The Acid House (German Edition)
erwischt zu haben; die Illusion, er hätte mich in der Hand, würde ihn überheblich und damit leichtsinnig machen. Ich würde meine Gelegenheit abpassen und ihm das Herz herausreißen. Das würde eine meiner leichtesten Übungen sein, wenn er es so auf der Zunge trug. Bei dieser ganzen Sache ging es ebenso um Richard und mich wie um mich und Chrissie; in gewissem Sinne war sie nur Austragungsort unseres Duells. Unsere natürliche Antipathie auf den ersten Blick war im Treibhaus unseres fortgesetzten Kontakts aufgegangen. In erstaunlich kurzer Zeit war sie zu ausgewachsenem Hass erblüht.
Richard ließ durch nichts erkennen, dass ihm seine anzügliche Bemerkung leidtat. Ganz im Gegenteil, er startete einen neuen Angriff, versuchte, mich zur passenden Zielscheibe für seinen Hass aufzubauen. – Wir Niederländer, wir sind nach Südafrika gegangen. Ihr Briten habt uns unterdrückt. Ihr habt uns in Konzentrationslager gesteckt. Ihr habt die Konzentrationslager erfunden, nicht die Nazis. Ihr habt ihnen das beigebracht, genau wie den Genozid. Ihr wart darin bei den Maoris in Neuseeland viel effektiver als Hitler bei den Juden. Ich will nicht rechtfertigen, was die Buren in Südafrika machen. Nein. Niemals. Aber ihr Briten habt den Hass in ihre Herzen gepflanzt, habt sie hart und unversöhnlich werden lassen. Aus Unterdrückung entsteht nur neue Unterdrückung, Unterdrückung löst keine Probleme.
Ich fühlte Zorn in mir aufsteigen. Ich war kurz davor, die Platte aufzulegen, dass ich Schotte sei, kein Brite, und dass die Schotten ja die letzte unterdrückte Kolonie des britischen Weltreichs wären. Ich glaube allerdings nicht dran; die Schotten unterdrücken sich selbst mit ihrer Fixiertheit auf die Engländer, die so unschöne Dinge wie Hass, Furcht, Servilität, Verachtung und Abhängigkeit hervorbringt. Außerdem würde ich mich mit dieser verblödeten Schwuchtel nicht auf eine Diskussion einlassen.
– Ich will nicht so tun, als verstünde ich allzu viel von Politik, Richard. Aber ich finde deine Analyse doch eine Spur subjektiv. Ich stand auf und lächelte Chrissie an, die mit Pappbechern voller Häagen-Dasz unter slagroom – Häubchen zurückkam.
– Weißt du, was du bist, Euan? Na, weißt du das? neckte sie mich. Chrissie hatte offenkundig beim Eisholen überirgendein Thema nachgedacht. Jetzt zwang sie uns ihre Beobachtungen auf. – Seht euch den an, Mr. Cool. Überall gewesen, alles schon gesehen. Du bist genau wie Richard und ich. Führst ein Pennerleben. Wohin wolltest du noch mal als Nächstes?
– Ibiza, sagte ich zu ihr, –oder Rimini.
– Wegen der Rave-Szene, dem Ecstasy, soufflierte sie.
– Ist doch ne gute Szene, nicke ich. – Sicherer als Junk.
– Na, kann sein, kann auch nicht sein, sagte sie pampig. –Du bist bloß Eurotrash, Euan. Sind wir alle. Da wird der ganze Abschaum angeschwemmt. Im Hafen von Amsterdam. Der Müllcontainer für den Eurotrash.
Ich lächelte und machte mir noch ein Heineken aus Richards Kühltasche auf. – Darauf trinke ich. Auf den Eurotrash! prostete ich.
Chrissie stieß enthusiastisch ihre Flasche gegen meine. Richard machte missvergnügt mit.
Während Richard ganz offensichtlich Holländer war, wusste ich bei Chrissies Akzent nicht genau, wo ich ihn hinstecken sollte. In dem, was generell eine Kreuzung aus Mittelklasse-Englisch und Französisch zu sein schien, schwang gelegentlich eine Liverpooler Färbung mit, obwohl ich sicher war, dass die reine Pose war. Aber ich würde sie auf keinen Fall fragen, wo sie herkam, nur damit sie sagen konnte: überall und nirgends.
Als wir an diesem Abend wieder in Amsterdam waren, konnte ich sehen, dass Richard das Schlimmste fürchtete. In der Bar versuchte er uns Drinks aufzudrängen, offensichtlich in dem hilflosen Versuch, das Unausweichliche abzuwenden. Auf seinem Gesicht stand ein geprügelter Ausdruck. Ich würde mit Chrissie nach Hause gehen; es hätte nicht offensichtlicher sein können, wenn sie es in der Zeitung inseriert hätte.
– Ich bin kaputt, gähnte sie. – Die Seeluft. Bringst du mich noch nach Haus, Euan?
– Warum wartet ihr nicht, bis ich Feierabend hab? bettelte Richard verzweifelt.
– Oh, Richard, ich bin total ausgepumpt. Mach dir um mich keine Sorgen. Euan macht es nichts aus, mich zur Haltestelle zu bringen, oder?
– Wo wohnst du? fragte Richard dazwischen, an mich gerichtet, der Versuch, eine gewisse Kontrolle über die Ereignisse zu bekommen.
Ich warf in einer einhaltgebietenden Geste
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