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Texas

Texas

Titel: Texas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A. Michener
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gelaufen. In gebrochenem Spanisch berichtete er: »Der Schwarze ist auf Indianer gestoßen, die ihm von der größten Sache der Welt erzählten. Die Städte, die wir suchen, liegen direkt vor uns, und sie sind viel reicher als Mexico!«
    Von dieser Nachricht in große Aufregung versetzt, kniete Fray Marcos nieder und betete. Er dankte Gott dafür, daß er, der Mönch, nun eine Möglichkeit haben würde, lausende von Seelen zum Christentum zurückzuführen. Er winkte Garcila9o zu sich heran und flüsterte ihm zu: »Es ist wunderbar, daß du und ich diese große Entdeckung gemacht haben, denn sobald die Besiedlung vollzogen ist, werde ich der Führer aller Priester und Mönche sein, und du sollst über ein Königreich herrschen wie Cortes und Pizarro.«
    Aber am 21. Mai, einem Mittwoch, erlitten Fray Marcos’ Hoffnungen nach dem Abendgebet einen herben Rückschlag. »Da kommt einer!« hörte er rufen, als er gerade zu Bett gehen wollte, und im Halbdunkel sah er einen Indianer, Gesicht und Leib mit Schweiß bedeckt, weinend und klagend auf das Lager zustolpern. Er erzählte eine schreckliche Geschichte:
    »Wir standen eine Tagesreise vor Cíbola, und Esteban schickte, nachdem er alle möglichen Vorsichtsmaßnahmen getroffen hatte, eine Gruppe von Boten voraus. Er gab ihnen einen mit Bändern und zwei Straußenfedern - eine rot, eine weiß - verzierten Flaschenkürbis mit. Etwas an diesem Kürbis brachte den Häuptling von Cíbola in Rage; er schleuderte ihn zu Boden und rief: >Wenn ihr versucht, in Cíbola einzudringen, werden wir euch töten!<
    Als der Bote Esteban dies mitteilte, lachte unser Anführer und schlug alle unsere Warnungen in den Wind. Unerschrocken marschierte er nach Cíbola. Aber dort wurde ihm der Zugang verwehrt, und man sperrte ihn in ein Haus außerhalb der Stadtmauern.
    Man nahm ihm alles ab, was er bei sich hatte, und gab ihm weder zu essen noch zu trinken. Am nächsten Morgen sahen wir mit Entsetzen, daß er zu fliehen versuchte; er wurde von Kriegern aus der Stadt verfolgt, die ihn und die meisten seiner Begleiter erschlugen.«
    Als Garcila9o diese Nachricht hörte, weinte er um seinen toten Freund, aber Marcos tröstete ihn: »Das ist nur die Geschichte, die uns ein Indianer erzählt, und wer weiß, welche Absichten er damit verfolgt.« Doch zwei Tage später kamen weitere Boten aus Cíbola, und ihr Bericht war entsetzlich:
    »Seht unsere Wunden, Fray Marcos! Viele der Krieger, die Esteban begleiteten, um die Sieben Städte zu finden, wurden erschlagen - und auch die vielen Frauen, die mit uns waren.«
    Marcos und seine Soldaten mußten nun zugeben, daß jetzt, da Esteban und die meisten aus seiner fröhlichen Gruppe tot waren, die Gefahr bestand, daß auch sie sterben würden, wenn sie versuchten, sich den Zugang zu Cíbola zu erzwingen. Also blieben sie, wo sie waren, weit von den Goldenen Städten entfernt, und in ihrer Angst beschlossen sie, nach Mexico zurückzukehren.
    Dort angekommen, tischte Marcos ohne zu zögern eine weitere, eine wahrhaft unverschämte Lüge auf:
    »Ich befahl einigen meiner Männer, mit mir nach Cíbola zu marschieren, aber es war nichts mit ihnen anzufangen. Doch als sie mich so entschlossen sahen, erklärten sich zwei Häuptlinge bereit, mich zu begleiten. So ritten wir, bis Cíbola in Sicht kam. Von einem Hügel aus konnte ich alles sehen. Die Stadt ist größer als die Stadt Mexico. Ich war versucht, sie zu betreten, doch ich wußte, daß ich damit nur mein Leben aufs Spiel setzen würde und ich kam davon ab, weil doch die Gefahr bestand, daß ich dann nicht über dieses Land berichten könnte, das mir die beste aller Entdeckungen zu sein scheint.«
    Als Garcila9o im Audienzsaal des Vizekönigs in Mexico anhören mußte, wie Fray Marcos von seinen ruhmreichen Taten berichtete, stand er stumm und beschämt da. Er wußte, sein Vater war nicht einmal in die Nähe der Sieben Städte von Cíbola gekommen, und seine Behauptung, Cíbola sei großartiger als die Stadt Mexico, war einfach lächerlich.
    Warum machte sich der Junge zum Mitschuldigen an dieser Lumperei? Warum rief er nicht: »Exzellenz, das sind alles Lügen! Es gibt keine Sieben Städte! Es gibt kein Gold!« Dafür hatte er drei Gründe: Er liebte seinen Vater und wollte ihn nicht bloßstellen. Zweitens hoffte er immer noch, daß es die
    Sieben Städte und die verlorenen Christen wirklich gab. Der wichtigste Grund aber war sein Ehrgeiz. Denn nachdem Fray Marcos die infamen Lügen aufgetischt hatte, nahm

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