Texas
bevor sie zu diesem strengen Herrn Mexicos gebracht wurden, fragte Bischof Zumárraga Garcila9o: »Du bist mit Cabeza de Vaca gewandert, Junge?«
»Ja.«
»Und er hat viel mit dir gesprochen?«
»Das stimmt.«
»Und hat er jemals die Sieben Städte erwähnt?«
»Er hat oft davon gesprochen.«
Noch bevor Bischof Zumárraga weitere Fragen stellen konnte, wurde er von Esteban unterbrochen: »Ich habe die Sieben Städte gesehen, Exzellenz! Sie waren herrlich, und Cabeza de Vaca hat sie auch gesehen.«
Als Garcila9o diese Lüge hörte, erinnerte er sich an das, was Cabeza ihm auf dem Weg nach Guadalajara einmal gesagt hatte: »Versteh doch, Junge. Diese Indianerin hat die Städte nie gesehen; ihre Mutter behauptet, sie habe sie gesehen. Auch dieser Indianer hat sie nie gesehen; ein Freund behauptet, er habe sie gesehen. Und von uns Spaniern war bestimmt keiner auch nur in der Nähe.«
Aber offensichtlich wollte der Bischof dem Medizinmann glauben. »Dann hat also Cabeza de Vaca, dieser schlaue Fuchs, das Geheimnis ihres Reichtums für sich behalten?« Garcila9o begriff, daß Esteban die Situation ausnützte und genau das sagte, was die Herren zu hören wünschten: »Die Indianer haben uns versichert, daß die Städte unglaublich reich sind. Als ich nach Gold und Silber fragte, riefen sie: >Ja!< Juwelen, Kleider und Kühe, zweimal so groß und fett wie unsere! Cabeza hat sie selbst gesehen, nicht wahr?« Als alle Garcila9o ansahen, mußte der Junge nicken, denn dieser kleine Teil von Estebans Lügengewebe entsprach der Wahrheit. Cabeza hatte ihm von den großen Kühen mit Höckern erzählt.
»Laßt uns mit dem Vizekönig reden«, schlug Zumarraga vor und ließ eine Kutsche vorfahren.
Don Antonio de Mendoza, Graf von Tendilla, war von hohem Wuchs und sehr schlank; Bart und Schnurrbart wurden jeden Morgen sorgfältig von einem Barbier gestutzt, und als der elegante Mann seine Besucher betrachtete, schien er alle außer dem Bischof für Bauern zu halten. Er sprach mit weithin schallender, befehlsgewohnter Stimme. Er interessierte sich brennend für alles, was Neu-Spanien betraf, und noch bevor seine Gäste Platz genommen hatten, stürzte er sich auf das Thema: »Sagt mir, Bischof, welche Tatsachen sind uns über die Sieben Städte bekannt?«
Zumarraga antwortete: »Als Don Rodrigo von Spanien Anno Domini 714 sein Königreich an die Mohammedaner verlor, flohen sieben fromme Bischöfe, die sich weigerten, den ungläubigen Mohren zu gehorchen, die die Stadt erobert hatten, über das Meer, und jeder Bischof errichtete eine eigene mächtige Stadt. Wir besitzen viele Berichte über die
Reichtümer, die diese guten Männer anhäuften, und von den Wundertaten, die sie vollbrachten, aber wir konnten nicht in Erfahrung bringen, wo genau sie hingegangen waren. Nur eines wissen wir mit Sicherheit: Die Sieben Städte liegen eng beieinander.«
»Glaubt Ihr, daß diese Städte wirklich existieren?«
»Ganz gewiß. Und, Exzellenz, es ist unsere christliche Pflicht, sie zu finden, zumal da die sieben Bischöfe das Gebiet wahrscheinlich christianisiert haben, und das bedeutet, daß es dort Christen geben könnte, die auf eine Vereinigung mit der heiligen Mutterkirche in Rom warten.«
»Ganz meine Ansicht!« rief Fray Marcos mit der Begeisterung aus, die er immer dann an den Tag legte, wenn er, wie Esteban, erkannt hatte, was seine Vorgesetzten hören wollten.
Der Vizekönig schlug eine nüchternere Tonart an. »Wenn wir einen Conquistador nach Norden zu den Sieben Städten schicken, um sie in den Schoß der Kirche zurückzuführen, wer wird für die enormen Kosten aufkommen? Der König in Madrid bestimmt nicht. Ich werde zahlen müssen, aus meinem eigenen Vermögen und dem meiner Frau. Aber bevor ich das tue, verlange ich eine Zusicherung, daß eine solche Expedition auch von Erfolg gekrönt sein wird.«
Der Bischof sagte rasch: »Ihr habt sicher schon viel über den jungen Edelmann Francisco Väsquez de Coronado gehört. Er könnte Eure Expedition anführen und sich an den Kosten beteiligen. Er wird mit Sicherheit erfolgreich sein.«
»Aber es wäre doch gar nicht nötig, eine große Expedition aufzuziehen, bevor das Gebiet ausreichend erkundet ist.«
»Gerade darum habe ich Eure Exzellenz um diese Audienz gebeten«, erwiderte Zumarraga und zeigte mit einer herrischen Geste an, daß Marcos, Esteban und Garcila9o den Raum verlassen sollten.
Sobald er mit dem Vizekönig allein war, fuhr er fort: »Dieser Frater ist ein
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