Teuflische Versprechen
einer ähnlichen Situation steckt wie du. Ich hätte das niemals von mir aus gemacht.«
»Leck mich doch am Arsch, du verlogener Schweinehund! Geht’s um deinen Aufstieg auf der Karriereleiter? Wie schnell willst du ganz oben ankommen? Oder kriechst du auf einer Schleimspur, die andere vor dir gelegt haben?«
»Das hat damit überhaupt nichts zu tun. Es tut mir leid, ich wollte das nicht, glaub mir, aber sie haben mir keine Wahl gelassen. Ich weiß, dass ich damit unsere Freundschaft kaputtgemacht habe, aber …«
»Das hast du allerdings prächtig geschafft. Morgen Abend werde ich zu deiner Verfügung stehen, und danach kannst du mich mal kreuzweise.«
Binder wandte sich abrupt ab und ging mit schnellen Schritten auf die Toilette, wo er sich eine Zigarette anzündete und hastig rauchte. Ihm war übel, alles drehte sich in seinem Kopf. Er warf die Kippe in die Toilettenschüssel, wusch sich die Hände und das Gesicht und begab sich zurück in den Sitzungssaal, ohne Hans auch nur noch eines Blickes zu würdigen. Dieser fühlte sich auf einmal gut, gut und mächtig und stark. Was ihm vorhin noch beinahe unmöglich erschien, hatte er geschafft. Er hatte die Feuerprobe, wie Thorsten es genannt hatte, bestanden. Und dennoch hatte er wieder diesen schalen Geschmack im Mund, und sosehr er auch versuchte das schlechte Gewissen zu unterdrücken, es gelang ihm nicht ganz.
Donnerstag, 21.25 Uhr
Karl-Heinz Durant und Maria packten ihre Taschen und Koffer aus und unterhielten sich dabei über ein paar eher unwichtige Dinge. Dennoch waren es kurze, aber intensive Minuten, in denen sie sich recht schnell näher kennen lernten. Beiden war klar, dass sie mehr als nur einen oder zwei Tage zusammensein würden und noch genügend Zeit hatten, tiefere Gespräche zu führen. Durants Vater wollte nicht gleich mit der Tür ins Haus fallen, um Maria nicht zu erschrecken, obwohl es ihn brennend interessierte, wer diese äußerlich so zerbrechlich wirkende junge Frau war, was sie bewegte, welches Schicksal sie genau hinter sich hatte, wie es in ihrem Land aussah, das er nur vom Hörensagen kannte, wer ihre Eltern waren, wie ihre Kindheit verlaufen war, was sie in den vergangenen Jahren erleiden musste, vor allem aber, wie sie sich im Moment fühlte.
»Wo möchtest du schlafen?«, fragte er, während er mit ihr durch die Wohnung ging und die einzelnen Zimmer inspizierte.
»Das ist mir egal.«
»Das soll es aber nicht. Ich möchte, dass du dich wie zu Hause fühlst, auch wenn ich selbst zum ersten Mal hier bin und auch so meine Probleme habe, in fremden Betten zu schlafen«, sagte er lachend. »Lieber im Schlafzimmer oder hier in diesem Gästezimmer?«
Sie standen in einem etwa zwanzig Quadratmeter großen Raum, der elegant und doch jugendlich eingerichtet war, miteinem Bett, einem Korbsessel, einem kleinen Tisch aus Kiefernholz, einem Kleiderschrank, einem Bücherregal und einer Fernseh-Hifi-Kombination. Die Halogenbirnen waren in die Holzdecke eingelassen, in der Ecke neben dem Tisch befand sich eine Standleuchte, neben dem Bett ein kleines Regal mit einer Nachttischlampe darauf. Der flauschige Teppichboden schimmerte im Kunstlicht in sanftem Blau. Eine Gemütlichkeit, der man sich kaum entziehen konnte.
»Möchtest du dieses Zimmer nehmen?«
»Gerne, wenn es dir nichts ausmacht«, sagte Maria, die ihren Blick lange durch das Zimmer schweifen ließ. Er merkte, wie sehr es ihr gefiel. »Wem gehört diese Wohnung eigentlich?«, wollte sie wissen.
»Einer Freundin von Julia. Aber sie lebt schon seit einigen Jahren in Südfrankreich und kommt nur noch sehr sporadisch nach Frankfurt.«
»Hat sie Kinder?«
»Ja, drei.«
»Das dachte ich mir, das hier gehört bestimmt einem Mädchen.«
»Das ist gut möglich, sie hat zwei Töchter. Aber die älteste ist schon über zwanzig und studiert in Paris.«
Maria sah Durants Vater kurz und mit leicht verklärtem Blick an und meinte: »Nach Paris würde ich auch gerne einmal reisen. Bei uns zu Hause haben wir oft davon gesprochen, wie es wohl im Westen sein mag. In Deutschland, Frankreich, Spanien und so weiter. Meine Großeltern waren vor vielen, vielen Jahren einmal in Paris und auch in andern Städten.« Doch bevor Durants Vater eine Frage stellen konnte, weshalb die Großeltern aus der ehemaligen Sowjetunion in den Westen reisen durften, sagte Maria schnell: »Ich schlafe hier, wenn es dir nichts ausmacht.«
»Ich habe ja gesagt, du darfst wählen. Komm, gehen wir ins Wohnzimmer und
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