Teuflischer Sog
Jimenez, um zu begreifen, was ihre Landsleute geschaffen hatten. Es war derart clever getarnt und kunstvoll angelegt, dass selbst der schärfste Beobachter es nicht sah, es sei denn er hätte direkt darauf gestanden. Das Einzige, was irgendwie deplatziert wirkte, war ein mattgraues argentinisches Kriegsschiff, das in der Mitte der Bucht ankerte. Ein schwacher Lichtschein war auf der Kommandobrücke zu sehen, ansonsten war der Kreuzer aber dunkel.
Laretta deutete in eine Richtung. »Unter diesen drei großen Hügeln am Rand der Bucht verbergen sich Öltanks, die groß genug sind, um jedes Automobil in Argentinien für eine Woche mit Sprit zu versorgen.«
»Wie kommt es, dass die Bucht schon so früh im Sommer eisfrei ist?«, fragte Espinoza.
»Ah, mein lieber Major, darauf bin ich besonders stolz. Teile der Bucht frieren überhaupt nicht zu. Auf dem Grund wurde ein Röhrensystem verlegt. Das Wasser ist übrigens nicht sehr tief. Wir pumpen hocherhitzte Luft durch die Röhren und lassen sie durch Millionen winziger Löcher entweichen. Die Bläschen heizen nicht nur das Wasser, sondern sie brechen auch jede dünne Eisschicht auf, die sich auf der Oberfläche bildet. Man kann es jetzt nicht sehen, weil es zu dunkel ist, aber die Einfahrt der Bucht ist schmal genug, so dass wir dort für eine Barriere aus heißer Luft sorgen können, die verhindert, dass sich das Wasser mit dem Wasser der Bellingshausen-See vermischt.«
»Unglaublich«, staunte Espinoza.
»Wie ich schon sagte, solange ausreichende Mengen an Brennstoff zur Verfügung stehen, ist hier unten alles möglich. Sie sehen, wo die Gebäude stehen. Sieht aus wie Eis, nicht wahr? Ist es aber nicht. Die gesamte Einrichtung steht auf einem Schild aus Polymer-Komposit mit dem gleichen Lichtbrechungskoeffizienten wie Eis, so dass es für die Satelliten aussieht, als sei der gesamte Strand gefroren. Es handelt sich um ein petrochemisches Produkt, das wir hier unten herstellen. Nachdem wir die Erdgasraffinerie erbaut und in Betrieb genommen hatten, hatte dies für uns die höchste Priorität. Alle Gebäude bestehen aus dem gleichen Material, bis auf das große geometrische Zelt, das unsere Fahrzeuge beherbergt. Es besteht aus Kevlargewebe. Das brauchen wir, um den Wind abzuhalten.«
»Mir kommt es so vor, als hätte ich eine Mondbasis vor mir«, sagte Jimenez.
Laretta nickte. »Im Grunde ist es das auch. Wir haben am unwirtlichsten Ort auf dem Planeten eine erträgliche Arbeitsumgebung geschaffen.«
»Erzählen Sie mir von den Verteidigungseinrichtungen«, bat Espinoza.
»Wir haben eine acht Mann starke Sicherheitstruppe. Nun, sieben Mann. Einer kam bei einem Ski-Doo-Unfall ums Leben. Es sind alles Expolizisten. Sie bewachen die Lagergrenze, schlichten Streitigkeiten zwischen den Arbeitern – solche Sachen. Dann liegt die Admiral Guillermo Brown draußen in der Bucht. Sie ist mit Anti-Schiffs- und Luftabwehrraketen sowie mit zwei Zwanzigmillimeterkanonen bewaffnet. Außerdem verfügen wir über vier stationäre Luftabwehr-Raketenbatterien am Ufer. Und jetzt sind auch Sie noch alle da. Der Kapitän der Brown hat den Oberbefehl zumindest über sein Schiff und unsere Raketen. Ich weiß nicht, ob …«
»Wir erhalten unsere Befehle direkt aus Buenos Aires. Das weiß der Kapitän.«
»Verzeihung«, sagte Laretta. »Ich kenne mich mit militärischen Kommandostrukturen nicht aus. Als Kind, wenn die anderen Jungen Soldat gespielt haben, saß ich lieber zu Hause und las Bücher über römische Ingenieurskunst.«
Espinoza hörte nicht mehr zu. Er dachte darüber nach, was für ein dickes, fettes Ziel der Kreuzer draußen in der Bucht abgab. Wenn er die gegnerischen Truppen führen würde, würde er als Erstes, nachdem seine Special Forces gelandet wären, das Kriegsschiff mit einem von einem U-Boot abgefeuerten Marschflugkörper versenken und die Raketenbatterien an der Küste mit radargelenkten Raketen aus der Luft ausschalten. Aber nicht mit einem Trägerflugzeug. Einen Flugzeugträger in Marsch zu setzen würde nur ihre Absichten verraten. Nein, er wollte die Maschine von McMurdo aus starten und unterwegs in der Luft auftanken lassen. Falls nötig, könnten die angreifenden Kommandoeinheiten durch Truppen verstärkt werden, die in C-130ern herangeschafft wurden, also der gleichen Maschine, mit der er geflogen war.
Er müsste das mit seinem Vater besprechen und an den Kapitän der Brown weiterleiten lassen. Wenn die Kampfhandlungen erst einmal begonnen hätten,
Weitere Kostenlose Bücher