Teuflischer Sog
Regierung, ihre Untertanen zu überwachen. Ein solcher Mangel an persönlicher Freiheit verursachte bei Cabrillo eine Gänsehaut.
Er nahm eine Zeitung, die jemand auf dem Rücksitz vergessen hatte, und hielt sie sich schützend über den Kopf, als er und Linda ausstiegen.
Sie gingen die letzten Schritte zu ihrem eigentlichen Ziel, sobald das Taxi um die nächste Straßenecke verschwunden war. Das Parterre der meisten Gebäude war an Geschäftsbetriebe vermietet – vorwiegend Boutiquen, um die Bedürfnisse der reichen Frauen in der Nachbarschaft zu befriedigen, aber auch einige Restaurants, die um diese späte Stunde allmählich im Begriff waren, Feierabend zu machen. Außer ihnen waren auf den Bürgersteigen keine Fußgänger zu sehen. Die Fahrzeuge, die am Bordstein parkten, boten einen kompletten Überblick über die deutsche Luxusautomobilproduktion.
Im Licht der Apartmentfenster erzeugte der Regen silberne und goldene Reflexe.
Die Drehtür zu Espinozas Eckhaus war aus Glas und Messing. Durch sie betraten Juan und Linda eilig das Gebäude und unterhielten sich lachend darüber, wie nass sie geworden waren und dass sie froh seien, endlich zu Hause angekommen zu sein.
Cabrillo blieb sofort abrupt stehen und lachte. »Au. Falsches Haus«, sagte er und grinste betrunken. Er geleitete Linda zurück nach draußen. Der Portier hatte kaum Zeit genug, seinen Platz hinter dem Empfangspult zu verlassen, ehe das elegant gekleidet Paar wieder hinausgegangen war. Insgesamt hatten sie sich nicht viel länger als sieben Sekunden in der Halle aufgehalten.
Mehr als genug.
»Erzähl mir was«, sagte Juan, sobald sie wieder auf der Straße standen.
»Der Portier trägt eine Pistole in einem Schulterhalfter«, sagte Linda. »Dann war da eine Kamera, die den Hauseingang im Visier hat.«
Juan blieb stehen und achtete nicht auf den Regen. »Ist das alles, was du gesehen hast?« Sein Tonfall klang ein wenig spöttisch und enttäuscht.
»Was? Was hast du denn gesehen?«
»Okay, erstens, die Pistole im Schulterhalfter war natürlich ganz offensichtlich. Schon sein Anzug war entsprechend geschnitten, damit sie deutlich zu sehen war. Wer immer an ihm vorbeigeht, soll sie sehen. So etwas schreckt ab. Was du nicht sehen solltest – und was du folglich auch nicht gesehen hast – war die Pistole im Halfter an seinem Fußknöchel. Seine Hosenbeine waren ausgestellt, um sie zu verbergen, aber nicht weit genug. Jemand, der zwei Waffen am Körper trägt, hat sicherlich auch noch eine Maschinenpistole unter seinem Pult. Er gehört ganz sicher zur Neunten Brigade und ist kein regulärer Portier. Erzähl mir von den Kameras.«
»Kameras?«, fragte Linda. »Wir waren doch nur zwei Sekunden da drin. Wie ich schon sagte, ich hab nur eine Kamera gesehen, und die war auf den Eingang gerichtet.«
Juan atmete tief durch. Er hatte wenig Lust, ihr bei diesem Wetter eine Lektion zu erteilen, aber er hatte das Gefühl, keine andere Wahl zu haben, wenn er ihre Mission mit Linda erfolgreich fortsetzen wollte. »Okay. Wir waren knapp über sieben Sekunden in der Lobby. Von jetzt an musst du ganz präzise sein. Du hast einen Wächter und eine Kamera gesehen. Richtig?«
Linda wollte eigentlich gar nicht darauf antworten, murmelte jedoch ein verlegenes »Ja«.
»Es gab in der Halle eine zweite Kamera, genau über der Drehtür, die den Fahrstuhl und das Pult, wo der Portier sitzt, überwacht. Es sah so aus, als sei sie erst vor kurzem installiert worden. Die Leitungsdrähte sind deutlich zu sehen und wurden nachlässig gebündelt. Ich wette, die Kamera wurde montiert, als sie Professor Wright in das Gebäude brachten. Wahrscheinlich wird sie vom Penthouse kontrolliert.«
»Wie konntest du das sehen?«
»Im Spiegel neben der Fahrstuhltür.«
Linda schüttelte den Kopf. »Als ich den Spiegel entdeckt habe, sah ich darin nur uns beide. Na ja, genau genommen nur mich.«
»Menschliche Natur«, erwiderte Juan. »Das Erste, worauf die Leute achten, wenn sie in einen Spiegel schauen oder ein Foto betrachten, sind sie selbst. Es ist einfach Eitelkeit.«
»Und was tun wir jetzt? Den Hintereingang überprüfen?«
»Nein, der wird sicherlich auch mit Kameras überwacht. Wir können das beschwipste verirrte Pärchen ja auch nur einmal spielen. Wenn sie uns wiedersähen, würden sie die Polizei rufen oder uns selbst in Gewahrsam nehmen.«
»Versuchen wir es demnach mit Marks Idee?«
»Es wird wohl der Vorschlaghammer werden, ja.« Sie fanden ein paar Türen
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