Texas
ausgezeichneter Mann, der bei der Eroberung von Peru reiche Erfahrungen gesammelt hat. Ich halte ihn für klug und vertrauenswürdig. Der Junge allerdings, dieser Garcila9o, ist ständig an seiner Seite, und wer er ist, kann ich nicht mit Sicherheit sagen. Wahrscheinlich war er ein Straßenjunge in Vera Cruz, und Marcos hat ihn dort aufgelesen. Ihr habt den Jungen ja gesehen. Er scheint Anlaß zu den besten Hoffnungen zu geben.«
»Ich denke, wir sollten dem Frater und dem Jungen noch etwas genauer auf den Zahn fühlen«, meinte der Vizekönig.
Nie würde Garcila9o vergessen, wie stolz er auf seinen Vater war, als die beiden vor Mendoza und Zumárraga standen.
»Seid Ihr Spanier?« fragte Mendoza den Mönch ohne Umschweife.
»Ich bin ein Diener Christi und des Kaisers, und der Eure, wenn Ihr mich in Eure Dienste nehmen wollt.«
»Aber Ihr wurdet in Frankreich geboren, wie man mir berichtet hat.«
»Nein, Exzellenz, in Nizza.«
»Ihr seid also Savoyarde?«
»Auch das nicht, Exzellenz. Ich bin Spanier. Durch Dienste für die Kirche und den Kaiser bin ich zum Spanier geworden.«
»Das sind gute Worte, Bruder. Und jetzt sagt mir: Wer ist der Junge, der neben Euch steht?«
»Mir wurde befohlen, ihn mitzubringen, Exzellenz.«
In dem Augenblick der Stille, der folgte, blickten alle auf Garcila9o und sahen plötzlich, wer er war. Er war eines der ersten Mestizenkinder, halb Spanier, halb Indianer, einer jener Menschen, die schon damals dazu bestimmt zu sein schienen, eines Tages über Mexico und über ferne spanische Territorien wie das zukünftige Texas zu herrschen.
»Wer waren deine Eltern, mein Sohn?«
Garcila9o zuckte die Achseln, nicht frech, sondern als Ausdruck aufrichtiger Unkenntnis. Zum erstenmal lächelte der Vizekönig. Dann wandte er sich wieder an Fray Marcos. »Ich gebe Euch Esteban als Führer mit. Ihr kundschaftet die Sieben Städte aus und gebt dann einem möglichen Conquistador, Coronado zum Beispiel, Anweisungen, wie er dorthin gelangen kann.«
»Es wird mir eine Ehre sein«, erwiderte Marcos ohne zu zögern.
Damit wenigstens ein echter Spanier an diesem riskanten Abenteuer teilnahm, bat der Vizekönig Zumárraga, ihm einen jungen Frater von untadeligem Charakter zu nennen, der als stellvertretender Leiter der Expedition fungieren sollte. Der Bischof entschied sich für einen Franziskaner, Fray Honorato. Doch die Expedition war noch nicht sehr weit gekommen - nur wenige Tagereisen nördlich von Culicán -, da klagte Honorato, er fühle sich nicht wohl. Mit größter Schnelligkeit packte Fray Marcos ihn zusammen und schickte ihn postwendend in die Hauptstadt zurück. Jetzt führte er allein das Kommando.
Aber in seinem Gefolge gab es einen Mann, der mindestens genauso ehrgeizig wie Marcos war: Esteban. Und da er der einzige war, der den Norden je gesehen hatte, mußte er zum stellvertretenden Leiter der Expedition befördert werden. Jünger als Marcos, war er ihm ebenbürtig in Auftreten und Intelligenz, aber weit überlegen, was die Kenntnis des Geländes und die Fähigkeit, mit Indianern umzugehen, betraf. Er konnte sich mit vielen Stämmen in Zeichensprache unterhalten. Und wenn es an der Zeit war, ein Dorf zu verlassen, bestanden seine Frauen darauf, ihn zu begleiten, so daß sein Harem ständig größer wurde.
Fray Marcos war schockiert. Er brauchte Esteban als Führer; er haßte ihn als Konkurrenten; und er nahm ihm seine Leichtlebigkeit im Umgang mit den Frauen übel. Während er zusehen mußte, wie Esteban mehr und mehr die Führung übernahm, versank er in neidisches Brüten. Das Ganze wurde in zunehmendem Maße Estebans Expedition, und die spanischen Soldaten erkannten das:
»Ihr müßt Euch etwas einfallen lassen, um mit dem Schwarzen fertigzuwerden«, warnten sie ihn. Aber Marcos konnte sich zu nichts entschließen.
Doch nach sechzehn Tagen ertrug er die Situation nicht länger, und am Ostersonntag, dem 23. März 1539, befahl er Esteban, einen Vorstoß zu unternehmen, um das Gelände auszukundschaften, das der größere Teil der Expeditionsmannschaft durchqueren würde. Das Unternehmen kam beiden Männern gelegen. Der Mönch war überglücklich, den schwierigen Schwarzen los zu sein, während sich Esteban freute, nicht mehr dem Weißen unterstehen zu müssen. Er brach fröhlich auf, begleitet von einer Horde, die jetzt fast dreihundert singende und tanzende Indianer - Männer wie Frauen - umfaßte.
Vier Tage nach Estebans Abzug kam ein indianischer Bote keuchend ins Lager
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