The Acid House (German Edition)
ich Liebe machen konnte, und das tat ich die meiste Zeit des Tages, bis ich, total ausgelaugt vom Sex, zu meiner Nachtschicht wankte.
Das Leben verlief für den Rest dieses Sommers geradezu idyllisch. Doch damit war es eines Tages vorbei; es warwarm und sonnig, als Anna und ich zufällig auf dem Dam landeten. In mir zog sich alles zusammen, als ich Chrissie auf uns zukommen sah. Sie trug eine dunkle Brille und sah aufgedunsener denn je aus. Sie war widerlich freundlich und bestand darauf, dass wir zusammen auf einen Drink in Richards Kneipe in der Warmoesstraat gingen. Mir war zwar nicht wohl dabei, aber ich hatte den Eindruck, sie links liegen zu lassen hätte eine schlimmere Szene heraufbeschworen.
Richard war erleichtert, mich mit einer Freundin zu sehen, die nicht Chrissie war. Ich hatte ihn nie so offen mir gegenüber erlebt. Ein Anflug von Scham überkam mich, weil ich ihn so gequält hatte. Er erzählte von seiner Heimatstadt Utrecht.
– Wer kommt denn Berühmtes aus Utrecht? provozierte ich ihn freundlich.
– Oh, viele Leute.
– Aye? Sag mir bloß einen.
– Hm, mal sehen, Gerald Vanenberg.
– Der Typ vom PSV ?
– Ja.
Chrissie sah uns feindselig an. – Und wer soll das sein, dieser Scheißgeraldvanenburg? schnappte sie, dann drehte sie sich zu Anna um und sah sie mit hochgezogenen Augenbrauen an, als hätten Richard und ich etwas Lächerliches gesagt.
– Ein berühmter internationaler Fußballer, sagte Richard pampig. Um die Situation zu entschärfen, fügte er hinzu: – Er ist mal mit meiner Schwester gegangen.
– Ich wette, dir wär’s lieber, er wär mit dir gegangen, sagte Chrissie verbittert. Es entstand ein peinliches Schweigen, ehe Richard uns die nächsten Tequila Slammers brachte.
Chrissie hatte ein Riesentheater um Anna gemacht. Siestreichelte ihre nackten Arme, sagte ihr, sie sei ja so schlank und hübsch. Anna war es wahrscheinlich peinlich, aber sie hielt sich ganz gut. Es passte mir nicht, dass die fette Schlampe meine Freundin betatschte. Sie wurde mir gegenüber zusehends feindseliger, je mehr Drinks flossen, fragte mich, wie ich so zurechtkam, was ich so machte. Ein herausfordernder Ton hatte sich in ihre Stimme eingeschlichen.
– Weil wir ihn ja in letzter Zeit nur noch selten sehen, stimmt’s, Richard?
– Lass es, Chrissie … sagte Richard beunruhigt.
Chrissie streichelte Annas Pfirsichwangen. Anna lächelte peinlich berührt zurück.
– Fickt er dich so, wie er mich gefickt hat? In deinen hübschen kleinen Arsch? fragte sie.
Ich fühlte mich, als hätte man mir das Fleisch von den Knochen geschält. Annas Gesicht verzerrte sich vor Unbehagen, als sie sich zu mir umwandte.
– Ich glaube, wir gehen besser, sagte ich.
Chrissie kippte ein Glas Bier über mich und begann mich wüst zu beschimpfen. Richard hielt sie von hinter der Bar fest, sonst hätte sie mich geschlagen. – NIMM DEINE DRECKIGE KLEINE SCHLAMPE UND HAU AB! NE RICHTIGE FRAU IST ZU VIEL FÜR DICH, DU DRECKIGE JUNKIERATTE! HAST DU IHR SCHON DEINE ARME GEZEIGT?
– Chrissie …, sagte ich schwächlich.
– VERPISS DICH! VERPISS DICH BLOSS! GEH DOCH DEINE DUMME KLEINE MAUS POPPEN, DU DRECKIGE PÄDOPHILE SAU! ICH BIN NE RICHTIGE FRAU, NE SCHEISSRICHTIGE FRAU …
Ich schob Anna hastig aus der Bar. Cyrus zeigte mir seine gelben Zähne und zuckte mit seinen breiten Schultern. Ich schaute zurück und sah, wie Richard Chrissie tröstete.
– Ich bin eine richtige Frau, kein dummes kleines Mädchen.
– Du bist eine wunderschöne Frau, Chrissie. Die allerschönste, hörte ich Richard besänftigend auf sie einreden.
In gewissem Sinne war es ein Segen. Anna und ich gingen noch etwas trinken, und ich erzählte ihr die ganze Geschichte von Chrissie und Richard, ohne etwas auszulassen. Ich erzählte ihr, wie abgefuckt und verbittert ich gewesen war, und dass ich Chrissie zwar nichts versprochen, sie aber trotzdem ziemlich mies behandelt hatte. Anna verstand alles, und wir hakten die Episode ab. Als Ergebnis dieser Aussprache fühlte ich mich sogar noch wohler und befreiter, da mein letztes kleines Problem in Amsterdam bereinigt zu sein schien.
Es war seltsam, aber weil Chrissie so kaputt war, musste ich ein paar Tage später flüchtig an sie denken, als sie sagten, man habe den Körper einer toten Frau aus dem Oosterdok nahe der Centraal Station gefischt. Aber ich vergaß sie ganz schnell wieder. Ich genoss das Leben, versuchte es wenigstens, obwohl die Umstände gegen uns arbeiteten. Anna hatte gerade
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