Teuflischer Sog
Militärflüge, und außer der Landung auf Skiern auf einer Rollbahn aus Eis gab es nur wenig, was ihn von hunderten von Flügen unterschied, die er bis dahin unternommen hatte.
Sie waren hier, um die Sicherheitsmaßnahmen im Gefolge der angekündigten Annexion zu verstärken. Wenn die Vereinigten Staaten oder eine andere Nation versuchen sollten, die Argentinier aus der Antarktis zu vertreiben, dann würde es sicher bald geschehen und höchstwahrscheinlich unter Einsatz einer Kommandotruppe Fallschirmspringer. Da ein chinesisches U-Boot der Kilo-Klasse, das erst kürzlich in Russland gekauft worden war, in der Meerenge zwischen der südlichsten Spitze Südamerikas und der Halbinsel patrouillierte, war ein Angriff aus der Luft die einzig denkbare Option.
Espinoza und einhundert Angehörige der Neunten Brigade waren in zwei Transportflügen nach Süden in Marsch gesetzt worden, um einen solchen Angriff zu vereiteln.
Die Logik war simpel. Als Argentinien 1982 die Malvinas besetzte – die Inseln, die die Briten die Falklands nannten –, hatte England seine Absicht, diese zurückzuerobern, durch eine monatelange Verlegung von Kriegsschiffen von ihren Heimathäfen in den Südatlantik angekündigt. Diesmal, so glaubte das argentinische Oberkommando, gäbe es keine Warnung. Die Vergeltungsaktion wäre ein blitzschneller Angriff durch Einheiten der Special Forces. Wenn man sie mit einer ähnlich kampfbereiten Streitmacht abfangen könnte, wäre der erste Versuch, die Antarktis zurückzuerobern, sofern er zurückgeschlagen würde, höchstwahrscheinlich auch der letzte.
»Sie müssen die Armee ja lieben«, sagte Leutnant Jimenez, als er neben Espinoza trat. »Vor zwei Tagen kochte uns im Dschungel noch der Hintern, und heute ist er kälter als eine Hammelkeule aus dem Gefrierschrank.«
»Ich habe getan, was ich konnte«, erwiderte Espinoza mit einem ganz persönlichen Scherz, der sich auf einen alten amerikanischen Armeeslogan bezog.
Jimenez rief einem Sergeant zu, er solle sich um die Männer kümmern, während er und Major Espinoza Laretta zu einem Rundgang durch die Anlage folgten.
Sie hatten ihre Ankunftszeit in die kurze Periode gelegt, in der das schwache Sonnenlicht über den Horizont drang. Es herrschte nicht viel mehr als eine leichte Dämmerung, aber es war allemal besser als die völlige Dunkelheit. Die Schatten, die sie auf das Eis und den Schnee warfen, waren verschwommen, so dass eher dunkle Flecken als scharf gezeichnete Silhouetten entstanden.
»Wie viele Männer sind hier unten?«, wollte Espinoza wissen. Laretta hatte eine vorgeheizte Schneekatze am Rand des Flugfeldes bereitstellen lassen. Die Männer müssten die anderthalb Kilometer bis zur Einrichtung marschieren, doch ihre Ausrüstung würde auf zwei Schlitten transportiert werden.
»Zurzeit nur vierhundert. Wenn wir die Ölförderung anlaufen lassen, dürften es mehr als tausend hier und auf den Inseln sein.«
»Erstaunlich. Und niemand hat jemals etwas davon mitbekommen?«
»Zwei Jahre Bautätigkeit unter den schlimmsten Bedingungen, die man sich vorstellen kann, und es gab nicht ein einziges Gerücht über das, was wir hier tun.« Verhaltener Stolz schwang in Larettas Stimme mit. Seit Beginn des Unternehmens führte er den Oberbefehl. »Und wir haben nur zwei Männer in der ganzen Zeit verloren, beide durch Unfälle, wie sie bei jedem größeren Bauprojekt passieren können. Es hatte gar nichts mit der Kälte zu tun.«
Laretta nahm seine Schneebrille ab und öffnete seinen Parka, sobald sie in dem Raupenfahrzeug Platz genommen hatten. Er hatte eine wilde silbergraue Haarmähne und einen Vollbart, der bis auf seine Brust reichte. Sein Gesicht war nach so vielen Monaten ohne Sonne bleich geworden, aber die tiefen Falten um seine dunklen Augen verliehen ihm eine robuste Ausstrahlung.
»Natürlich ist das Hauptproblem, wenn man hier unten baut, der Brennstoff, und da wir gleich zu Beginn in der Bucht auf eine Erdgasquelle gestoßen sind, hatten wir einen ausreichenden Vorrat. Von der Antarctic Authority erhielten wir schon frühzeitig eine Anfrage wegen des Schiffes, das wir benutzten. Wir erklärten ihnen, damit würden wir Kernstichproben entnehmen, und danach haben sie uns nicht mehr belästigt.« Er lachte verhalten. »Sie haben sogar versäumt, uns zu fragen, weshalb es sich für mehr als zwei Jahre nicht vom Fleck bewegt hat.«
Es dauerte nur ein paar Minuten, um die Basis zu erreichen, und fast genauso lange brauchten Espinoza und
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