wenn da nicht jemand näher hingeguckt hätte, der hätte noch bis morgen früh dort gesessen. Ist ja nicht besonders hell um die Zeit. Der ist dorthin plaziert worden. Deshalb glaub ich nicht an einen Junkie.«
»Weiß man schon, wer der Tote ist?«, fragte Durant, hellhörig geworden.
»Nee, er hatte keine Papiere dabei. Aber seinen Klamotten nach zu schließen war er kein Penner und gehörte deshalb nicht zu jenen, die auf einer Parkbank übernachten müssen. Außerdem kommt mir sein Gesicht irgendwie bekannt vor, aber ich kann nicht sagen, woher. Doris hat übrigens auch gemeint, dass sie ihn von irgendwoher kennt. Das ist eben die Crux mit den Gesichtern und den dazugehörigen Namen.«
»Dann schauen wir uns nachher mal die Fotos an, vielleichtkönnen wir ihn identifizieren, oder es liegt im günstigsten Fall schon eine Vermisstenmeldung auf dem Tisch.«
»Also, wenn ihr nichts dagegen habt, geh ich nach oben und …«
»Wir kommen mit, dann kannst du uns auch gleich deine ersten Eindrücke schildern«, sagte Hellmer.
»Jaja, ungeduldig wie immer. Aber ich kenn das ja inzwischen von euch Bullen«, entgegnete Sievers nur und sah Hellmer mit charmantem Lächeln von der Seite an.
Durant ging voran, Hellmer folgte ihr zusammen mit Sievers in zwei Meter Abstand. Er flüsterte ihr zu: »Sie hat heute Geburtstag, ihren vierzigsten. Ist vorhin mitten aus ’ner Feier rausgeholt worden.«
»Die Ärmste«, sagte Sievers bedauernd und so, dass Durant es nicht hören konnte. »Werd sie gleich mal kräftig drücken. Außerdem hättest du mir auch mal sagen können, dass sie Geburtstag hat, ich kenn eure Daten ja nun nicht auswendig. Und hellsehen hab ich auch noch nicht gelernt.«
»Und ich dachte immer, das wär dein Spezialgebiet«, meinte Hellmer grinsend, während sie über die Hände und Füße wieder die Plaste, wie er es nannte, zogen.
Julia Durant war bereits in der Wohnung und besprach sich kurz mit den drei Männern und zwei Frauen von der Spurensicherung. Hellmer und Sievers traten näher. Sie stellte ihren Koffer ab, begab sich in die Hocke, warf einen ausführlichen Blick auf Rita Hendriks und sagte: »Sieht ganz so aus, als hätten wir’s mit einem ausgemachten Sadisten zu tun. Zu was manche Menschen doch fähig sind. Da war das vorhin geradezu human. Und jetzt wollt ihr bestimmt wissen, wie lange sie schon tot ist. Also …«
»Irgendwann zwischen sieben und halb acht«, sagte Durant schnell.
»Und wozu braucht ihr mich dann?«, fragte Andrea und sah Durant von unten herauf an.
»Wir haben einen anonymen Anruf erhalten, und außerdem ist sie noch ziemlich warm.«
»Hat der Mörder euch angerufen?«, fragte Sievers eher beiläufig, holte das Thermometer aus ihrem Koffer und maß erst die Raumtemperatur und danach die Körpertemperatur von Rita Hendriks.
»Nein, eine Frau, die vermutlich alles gehört hat.«
»Oh, oh, das muss ja ein ziemlicher Schock für die Dame gewesen sein.« Nach der dritten Messung sagte sie: »Du hast Recht, sie ist höchstens ein bis anderthalb Stunden tot.« Sie leuchtete mit einer Taschenlampe in die Augen und an den Hals und fuhr fort: »Ziemlich eindeutig Tod durch Strangulation. Ob ihr die Schnitte vor oder nach ihrem Ableben zugefügt wurden, kann ich erst bei der Autopsie sagen. Schnappt euch diesen Saukerl, bevor er noch mehr Unheil anrichtet.«
»Heißt das, er könnte sie auch gefoltert haben?«
»Ich kann’s zumindest nicht ausschließen. Wenn, dann ist er extrem pervers veranlagt, und Gewalt scheint bei ihm zum Alltag zu gehören. Es gibt ihm sozusagen den ultimativen Kick, so wie ein Orgasmus, nur, dass der normalerweise für beide Beteiligten schön ist. Der Schnitt in den Hals wäre jedenfalls nicht
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