Texas
Man hat mich hierhergeschickt, um Fray Damián zu helfen. Aber jetzt stellt sich heraus, daß er mein Helfer ist.«
»Wie meinst du das?«
»Ich plane alles - wo die Balken hinkommen und wie sie angeschlagen werden müssen. Aber die harte Arbeit, das Heben und Schleppen, das macht er.«
Garza hatte recht. Fray Damián arbeitete wie ein Besessener: Zuerst baute er Wohnstätten für die Indianer, dann eine Kirche, dann eine wärmere, trockenere Hütte für Fray Domingo, dann einen besseren Stall für das Vieh, dann eine Einpfählung rund um die ganze Anlage, damit sie vor den Apachen geschützt war, die sich gegen das Eindringen der Weißen wehrten, das sie als unberechtigte Inbesitznahme ihres Landes betrachteten, und schließlich das allerwichtigste Projekt, das den Wohlstand und die Sicherheit der noch kaum lebensfähigen Siedlung gewährleisten sollte.
Eines Abends rief er Fray Domingo und Garza zu sich: »Unsere Siedlung wird nie richtig gedeihen, wenn wir nicht einen kleinen Kanal vom Fluß über die Felder direkt auf unser Gelände legen. Läßt sich das machen?«
Garza antwortete: »Es ist ein enormer Arbeitsaufwand, und wir haben nur zwei Schaufeln. Aber ich kann noch welche machen. Ohne Wasserversorgung können wir schließlich nicht existieren.«
Damián und Garza bereiteten alles für den Bau des Kanals vor, der fast eineinhalb Kilometer lang, eineinhalb Meter breit und neunzig Zentimeter tief werden sollte, was bedeutete, daß enorme Mengen von Erde bewegt werden mußten. Garza schmolz alles Metall zusammen, das er finden konnte, verwendete Eichenäste als Stiele und stellte so zwei zusätzliche Schaufeln her, mit denen zwei ganz besonders fleißige Indianer ausgerüstet wurden.
Fray Damián teilte sich die schwersten Verrichtungen zu -wie etwa das Ausschaufeln der aufgelockerten Erde aus dem Graben -, aber er genoß die harte Arbeit, denn er war davon überzeugt, daß sie ihn zu einem besseren Diener Gottes machte. In den letzten Monaten des Jahres 1726 arbeitete er so besessen an dem Kanal, daß er kaum zum Schlafen kam; obwohl er todmüde war, lag er eines Nachts wach da und dachte über eine Bitte nach, die Fray Domingo ihm kurz zuvor mit ungewöhnlichem Nachdruck vorgetragen hatte: »Fray Damián, Ihr seid hier der Herr, aber ich finde, daß Ihr und ich bessere Meßgewänder verdienen, als man uns zugesteht. Wir sind Vertreter der Kirche und des Königs, und wir sollten anständig gekleidet sein, wenn wir einen Gottesdienst abhalten.«
Es klang überzeugend. Wenn Männer an der entferntesten Grenze die Zivilisation verteidigten, mußten sie entsprechend, und zwar in blauen Kutten von guter Qualität, gekleidet sein. Doch die Entscheidung, das für solche Kutten nötige Geld auszugeben, konnte nur in Madrid getroffen werden. Guten Gewissens konnte Fray Damián eine solche Kleidung für sich nicht fordern; er fühlte sich als ein einfacher Frater, dessen Pflicht es war, eine Mission zu errichten, egal, in welchem Gewand er sich dabei zeigte. Aber Fray Domingo lag soviel daran. Deshalb faßte Damián eines Morgens, es war der 21. Januar 1727, einen Brief ab, der an die höchste Autorität - sei es in Mexico, sei es in Spanien - gerichtet war:
»Da mein getreuer Helfer Fray Domingo Pacheco die Majestät der spanischen Krone in Tejas verkörpert, würde ihm ein Meßgewand aus feinster blauer Wolle gebühren, und ich bitte die hohe Behörde, ihm ein solches zuzugestehen. Und da ich damit beschäftigt bin, den Kanal fertigzustellen, von dem das Wohlergehen dieser Mission abhängt, bitte ich weiter um drei Schaufeln aus bestem Eisen mit Stielen aus spanischer Eiche.«
Das Gesuch wurde am 29. Januar nach San Juan Bautista geschickt, wo es liegenblieb, bis ein Kurier es am 25. Februar nach Monclova brachte. Von dort wurde es in gemächlichem
Tempo nach Saltillo transportiert, wo es Mitte März eintraf, gerade noch rechtzeitig, um von einem Boten mitgenommen zu werden, der nach Zacatecas unterwegs war und dort am 10. April anlangte.
Den dortigen Franziskanern war klar, daß sie keine Entscheidungsgewalt über eine solch ungewöhnliche Petition hatten. Sie schickten das Gesuch nach Mexico-Stadt weiter, fügten allerdings einen Vermerk an: »Das sind zwei gute Männer; man sollte ihnen die Meßgewänder zugestehen.«
Das Generalkapitel in der Hauptstadt erhielt die Petition am 19. Mai, lehnte aber ab, es auch nur zu lesen, und schickte es ohne Verzug an die Kanzlei des Vizekönigs weiter. Dieser
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