Teuflischer Sog
ernst, als er Cabrillos Tonfall hörte. »Ich bin bereit.«
Hinter ihnen fielen Schüsse – dem Knall nach war es eine großkalibrige Pistole. Der Beifahrer im zweiten Streifenwagen lehnte sich aus dem Fenster und feuerte mit seiner Handwaffe. Ein Glückstreffer durchlöcherte den Kofferraum und drang in einer Wolke Schaumgummiflocken durch die Lehne des Rücksitzes. Tamara schrie. Linc und Mark Murphy wechselten nur einen kurzen Blick, dann warf sich der Ex-SEAL herum, um das Feuer zu erwidern.
»Nächste rechts«, rief Linda über das Heulen des Windes hinweg, der durch den Wagen pfiff. »Da ist der Hafen.«
Juan nahm die Kurve so schnell, dass der Wagen ausbrach und hart genug gegen das Wachhaus schleuderte, um das Fenster in der Seitenwand zu zerschmettern. Die Männer im Innern warfen sich auf den Boden – in dem Glauben, angegriffen zu werden. Die beiden Streifenwagen waren nur wenige Sekunden hinter ihnen.
»Dreht alle Fenster runter«, befahl Juan, während er den Wagen um Schiffscontainer herumlenkte, die in langen Reihen angeordnet waren.
Die letzte Kollision hatte etwas Wichtiges beschädigt. Der Wagen hob und senkte sich wie ein schreitendes Kamel. Die Hinterachse war bei dem Aufprall auf die Wachhauswand und durch Cabrillos Fahrweise demoliert worden und brach schließlich. Die beiden Enden pflügten über den Asphalt und entfachten einen Funkenregen, wenn sie über Beton oder die Gleise der wuchtigen Portalkräne des Hafens schrammten. Der Frontantrieb verrichtete jedoch weiterhin mutig seine Arbeit.
Juan tätschelte beinahe zärtlich das Armaturenbrett. »Ich werde nie mehr etwas Schlechtes über japanische Autos sagen.«
Der Kai war fast dreihundertfünfzig Meter lang und zur Hälfte mit großen Wellblechbahnen auf einem offenen Stahlträgergerüst überdacht. Daran raste Juan entlang. Er wandte nicht einmal den Kopf, als Linda ihm auf die Schulter tippte und ihm ein Objekt von der Größe einer Wasserflasche mit einem Schlauch und einem Mundstück an seinem Ende reichte. Er schob es sich zwischen die Zähne.
Den Fuß auf dem Gaspedal haltend raste er auf die Kante des Kais zu. Eine Warnung war nicht nötig. Jeder konnte sehen, was auf sie zukam.
Der Wagen erreichte das Ende des Kais und katapultierte sich in die Dunkelheit. Auf Grund des Gewichts seines Motors neigte sich die Wagenfront abwärts. Er schlug in einer schäumenden Wassersäule aufs Wasser, wobei der Aufprall nicht heftiger war als alle anderen Kollisionen dieser Nacht. Weil die Fenster geöffnet waren und die Heckscheibe fehlte, füllte sich der Wagen schnell mit eisigem Wasser.
»Wartet«, warnte Juan.
Erst als das Dach ebenfalls von Wasser überspült wurde, schlängelte er sich aus seinem Seitenfenster. Er blieb in Höhe der Beifahrertür, hielt sich dort mit einer Hand fest und half Tamara beim Aussteigen, nachdem sie über Linc hinweggekrochen war. Es war zwar zu dunkel, um irgendetwas zu erkennen, aber er drückte ihre Hand, und sie erwiderte diesen Druck. Er spürte die Blasen aus ihrer Atemflasche, die an seinem Gesicht vorbei zur Wasseroberfläche aufstiegen. Ihr Atem ging ein wenig hektisch, aber das war unter den gegebenen Umständen auch bei Juan der Fall. Eine bemerkenswerte Frau, dachte er.
Die Pony-Flasche enthielt für ein paar Minuten Luft, daher geleitete Juan sein Team, nachdem sich die anderen aus dem sinkenden Wagen gewunden hatten, unter den Pier, wo ein winziger Lichtpunkt blinkte.
Es war eine Stiftleuchte, die an einem Paar Tauchflaschen mit mehreren Lungenautomaten befestigt war. Die Tanks selbst waren am Rumpf des Nomad-1000-U-Boots verankert. Wäre alles glattgegangen, hätten sie das Mini-U-Boot einige Meilen vor der Küste mit dem Zodiac angesteuert, aber es gab eben immer die Möglichkeit, dass ihr Vorhaben nicht wie geplant verlief, daher hatte sich Juan für eine Alternative entschieden. Er hatte Mike Trono zu Wegpunkt Beta geschickt – also unter den Pier, wo sie das Schlauchboot vertäut hatten.
Sobald die Schwimmer das U-Boot erreicht hatten, drückte Juan Tamara einen der Lungenautomaten in die Hand und gab ihr durch Gesten zu verstehen, dass sie sich von ihrer Pony-Flasche trennen solle. Der Lässigkeit nach zu urteilen, mit der sie sich im Wasser bewegte, nahm er zu Recht an, dass sie schon früher getaucht war. Gerade genug Licht war vorhanden, um Linda anzudeuten, sie solle mit Tamara durch die Luftschleuse ins Nomad einsteigen.
Während er darauf wartete, dass er an die Reihe
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