Texas
als mit den Indianern: Wir arbeiten, weil es Gottes Wille ist, dachte er. Wir bauen die Mission, weil Jesus Christus sie haben will. Und die Indianer gehorchen uns, weil sie in ihrem Innersten wissen, daß sie das Rechte tun und daß sie auf diese Weise besser als ihre Väter leben.
Fray Domingo liebte die Musik - er hatte sogar einen Chor gegründet -, und diese Liebe sollte der Mission Santa Teresa beinahe zum Verderben werden. Ein übereifriger Frater, der gerade aus dem traditionsbewußten, nordwestlich von MexicoStadt gelegenen Queretaro eingetroffen war, nahm leidenschaftlich Anstoß an den bei den Indianern von Bexar sehr beliebten wilden Tänzen. Er bezeichnete sie als »unzüchtige Ausschweifungen mit dem Ziel, die Menschen zum Geschlechtsgenuß und zu den widerlichsten Formen sexueller Perversitäten anzuregen«. Er beschaffte sich eine schriftliche Genehmigung der Behörden in Saltillo, die solche Tänze noch nie gesehen hatten, und ging daran, sie auszumerzen. Tatsächlich bewirkte er, daß die Tänze in den Missionen für eine Weile eingestellt wurden - ausgenommen in der Mission Santa Teresa, wo die von Fray Domingo geleiteten geistlichen Chorgesänge meist nach kurzer Zeit in Indianerlieder übergingen und alle mit den Füßen zu stampfen, in die Hände zu klatschen und zu tanzen begannen.
Fray Damián sah nichts Schlimmes an solchen Tänzen, aber der neue Frater war anderer Meinung. Er wandte sich an den Kommandanten des Presidios in Bexar und forderte ihn auf, dem Tanzen in der Mission Santa Teresa ein Ende zu machen.
Der Offizier hatte schon lange nach einer Gelegenheit gesucht, die zwei Fratres von Santa Teresa zu disziplinieren, denn der Alte, Fray Damián, war ihm zu hochnäsig, und der Jüngere, Fray Domingo, viel zu knausrig mit den Lebensmitteln, die seine Indianer produzierten. Er erließ eine Verordnung: »Kein Tanzen mehr in Santa Teresa!«
Er erwartete, daß Fray Domingo, der die musikalischen Darbietungen stets mit angemessener Feierlichkeit begann, sie aber rasch ausufern ließ, protestieren würde, aber zu seiner
Überraschung war es der lange, dünne Fray Damián, der ins Presidio kam und mit sanfter Stimme sagte: »Die Indianer haben immer schon getanzt. Ich gebe zu, daß es zuweilen tatsächlich etwas wild aussieht, aber daran kann ich nichts Schlechtes finden.«
»Aber ich habe einen Befehl erteilt.«
»Ich dachte, Sie könnten den Befehl vielleicht noch einmal überdenken«, sagte Damián freundlich.
»Wo es um Indianer geht, überdenke ich nie etwas!«
Damián brachte ein wichtiges Argument vor: »Wenn wir mit unseren Missionen und unseren Presidios zu den Indianern kommen, verlangen wir, daß sie auf viele Dinge verzichten, die ihnen am Herzen liegen. Verlangen wir nicht von ihnen, daß sie alles opfern!«
»Aber diese Tänze sind gegen den Willen Gottes. Das hat der neue Frater gesagt.«
»Ich glaube, unser lachender Domingo verkörpert den Willen Gottes ebenso. Manchmal habe ich den Eindruck, daß er mit seinem Singen mehr erreicht als ich mit meinen Gebeten.«
»Es darf nicht mehr getanzt werden.«
Wieder in der Mission, wartete Fray Damián, bis sein Mitbruder vom Rancho zurückkam; er zog ein paar Ochsen hinter sich her, die am nächsten Tag geschlachtet werden sollten.
»Das Tanzen.« begann Damián unsicher.
»Was ist damit?«
»Der Hauptmann hat angeordnet, daß es aufhören muß.«
»Der Hauptmann ist ein Esel.«
»Das wissen wir«, gab Damián zu. »Das wissen wir schon seit über einem Jahr. Aber er ist von Amts wegen gehalten, alles zu tun, um den Frieden zu bewahren.«
»Ich werde das Tanzen nicht verbieten.«
»Doch, das werdet Ihr. Auch ich befehle es Euch.« Damián sprach so ungewohnt energisch, daß Domingo mit offenem Mund dastand. Und das Tanzen wurde eingestellt.
Aber einige Wochen später inspizierte der Offizier mit einem Gefolge von Soldaten das Gebiet westlich von Bexar, um selbst zu sehen, wieviel Land die Mission für ihren Viehbestand in Besitz genommen hatte. Als sie sich den vier Hütten näherten, in denen die indianischen Viehhirten lebten, hörten sie großen Lärm. Sie kamen näher und sahen, daß vor einer der Hütten sechs erwachsene Indianer, drei Kinder und ein franziskanischer Frater in einer langen, staubbedeckten Kutte im Kreis tanzten, in die Hände klatschten und aus vollem Halse sangen.
Schon am nächsten Tag wurde eine formale Klage eingereicht, unterzeichnet vom Kommandanten des Presidio, in der Fray Domingo
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