Teuflischer Sog
ihnen offenbar ein ganz besonderes Vergnügen, darauf hinzuweisen, dass hier in Mississippi die Todesstrafe verhängt wurde.
Das FBI erschien gegen neun Uhr am darauf folgenden Morgen, und Cabrillo wurde, während man die juristischen Zuständigkeiten abklärte, für eine Stunde allein gelassen. Einfach nur zum Spaß tat er so, als würde er ohnmächtig werden. Vier Cops, die ihn durch einen Einwegspiegel beobachtet hatten, stürmten herein. Das Letzte, was sie sich wünschten, war, dass ihr Gefangener seiner gerechten Strafe entging, indem er vorzeitig verstarb.
Es war nach seiner Schätzung halb drei – man hatte ihm bei seiner Verhaftung die Armbanduhr abgenommen –, als sich zwei grauhaarige Männer in identischen grauen Anzügen einfanden. Die Cops und die FBI-Agenten, die Cabrillo ebenso belagerten wie ein Rudel gieriger Hunde einen frischen Knochen, wurden plötzlich nervös. Ihnen wurde von den grauen Männern erklärt, dass dies eine Angelegenheit des Departments für Homeland Security sei.
Die gierigen, von Vorfreude geprägten Blicke erstarben allmählich. Ihr Knochen wurde ihnen von einem noch größeren Hund weggeschnappt.
Juans Handschellen wurden geöffnet und durch Handschellen ersetzt, die die Homeland-Agenten mitgebracht hatten. Dann gab man ihm seine persönlichen Besitztümer zurück – inklusive seiner Reisetasche von der Belle – und geleitete ihn nach draußen. Die helle Sonne fühlte sich nach so vielen Stunden unter dem unangenehmen Lichtschein der Neonlampen einfach wieder wundervoll an. Sie brachten ihn wortlos zu einem schwarzen Crown Victoria, der unüberhörbar Regierungsfahrzeug zu rufen schien. Einer von ihnen öffnete die hintere Tür. Max saß auf der Rückbank, den halben Kopf mit Verbänden und Heftpflaster umwickelt.
»Wie geht’s der Birne?«
»Schmerzt teuflisch, aber die Gehirnerschütterung ist harmlos.«
»Nur gut, dass sie deinen Kopf angeschossen haben. Stell dir bloß vor, sie hätten etwas Wichtiges getroffen.«
»Du bist wirklich zu liebenswürdig.«
Sobald Cabrillo neben Max Platz genommen hatte, fuhr der Wagen los und ließ das Sheriff’s Office hinter sich. Der Agent auf dem Beifahrersitz drehte sich um und hielt einen Schlüssel hoch. Juan wusste nicht, was er damit ausdrücken wollte, bis er erkannte, dass der Schlüssel zu seinen Handschellen gehörte. Er hielt die Hände hoch, und sie wurden befreit.
»Danke. Wir werden Ihnen keinen Ärger machen. Wohin bringen Sie uns?«
»Zum Flughafen.«
»Und dann?«
»Das bleibt Ihnen überlassen, Sir. Obwohl meine Befehle lauten, Ihnen zu raten, das Land zu verlassen.«
Max und Juan grinsten vielsagend. Das war das Werk Langston Overholts. Gott allein wusste, wie er es geschafft haben mochte, aber er hatte sie immerhin aus dem Schlamassel geholt. Juan wollte ihn sofort anrufen, doch sein Mobiltelefon hatte nach seinem Bad im Fluss offenbar doch noch den Geist aufgegeben, und Max hatte seines nicht zurückerhalten.
Die Agenten setzten sie vor dem Jackson-Evers Terminal ab. Juan hielt ein Taxi an, sobald sie außer Sicht waren.
»Kann ich daraus schließen, dass wir ihren Rat nicht befolgen werden?«, fragte Max.
»Das tun wir, aber ich will dich doch nicht darüber meckern hören, dass wir einen teuren Flug nehmen. Hier gibt es einen Charter-Service.«
»Das ist genau das, was mir vorschwebt.«
Zwanzig Minuten später waren sie im allgemeinen Luftfahrt-Terminal und warteten darauf, dass ihre Maschine aufgetankt wurde. Juan benutzte seinen Laptop als Telefon und rief zuerst Overholt an.
»Darf ich annehmen, dass ihr draußen seid?«, fragte der alte CIA-Agent.
»Der Charter-Jet wird soeben aufgetankt. Max und ich sind dir dafür etwas schuldig. Wie hast du das geschafft?«
»Sagen wir einfach, es wurde erledigt, und belassen wir es dabei. Eine andere Frage: Wie konntest du so gut über Argentinien und China Bescheid wissen?«
Juan wollte ihm von Tamara Wrights Entführung berichten, aber im Augenblick konnte nicht einmal jemand mit der Macht und dem Einfluss Overholts mehr tun, als die örtlichen Polizeibehörden und das FBI bereits unternahmen.
Er erklärte, was Linda Ross und ihr Team entdeckt hatten, nachdem sie die argentinische Forschungsstation überprüft hatten. Er erzählte auch von dem grässlichen Fund in Wilson/George.
»Okay, du glaubst also, dass sich Argentinien an die Halbinsel heranmachen will. Deswegen rasseln sie ja schon lange mit dem Säbel, sogar vor der zurzeit herrschenden
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