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Texas

Texas

Titel: Texas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A. Michener
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verlassen. Er besudelt sie.«
    Coronado auf seinem Krankenlager billigte diese Empfehlung und fügte hinzu: »Laßt den Jungen mit ihm gehen.« Cardenas aber warf sich zu Garcila9os Verteidigung auf. »Dieser Junge hat mitgeholfen, Euch das Leben zu retten, General. Und er ist auch kein Lügner wie sein sogenannter Vater.« Man kam überein, daß Marcos gehen mußte, Garcila9o aber bleiben durfte.
    Diese Entscheidung stürzte den Jungen in einen großen Zwiespalt, denn er liebte Fray Marcos und weigerte sich, ihn in der Stunde der Schande im Stich zu lassen. »Ich kann ihn jetzt nicht enttäuschen«, sagte er zu Coronado.
    Cardenas und Melgosa nahmen die Entscheidung des Jungen ungnädig auf. »Loyalität ist eine feine Sache, mein Sohn, aber Loyalität mit einem schuldigen Menschen ist gefährlich«, sagte Cárdenas. Melgosa stimmte ihm zu: »Seien wir doch ehrlich. Dein Vater ist ein Schwindler. Er hat diese ruhmreiche Armee in große Schwierigkeiten gebracht. Aber es gibt noch Schlachten zu schlagen. Cárdenas braucht dich für seine Pferde, und vielleicht brauche auch ich dich noch. Dein Platz ist hier!«
    Für Garcila9o aber war Ehre etwas viel Einfacheres: »Ich muß bei Marcos bleiben.« Mit diesen Worten wandte er sich von den zwei Offizieren ab und ging auf seinen Vater zu, der gerade ein Maultier für den langen Marsch zurück nach Mexico bepackte. Fray Marcos nahm den Jungen in die Arme und sagte schluchzend: »Ich kann nicht zulassen, daß du dein Leben zerstörst. Bleib beim Heer!«
    »Aber ich bin doch dein Sohn! Ich bleibe bei dir!«
    Marcos drückte Garcila9o an seine Brust. »Ich habe alles kaputtgemacht«, schluchzte er. »Hast du gehört, wie sie mich verfluchen?« Dann fügte er mit klarer Stimme hinzu: »Aber die Städte sind da. Man wird die goldenen Mauern finden, wie ich es vorausgesagt habe.« Er rief:    »Feldzeugmeister
    Cárdenas! Kommt und holt Euch Euren kleinen Soldaten!« Er schob den Jungen von sich weg und begann sein trauriges Exil.
    Sobald Coronado von seinen Wunden genesen war, sandte er eine Elitetruppe von fünfundzwanzig Mann aus, die das Land im Westen so schnell wie möglich auskundschaften sollten. Cárdenas, dem er das Kommando übertrug, nahm den Jungen mit.
    Zwanzig heiße, durstige Tage später straffte Garcila9o, der gerade an der Spitze des Trupps ritt, plötzlich die Zügel, hielt
    verblüfft den Atem an und hob die Hand, um die anderen zu warnen.
    »Seht!« rief er, und als Cárdenas zu ihm aufschloß, flüsterte er: »Allmächtiger Gott, Du hast ein Wunder vollbracht!« Einer nach dem anderen postierten sie sich am Rand einer gewaltigen Senke und verfielen in Schweigen.
    Zu ihren Füßen öffnete sich ein Canyon, so großartig, daß sie nicht wußten, womit sie ihn hätten vergleichen können. Er war viele Kilometer tief und viele Kilometer breit, ein Flüßchen wand sich durch die Talsohle, und die Wände schimmerten golden, rot und blau und grün. Reich belaubte Bäume, vom Wind gebeugt, säumten den Rand und versuchten da und dort, die Wände hinunterzukriechen. Während die Nachmittagssonne über die tiefe Schlucht hinwegzog, warf sie groteske Schatten auf weit unten aufragende Felsspitzen.
    »Gott hat dieses Wunderwerk geschaffen, um uns seine Allmacht zu offenbaren«, stieß Cárdenas hervor. Sie hatten den Grand Canyon des Colorado entdeckt, und Garcila9o platzte beinahe vor Stolz, als Cárdenas ihm die Haare zauste und den anderen sagte: »Vergeßt nicht, daß er es war, der diese Pracht entdeckt hat. Ihm zu Ehren wollten wir dieses Wunder El Canon de Garcila9o nennen!«
    Cárdenas und seine schnelle Truppe hatten drei Monate für den Ritt zum Canon gebraucht. Als sie zum Hauptteil des Heeres zurückkehrten, stellten sie fest, daß sich ihm ein Fremder angeschlossen hatte, gegen den Garcila9o sofort eine starke Abneigung faßte. Dieser Mann, Mitte dreißig, war ein gutaussehender Indianer, dessen Körpergröße, Gesichtstätowierungen und turbanartige Kopfbedeckung ihn als Angehörigen eines weit von Cíbola entfernten Stammes auswiesen; möglicherweise war er ein Pawnee aus dem Nordosten. Bei einem Raubzug hatten Cíbola-Indianer ihn Vorjahren gefangengenommen; er war ein Sklave. Allerdings schien er schlauer zu sein als die, die ihn gefangengenommen hatten. Er war ein aalglatter Bursche, hatte einen verschlagenen, wissenden Blick, und Garcila9o beobachtete oft, mit welcher Geschicklichkeit es der Indianer unternahm, diesen weißen Hauptmann gegen jenen

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