Tharsya. Die Rückkehr der roten Drachen
überhastet, ja fluchtartig geschehen, dass manches umgeworfen und Geschirr zu Bruch gegangen war. Herdfeuer brannten noch, Spielzeug lag herum (14) . Aber keine Hausfrau kam trällernd um die Ecke, kein Kind nahm sein Spiel wieder auf. Und über allem lag eine geradezu gespenstische Stille.
Die Furcht schlich sich immer mehr in Floritzls Herz. Je länger er so zwischen den Geisterhütten dieses Geisterdorfes herum wanderte, desto mulmiger wurde ihm. Immer wieder schaute er sich um, hatte er das Gefühl, beobachtet zu werden, versuchte er durch plötzliches Herumfahren zu sehen, was hinter seinem Rücken vor sich ging. Raschelte da nicht etwas? Und da in dem Busch, war das nicht ein Auge, das ihn anstarrte? Floritzl bemühte sich, nach außen hin ruhig und unbekümmert zu wirken. Er pfiff sogar ein Liedchen vor sich hin, aber in der Stille klang das so schrill und falsch, dass er das bald wieder bleiben ließ. Er versuchte zu schlendern, aber sein Schlendern geriet ihm sehr bald immer gehetzter.
„Ganz ruhig, Floritzl, ganz ruhig“, redete er sich selber gut zu. „Hier ist niemand und hier kommt auch so schnell niemand mehr her. Wir gehen jetzt ganz gelassen über den Dorfplatz zurück, da drüben muss irgendwo der Weg zu den Moosleuten sein. Es gibt keinen Grund sich aufzuregen, keinen Grund zu hetzen.“
Und so versuchte er, sein Zittern zu unterdrücken und ganz harmlos weiter zu gehen. In der nächsten Sekunde aber begann er davon zu laufen, immer den Weg zu den Moosleuten nach, den Berg hinauf, so schnell wie möglich (wo hatte er nur auf einmal die Kraft her?), nur weg von hier, drei Schritte, fünf mal Flattern, drei Schritte, fünf mal Flattern, drei Schritte, fünf Flattern, drei, fünf, drei, fünf ....
***
„Was meinst du, Andrak, wie lange wird er brauchen?“ fragte Lumiggl, als von seinem Elfenfreund nichts mehr zu sehen war. Eine Zeitlang hatten alle Floritzl nachgeschaut, wie er ins Tal hinabgeflattert war, immer wieder als verhuschtes, glänzendes Etwas über der einen oder anderen Baumkrone auftauchte, bis wirklich nichts mehr zu erkennen war.
„Das kommt darauf an, ob er den Weg findet, wie kräftig er ist und ob ihn sein Mut verlässt.“
„Sein Mut verlässt ihn nicht so schnell, das weiß ich.“
„Das ist das Wichtigste. Ansonsten müssen wir, fürchte ich, eben warten, bis er zurück kommt. Es tut mir leid, dir nichts genaueres sagen zu können. Und jetzt musst du mich bitte entschuldigen, ich muss mich um mein Moosvolk kümmern. Vielleicht kann ich ihnen ja auch mal einen Dienst erweisen.“
„Was willst du denn machen?“
„Ich werde sie beschäftigen“, flüsterte Andrak.
„Und das hilft?“
„Siehst du nicht, wie sie langsam unruhig und besorgt werden, von einem Bein aufs andere treten und immer wieder zur Felskante gehen und in die Richtung des brennenden Dorfes blicken?“
„Mach ich doch auch.“
„Ganz richtig. Und dich lenke ich dadurch ab, dass ich mit dir rede, dir erkläre, was vorgeht. Mein Moosvolk braucht etwas anderes.“
Lumiggl kratzte sich am Kopf, denn wieder beschlich ihn das Gefühl als ob der Drachen sie zwar alle durchschaute aber aus Liebenswürdigkeit gleich wieder wegschaute. Und vielleicht liebte ihn deshalb das Moosvolk so sehr. Und deshalb vielleicht war der Drache auch so höflich und so melancholisch sanft. Ob alle Drachen so waren? In den alten Legenden waren sie anders. Aber Andrak war ja auch kein normaler Drache.
„Hört einmal alle her!“
Sofort endete alle Unruhe unter dem Moosvolk. Endlich sprach ihr Drache. Der würde schon wissen, was zu tun wäre.
„Also, ich glaube, wir sollten uns keine zu großen Sorgen machen. Wahrscheinlich wird sich alles in Wohlgefallen auflösen. Und wenn der Elf von seiner Erkundungstour zurück kommt, wird er sicher hungrig sein. Wollen wir ihm nicht als Anerkennung einen Karottenkuchen backen?“
„Ich denke, ein Nusskuchen wäre besser. Nüsse bringen verbrauchte Energie sofort zurück und es ist bestimmt kräftezehrend, so zu fliegen“, warf eine Moosfrau ein.
„Gerade deswegen schlage ich vor, wir machen lieber einen Milchschaumkuchen“, widersprach ein Moosmann und leckte sich in der Aussicht auf den Kuchen schon die Lippen.
„Du und dein Milchschaumkuchen. Aber du brauchst gar nicht danach zu gieren, der ist schließlich nicht für dich, sondern für den Elf!“
„Wer giert hier? Ich doch nicht!“
„Ich bin für Honigkuchen.“
„Doch nicht um diese Jahreszeit,
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