Thanatos
–«
»Hat sie auch nicht. Die Aegis steckt natürlich hinter dem Ganzen, aber das mit dem Wein, das hat Pestilence arrangiert.«
»Wie?«
»Er hat Atrius durch einen Doppelgänger ersetzt. Wir haben ihn später tot aufgefunden.«
Was bedeutete, dass auch Atrius tot war. Doppelgänger und das Wesen, das zu ersetzen sie geschaffen worden waren, teilten sich die Lebenskräfte. Verdammt! Atrius’ Sinn für Humor hatte die Stimmung in der Festung aufgehellt; außerdem war er derjenige gewesen, der die Rivalität zwischen Nachtwandler- und Tagwandlervampiren ausgeglichen hatte. Than würde ihn vermissen.
»Dann muss Pestilence Atrium getötet haben, nachdem die Tat begangen wurde.«
»Oder einer deiner Leute hat den Doppelgänger getötet. Aber sie leugnen alle, es getan zu haben. Wir haben den Rest deiner Dienerschaft einem Test unterzogen, um sicherzugehen, dass nicht etwa noch ein Doppelgänger unter ihnen ist.« Als Than fragend eine Augenbraue hob, erklärte Ares ihr Vorgehen ausführlicher. »Wir haben jedem Vampir einen Fangzahn gezogen. Sie sind alle nachgewachsen.«
Wenn einem Doppelgänger ein Zahn gezogen wurde, wuchs dafür kein Ersatz nach. Than fuhr sich mit der Hand übers Gesicht.
»Wo wir gerade von Fängen reden –«
»Nein«, unterbrach Thanatos seinen Bruder. »Tu das nicht.«
»Oh doch, und ob ich das tue, Than«, grollte Ares. »Reseph wuchsen Fänge, als er sich in Pestilence verwandelte. Dir wuchsen Fänge nach deinem Tobsuchtsanfall. Oder nach dem Sex mit Regan. Irgendwas stimmt da nicht, und das werde ich sicher nicht einfach so übergehen.«
»Das musst du aber, denn ich werde darüber nicht sprechen.« Ares lag vollkommen falsch, was den Zeitpunkt anging, zu dem Than seine Fänge erhalten hatte, aber Than konnte seinem Bruder nicht sagen, dass er sie schon besaß, seit sie dazu verflucht worden waren, die apokalyptischen Reiter zu sein. Es war ein Geheimnis, über das zu reden ihm verboten war, selbst mit seinen Geschwistern. Also wechselte er das Thema, obwohl er wusste, dass sich Ares nicht lange würde ablenken lassen. »Glaubst du, dass Regan lügt, wenn sie behauptet, ebenfalls unter Drogen gesetzt worden zu sein?«
Wenn Regan tatsächlich von dem Wein getrunken hatte, statt nur so zu tun, wie er geargwöhnt hatte, dann richtete sich ein großer Teil seiner Wut wohl gegen die Falsche. Nicht einmal er war imstande gewesen, sich dessen aphrodisischer Wirkung zu entziehen, geschweige denn ein Mensch. Und wenn sie die Wahrheit darüber sagte, dass sie die Kontrolle über ihre Fähigkeit verloren hatte, die ihn letztendlich bewegungsunfähig gemacht hatte … Scheiße. Jetzt wusste er gar nicht mehr, was er denken sollte.
»Ich glaube ihr, was den Wein angeht, aber sie ist immerhin mit dem Vorsatz hergekommen, dich zu verführen.«
Ein abscheuliches Gefühl überkam ihn. »Um schwanger zu werden. Aber warum … Augenblick. Sag es mir nicht. Ich werde mich an die Quelle wenden.«
6
Dein Leben gehört jetzt mir.
Regan wickelte sich in die Decke ein, die am Fuß von Thans Bett lag, ließ sich auf die Matratze sinken und konzentrierte sich darauf, die Ruhe zu bewahren. Was nicht einfach war. Sie hatte schon unzählige Situationen durchlebt, in denen es um Leben und Tod gegangen war, hatte zweimal fast den Tod gefunden, aber noch nie zuvor war sie der Panik so nahe gewesen wie jetzt.
Früher hatte sie niemals wirklich Angst um sich selbst gehabt. Sie hatte eher Angst um ihre Kollegen oder unschuldige Zuschauer gehabt, doch selbst dann hatte diese Angst niemals ihre Fähigkeit zu denken oder zu kämpfen beeinträchtigt. Ganz im Gegenteil: Die Angst hatte ihr noch einen besonderen Antrieb gegeben. Doch jetzt lag sie lähmend auf ihr, denn sie konnte nur an eines denken: das Baby.
»Atmen«, murmelte sie. »Einfach nur atmen.«
Sie atmete langsam ein, während sie bis drei zählte, und dann genauso langsam wieder aus. Das war ein Trick, den ihr ein Aegis-Arzt verraten hatte, um gegen Anfälle ihrer Zwangsneurose anzukämpfen … Anfälle wie diesem hier, wenn sich etwas in ihrem Kopf festsetzte, das sich immer und immer wieder abspielte, wie bei einer Schallplatte, die einen Sprung hatte. Das ging so lange, bis sie entweder am Ende ihrer Kraft war, Ablenkung fand oder aber ein Ritual ausübte, das ihrem Geist Erleichterung zu verschaffen vermochte.
In diesem Moment bestand ihr Ritual aus dieser Atemübung, doch das würde nur vorübergehend funktionieren. In dem Moment, in dem
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