Texas
Mißhandlungen zu schützen, wurde aber von einem großgewachsenen, kräftigen Apachen aufgehalten, dessen Kleidung den Frater entsetzt zurückweichen ließ: Er streckte die Hand aus und berührte das Gewand des Mannes - es war das Gewand, das Fray Domingo vor seinem gräßlichen Tod getragen hatte.
Die Kutte festhaltend, sagte er ruhig in der Sprache der Apachen: »Das hat meinem Freund gehört. Ich brauche es für sein Grab.«
»Was gibst du mir dafür?«
Außer seinem Maultier hatte Damián nichts anzubieten. Der Apache nahm es gern, daraus würde ein Festmahl werden. So kehrte Fray Damián zu Fuß hinter einer Apachenfrau, die auf einem Esel saß, in seine Mission zurück. Krampfhaft hielt er die Kutte fest, in der sein treuer Freund und Weggefährte seinem Martyrium entgegengeschritten war.
Fray Damiáns Versuche, den Apachen Frieden und den christlichen Glauben zu bringen, scheiterten nicht nur, sondern sie endeten in Peinlichkeit. Nachdem er mit der Apachenfrau nach Bexar zurückgekehrt war, redete er seinem Bruder Alvaro ein, daß die Apachen es ernst meinten, wenn sie jetzt plötzlich ihr Verhalten änderten und über die Möglichkeit einer permanenten Waffenruhe verhandeln wollten. Er wies darauf hin, daß die Indianer französische Waffen erhielten und daß es unbedingt nötig sei, eine friedliche Verständigung zu erzielen. So stimmte Hauptmann Saldaña wider besseres Wissen zu, daß Damián zusammen mit der Frau und mit einem neuen Maultier zurückritt, um ein Gespräch zwischen den Häuptlingen der Apachen und Offizieren des Presidio in die Wege zu leiten.
Entzückt darüber, daß er die auslösende Kraft sein würde, den Raubzügen und Rachefeldzügen ein Ende zu setzen, kehrte Damián in den Westen zurück und brachte seine Apachen dazu, nach den Häuptlingen zu senden, die den Süden kontrollierten. Angeführt von Damián und der Squaw, die ihn schon einmal begleitet hatte, ritten sechzehn Apachen an einem Morgen im März 1736 nach Osten und trafen nach vier Tagen im Presidio von Bexar ein. Zwei Tage lang redeten die Apachen, zum Teil in Zeichensprache, ununterbrochen, während sie sich gleichzeitig den Bauch vollschlugen. Auf ein Zeichen ihres Häuptlings hin stießen sie am Abend des zweiten Tages plötzlich einen Kriegsruf aus, schlugen zwei Wachen zusammen und stürmten hinaus, um sich etwa hundert ihrer Leute anzuschließen, die sich in der Zwischenzeit herangeschlichen hatten.
Sie stellten eine Streitmacht dar, die ohne weiteres imstande gewesen wäre, das ganze Presidio zu nehmen. Aber sie trieben nur die einhundertzwanzig Pferde der Garnison davon und galoppierten dann kreischend und ihre französischen Gewehre abfeuernd nach Westen.
Fray Damián war so erschüttert über dieses Debakel, das er, ohne es zu wollen, angerichtet hatte, daß er in eine Art France fiel; er nahm seine Umgebung wahr, aber er konnte weder sprechen noch irgend etwas tun. Sein Gesundheitszustand verschlechterte sich so rasch, daß Alvaro seine Frau Benita in die Mission schickte, um Damián zu pflegen. Sie war jetzt zweiunddreißig Jahre alt, und immer noch hatte sie stets ein schelmisches Lächeln auf den Lippen. Am meisten aber überraschte, daß sie ungeachtet der Umstände sich eine gehörige Portion Respektlosigkeit erhalten hatte, die es ihr unmöglich machte, selbst Katastrophen allzu ernst zu nehmen.
»Na komm schon, Damián, wir brauchen Euch in Bexar«, sagte sie. Gegen die Regeln der Mission verstoßend, ließ sie die Tür zu seiner Zelle offen, brachte ihm Blumen und kochte ihm nahrhafte Gerichte. Als er aus seiner düsteren Stimmung erwachte, versicherte sie ihm, daß ihr Mann ihm wegen des Debakels mit den Apachen nicht grollte.
»Ich habe Frieden erwartet«, jammerte Damián.
»Ja, man muß immer alles versuchen, Damián. Vielleicht gelingt es Euch später einmal.«
Sie war die Frau, die er liebte. Daß sie ihm jetzt so nahe war und ihn, den seelisch Gebrochenen, wieder aufrichtete, das empfand er als eine Freude, die er mit niemandem teilen konnte, nicht einmal mit Jesus Christus in seinen Gebeten.
Als der Frater wieder genesen war, erwartete ihn eine Überraschung: Simon Garza hatte die vierzehn Stationen des Kreuzwegs fertiggestellt, ihre Anbringung aber aufgeschoben, bis Damián sich erholt hatte. Als das Licht auf sie fiel und die wunderbaren Details sichtbar werden ließ, die Garza mit seinem primitiven Beitel herausgearbeitet hatte, schossen Damián die Tränen in die Augen, er fiel
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