Texas
Nachdem er die Anweisung aus Mexico-Stadt gelesen hatte, informierte er Damián: »Ihr sollt mit Siedlern wiederkommen und eine neue Mission in dieser Gegend errichten.« Der Franziskaner nahm die Mitteilung ohne Kommentar entgegen.
»Soll ich im Presidio meinen Dienst antreten?« fragte Alvaro. »Davon steht hier nichts«, antwortete der Gouverneur und tippte auf das Schreiben. Aber jetzt mischte sich der Oberst ein. »Das sind zwei gute Leute, Hauptmann. Ich empfehle, daß sie zusammenbleiben, und ich hoffe, daß Ihr meiner Empfehlung folgt.«
Der Gouverneur hustete dreimal und sagte: »Na schön, es kann ja wohl nicht schaden.«
Gute Nachrichten erwarteten Alvaro, als die Expedition nach Bexar zurückkehrte, denn ein Brief von Benita Linán setzte ihn davon in Kenntnis, daß sie ihn heiraten wolle, sobald er in Zacatecas eintreffe. Dabei hatte der junge Offizier noch gar nicht um ihre Hand angehalten, wie es der Brauch gebot.
»Damián«, sagte Benita atemlos, als die Expedition nach Zacatecas zurückgekehrt war und sich die erste Freude gelegt hatte, »wir möchten, daß Ihr die Trauung vornehmt.« Auch für den Franziskaner gab es eine Neuigkeit. Der Verwalter des Bezirks ließ ihn zu sich kommen und eröffnete ihm: »Der neue Vizekönig glaubt, daß sich die Bedrohung durch die Franzosen im Norden gelegt hat. Er möchte deshalb keine neue Mission bei Los Adaes bauen, hat aber angeordnet, daß die Franziskaner eine weitere Mission in Bexar einrichten. Der Provinzial und ich haben beschlossen, diese Aufgabe Euch zu übertragen. Unmittelbar nach der Hochzeit werden wir Euch eine Eskorte zur Verfügung stellen.«
Damián war von dieser Beförderung - denn als solche betrachtete er den Auftrag - hoch erfreut. Am nächsten Tag lernte er den jungen Franziskaner kennen, der mit ihm zusammen die neue Mission leiten sollte. Der um vierzehn
Jahre jüngere Fray Domingo Pacheco war ein fröhlicher, rundlicher, braunhäutiger Mestize. Er betrachtete die Welt als einen Ort, den man nur dann ertragen konnte, wenn man so weit wie möglich jeder Unannehmlichkeit aus dem Wege ging - und unter Unannehmlichkeit verstand er vor allem Arbeit. Er war kein Dummkopf; in seinen zweiundzwanzig Jahren hatte er eine Fülle praktischen Wissens erworben. Obwohl er sich mit den niederen Weihen begnügt hatte, war er doch ein Frater in Amt und Würden, der Trauungen und Taufen vornehmen konnte, aber keine Messe zelebrieren durfte. Der Arbeit ging er zwar aus dem Weg, aber er war durchaus kein Feigling. Er wußte, daß die Grenze gefährlich war. Er hatte gehört, wie sehr sich die Missionare in Tejas gegen die Indianer, deren Seelen zu retten sie ausgezogen waren, verteidigen mußten. Doch was er auch darüber erfuhr, es änderte nichts an seinem Entschluß, der beste Diener Gottes zu werden, den man je in den Norden geschickt hatte. »Ich werde Euer treuer Gefährte sein«, versicherte er Fray Damián, der ihn eingeladen hatte, den bevorstehenden Trauungsfeierlichkeiten beizuwohnen.
Die Hochzeit fand in der Kathedrale statt, und alle Honoratioren aus Zacatecas und den umliegenden Dörfern nahmen daran teil. Die Frauen weinten, als Benita Linán auf den Altar zuschritt. In einen feinen blauen Talar gekleidet, stand Damián aufrecht da, um die Braut zu empfangen, aber er machte keinen besonders guten Eindruck, denn er war knallrot vor Verlegenheit, und in dem Augenblick, als er die Hand der Braut ergreifen und sie in die Hände seines Bruders legen sollte, zitterte er stark; aber nach einiger Zeit gewann er seine Beherrschung zurück und beendete die Zeremonie mit klarer Stimme.
Er verbrachte eine ruhelose Nacht. Dreimal kniete er nieder, um zu beten, daß seine Mission in Tejas in all ihrem Wirken Gottes Willen widerspiegeln möge. Er bat auch um den Segen für seinen Gefährten, den guten Fray Domingo, und um einen ganz besonderen Segen für das Paar, das in dieser Nacht seine Ehe begann, Alvaro und Benita de Saldana. Dann ließ er seine zum Gebet gefalteten Hände sinken, den Kopf auf das Bett fallen und weinte.
Als aufmerksame Geste, die in Mexico-Stadt sehr gut ankam und finanzielle Unterstützung für Bexar sicherte, beschlossen die Franziskaner, ihre neue Mission nach dem
Lieblingsheiligen des neuen Vizekönigs zu benennen und seinen Titel hinzuzufügen: Santísima Misión Santa Teresa de Casafuerte del Colegio de Propaganda Fide de Nuestra Señora de Guadalupe de Zacetecas.
Als dieser grandiose Name zum erstenmal
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