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Texas

Texas

Titel: Texas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A. Michener
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Pacheco der Insubordination, des Mißbrauchs königlichen Landes, des Geschlechtsgenusses und eines Betragens beschuldigt wurde, wie es für einen Angehörigen des Klerus nicht statthaft war.
    Da es die spanische Rechtspraxis vorsah, daß Angehörige des Klerus nur vor Gerichtshöfen zur Verantwortung gezogen werden konnten, die mit Klerikern besetzt waren, wurde ein ehrfurchtgebietender Priester, aus Spanien gebürtig, nach Bexar gesandt. Er begann seine Untersuchung nicht mit der Befragung der zwei beschuldigten Fratres in Santa Teresa, sondern ging durch die kleine Gemeinde und hörte sich allen Klatsch an, den einerseits die Soldaten und andererseits die Fratres aus den anderen Missionen verbreiteten. Bald hatte er so viele Beschuldigungen angesammelt, daß er die beiden Fratres so gut wie aller Delikte hätte anklagen können. Dann verkündete er: »Morgen werde ich die zwei Schuldigen verhören.«
    Die beiden Fratres machten einen jämmerlichen Eindruck auf ihren Richter. Das waren nicht die gepflegten, sauber rasierten Kleriker, wie er sie täglich auf den Straßen von Zacatecas sah. Sie paßten schlecht zusammen, der lange Damián, hager und glutäugig, und der kleine pausbäckige, dümmlich grinsende Domingo. Sie hätten schweigend zuhören sollen, während er sie schmähte, aber zu seiner großen Empörung begannen sie ihre Handlungen zu verteidigen.
    Fray Damián rechtfertigte sich ganz besonders heftig: »Ich habe Tag und Nacht schwer gearbeitet, um die Mission aufzubauen, und ich lasse meine Indianer von frühmorgens bis spätabends schuften, und ich danke Gott, daß mein Bruder Domingo sie singen gelehrt und sie damit zu besseren Arbeitern zur Ehre Gottes gemacht hat!«
    »Wurde Euch nicht von einem Vertreter der Behörde befohlen, mit dem Tanzen Schluß zu machen?«
    »Es wurde mir befohlen, und ich habe es getan.«
    »Aber wurde nicht auf dem Rancho der Mission weiterhin getanzt?«
    »So hat man mir berichtet.«
    »Und hat nicht Euer Bruder Domingo daran teilgenommen?«
    »So wurde mir berichtet.«
    »Seid Ihr nicht verantwortlich für das, was Eure Fratres tun?«
    »Ich bin verantwortlich.«
    »Wäre ich ein penibler Mensch, ich würde Euren Namen in diese Anklageschrift aufnehmen«, sagte der Priester. »Ihr habt Eure Pflichten sträflich vernachlässigt.«
    »Ich fordere, daß Ihr mich in die Anklageschrift einschließt«, erklärte Damián und trat einen Schritt vor.
    »Bleibt, wo Ihr seid!« donnerte der kirchliche Richter. Sein Gesicht rötete sich, aber Damián ging weiter, bis er den Tisch erreicht hatte, hinter dem der Richter saß. Dorr griff er nach einer Feder und wollte seinen Namen auf die Anklageschrift setzen, aber der Priester schlug ihm das Schreibgerät aus der Hand und brüllte: »Soldat, verhaftet diesen Mann!«
    So endete, was eine wohlgeordnete Verhandlung hätte sein sollen, im Chaos, denn als Fray Domingo sah, wie sein Beschützer zum Ausgang gezerrt wurde, ging er auf die Wachen los und schlug auf sie ein. Es folgte ein wüstes Handgemenge. Als Domingo überwältigt war, schrie der Priester: »Legt sie beide in Ketten!«
    In einer winzigen Zelle - keine Betten, kein Wasser und nur einmal am Tag Essen - saßen die zwei Fratres drei Tage lang in Handfesseln; bevor man sie freiließ, mußten sie schwören, den Indianern von nun an das Tanzen zu verbieten.
    Sie hatten ihre Pflichten in der Mission wieder aufgenommen, als aus Saltillo ein Konvoi eintraf, der einen unerwarteten Besucher mitbrachte: einen jungen Offizier in Begleitung einer Kommission, die ihn als neuen Kommandanten des Presidios von Bexar einsetzte und den bisherigen verabschiedete.
    Als Damián näher kam, um den neuen Offizier zu begrüßen, sah er schon von weitem, daß der Neue kein anderer war als Alvaro. Er lief auf ihn zu und umarmte ihn. »Liebster Bruder! Wir brauchen dich hier!« Noch bevor Alvaro etwas erwidern konnte, fragte Damián: »Wie geht es Benita?«
    »Gut. Wenn sie die Erlaubnis dazu erhält, kommt sie hierher.« Von dieser Hoffnung angespornt und von einem verständnisvollen Kommandanten unterstützt, leitete Fray Damián ein, was man die goldenen Jahre von Santa Teresa nennen könnte: Mit Hilfe der Soldaten stellte er die Mauern der Mission, den Kanal und vor allem die Adobekirche fertig; auf dem Rancho vergrößerte Fray Domingo seine Herde, daß man sie bald nicht mehr überblicken konnte; und es wurde wieder getanzt.
    Die Apacheria war weder ein bestimmtes Gebiet noch eine organisierte

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