Teuflische Versprechen
da ist eine Familie, in der man groß geworden ist und die einen dann Knall auf Fall quasi aus dem Gedächtnis streicht. Aber vielleicht kann ich wieder eine Beziehung zu den Kindern aufbauen, wenn sie älter sind. Patrizia ist jetzt vierzehn, Daniel elf und Sophie neun. Ich würde so gerne wissen, was sieso in ihrer Freizeit machen, wie sie in der Schule sind … So, jetzt aber Schluss mit Gefühlsduseleien, ich will heim. Bis morgen.«
»Schlaf gut. He, erzählst du mir irgendwann mal die ganze Geschichte? Es interessiert mich einfach. Du kennst so ziemlich mein ganzes Leben, aber ich kenn von dir so gut wie nichts.«
»Sicher, irgendwann. Du kannst auch mal mit Nadine drüber reden. Sie weiß alles über mich, ich glaub, die kennt mich sogar besser als ich mich selbst. Ich zieh Leine.«
»Vergiss das Handy nicht«, rief sie ihm hinterher.
»Jaja.«
Julia Durant fuhr zur Tankstelle an der Ecke Adickesallee/Eckenheimer Landstraße, kaufte Brot, etwas Wurst und Käse, ein wenig Obst, Zigaretten, zwei Flaschen Rotwein und drei Flaschen Wasser und Orangensaft und brachte es ihrem Vater und Maria.
»Morgen mach ich einen Großeinkauf, und dann kriegt ihr auch ein Handy mit einer Prepaid-Karte. Und wenn ihr sonst noch irgendwas braucht, schreibt’s am besten gleich auf, damit ihr’s nicht vergesst.« Und zu Maria: »Es wird alles gut, das weiß ich. Sie müssen nur allmählich zur Ruhe kommen.«
»Du«, sagte Durants Vater.
»Was du?«, fragte Durant mit gerunzelter Stirn.
»Du sprichst mit deiner Schwester, hast du das schon vergessen?«
»Oh, sorry, Schwesterherz. Also, du musst allmählich zur Ruhe kommen. Ich heiße übrigens Julia. Kann ich euch jetzt allein lassen?«
»Ich weiß gar nicht, was du noch hier willst«, sagte ihr Vater mit diesem unvergleichlichen Lachen in den Augen, das einfachzu ihm gehörte wie seine Pfeife. »Maria und ich werden ganz bestimmt bestens zurechtkommen. Wir haben uns sicher eine Menge zu erzählen. Nicht wahr?«
Maria lächelte verschämt und nickte.
»Wenn das so ist, hab ich hier ja nichts mehr verloren. Wir sehen uns morgen im Laufe des Vormittags. Gute Nacht und schlaft gut.«
»Du auch«, sagte Maria leise.
»Ich werd’s probieren.«
Auf der Fahrt nach Hause dachte sie an den zurückliegenden Tag und daran, dass Berger und Müller jetzt in irgendeiner Kneipe saßen und sich bei einem Bier über die weitere Zusammenarbeit unterhielten. Und sie war gespannt auf das Gespräch mit Kullmers Freund Bäumer, auch wenn ihr Verhältnis zum BKA genau wie zu Müllers Abteilung sehr zwiespältig war. Aber sie würde sich überraschen lassen. In erster Linie war sie jedoch froh, Maria erst einmal in Sicherheit gebracht zu haben. In Susanne Tomlins Wohnung würde man sie nie finden, denn keiner außer den Leuten in ihrer Abteilung wusste von dieser Aktion.
Zu Hause angekommen, merkte sie die Anstrengung der vergangenen Stunden körperlich. Ihre Beine schmerzten, in ihrer linken Schläfe spürte sie leichte Nadelstiche, die hoffentlich nicht schlimmer wurden. Sie hasste Kopfschmerzen und die meist damit einhergehende Übelkeit. Nachdem sie ihre Tasche auf einen Küchenstuhl gestellt hatte, holte sie sich eine Dose Bier aus dem Kühlschrank und trank in langen Schlucken. Zehn Minuten später hatte sie das Geschirr gespült und abgetrocknet und freute sich noch einmal über den Anblick der aufgeräumten Wohnung. Sie konnte sich gar nicht satt sehen. Ich habe eben doch den besten Vater der Welt, dachte sie, während sie ins Bad ging und sich Wasser einlaufen ließ. Sieschaltete den Fernseher ein, es gab nur selten Momente, in denen sie die absolute Stille ertrug. Nachdem sie sich die Haare gewaschen und gebadet hatte, fühlte sie sich besser. Die Stiche in ihrer Schläfe hatten aufgehört. Sie zog sich einen neuen Hausanzug an und legte sich auf die Couch. Das letzte Mal, dass sie auf die Uhr schaute, war um kurz vor halb elf. Sie wachte drei Stunden später auf, war zunächst etwas irritiert, ging ins Schlafzimmer, legte sich ins Bett, rollte sich auf die Seite und schlief sofort wieder ein.
Donnerstag, 19.15 Uhr
Hans saß seit dem späten Nachmittag in einem Meeting, das noch längst nicht zu Ende war. Er war kaum fähig, den Ausführungen der Damen und Herren zum Thema Wirtschaftsstandort Hessen zu folgen, zu sehr beschäftigte ihn der Gedanke, wie er Binder dazu bewegen konnte, morgen mit ihm in den Club zu kommen. Binder saß ihm schräg gegenüber, doch ihre Blicke
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