Teuflischer Sog
Staat jede Sekunde des Lebens seiner Bürger überwachte. Erwischt und gefangen genommen zu werden würde ihren sicheren Tod bedeuten.
Juan organisierte das Umladen der Ausrüstung in wasserdichte Säcke. Er schnallte jeden Sack, der zu ihm heraufgereicht wurde, auf das Zodiac. Zwar vermutete er, dass sie zu viel Ausrüstung mitnahmen, aber es gab einfach zu viele Unwägbarkeiten, und sie mussten schließlich auf alles vorbereitet sein.
Er setzte sich ein Headset auf. »Comm Check, Comm Check, wie komme ich?«
»Fünf von fünf«, antwortete Mike aus dem Cockpit des Tauchboots.
»Halte die Stellung, während wir weg sind.«
»Alles klar, großer Meister.«
Juan wartete, bis die anderen drei durch das Schott geklettert waren und sich ihre Plätze im Zodiac gesucht hatten, bevor er die Leinen losmachte, die es am U-Boot sicherten. Während sie frei schwammen, entdeckte er ein weiteres Packstück mit Ausrüstung, das sie auf dem U-Boot zurückließen, und hoffte entgegen aller Wahrscheinlichkeit, dass sie es nicht bräuchten.
Der Elektromotor des Zodiac gab ein Summen von sich, das sich im Sturm verlor. Mit seinem flachen Profil war es so gut wie unsichtbar. Juan musste wegen der Strömung des mächtigen Rio Plata, also desjenigen Flusses, der die ersten spanischen Siedler zur Gründung von Buenos Aires veranlasst hatte, ein paar Grad gegensteuern.
Ihr Ziel war der Industriehafen, wo große Frachter untätig vor Anker lagen, weil nur noch wenige Nationen Handelsverbindungen mit dem Schurkenstaat unterhielten. Cabrillo stellte fest, dass die Schiffe, die hier vor sich hin brüteten, unter den Flaggen von solchen Nationen wie Kuba, Libyen, China und Venezuela fuhren. Das überraschte ihn gar nicht.
Wegen des Wetters herrschte auf den Docks praktisch keinerlei Tätigkeit, die sie von ihrer niedrigen Position des Schlauchboots aus hätten beobachten können. Die riesigen Portalkräne standen reglos da, und die Lichtmasten waren dunkel. Er lenkte sie unter einen unbenutzten Pier, dessen Betonpfeiler mit Muscheln und Seepflanzen bedeckt waren, die durchdringend nach Jod stanken. Das Wasser war dank des Flusses bemerkenswert frei von Abfällen.
Linc machte das Zodiac fest, während Juan die Zündung des Motors unterbrach.
»Hi, Schätzchen, ich bin zu Hause«, witzelte Mark. Zwar trugen sie alle Regenkleidung, aber vor allem Murph sah wie eine ertrinkende Ratte darin aus.
Cabrillo reagierte nicht auf den Scherz. Er zeigte sein neutrales Pokergesicht. »Okay. Wir kennen ja alle den Plan. Haltet euch daran. Wir melden uns, sobald wir das Gebäude eingehend inspiziert haben.«
»Wir halten uns bereit«, erwiderte Linc.
Linda und Juan zogen ihre Nylonregenhosen und -jacken aus. Darunter kam bei Cabrillo ein Tausenddollaranzug zum Vorschein, den er schnell unter einem Burberry-Mantel versteckte. Seine Schuhe wirkten wie Wingtips, waren in Wirklichkeit jedoch Kampfschuhe mit rutschsicheren Gummisohlen. Linda trug ein rotes Cocktailkleid mit hohem Seitenschlitz und tiefem Ausschnitt. Ihr Trenchcoat war schwarz, die Stiefel reichten fast bis zu den Oberschenkeln. Ebenso wie Juans Schuhe waren sie für schnelle Aktionen und sicheren Stand entworfen worden. Nur eine andere Frau hätte bemerkt, dass sie nicht ganz der aktuellen Mode entsprachen. Sie hatten nämlich keine Absätze.
Juan erstieg als Erster die Leiter, die an einem Pfeiler des Piers befestigt war, und Linda schickte ihren beiden Teamgefährten einen Blick, der sagen sollte: Schaut mir nur einmal unter den Rock, und ihr werdet es bereuen! Dann folgte sie ihm, zog einen kleinen Damenschirm aus der Manteltasche und spannte ihn auf. Weil er fast dreißig Zentimeter größer war, hatte Juan neben ihr keinen Platz unter dem Schirm, und als sie den Kai hinuntergingen, musste er sich mehrmals zur Seite neigen, um keine der Schirmspeichen ins Auge zu bekommen.
Sie brauchten eine Viertelstunde, um das Hafengelände zu durchqueren und zum Haupttor zu gelangen. Flackernder Lichtschein im Wachhaus verriet ihnen, dass die Torwächter das Fernsehprogramm verfolgten. Juan und Linda schlenderten lässig an dem kleinen Gebäude vorbei und fanden Minuten später ein Taxi, das durch die verlassenen Straßen rollte. Als Ziel nannte Cabrillo eine Adresse, ein paar Häuser von General Espinozas Apartmenthaus entfernt. Eine der Vorschriften der Junta verlangte, dass der Taxifahrer ihre Namen und Adressen von den Reisepapieren notierte. Dies war eine weitere Möglichkeit für die
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