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The American Monstershow in Germany

The American Monstershow in Germany

Titel: The American Monstershow in Germany Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Pawn
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Beste, wir fahren gemeinsam zum Becker-Anwesen und schauen nach, ob die jungen Leute in Schwierigkeiten stecken“, schlug Herr Schlüter vor.
    Es gab, wie nicht anders zu erwarten, keine Gegenstimme.
     
    Die Schwierigkeiten von Andreas und Kerstin hatten sich weder vergrößert, noch waren sie kleiner geworden. Kerstin hatte sich eng an Andreas geschmiegt und ließ die Wärme von dessen Umarmung durch ihren Körper fließen. Beide wagten nicht, sich zu Dirk umzuwenden, der inzwischen zu mehr als der Hälfte in der Wand verschwunden war. Es brauchte keine Worte, um eine Gefühlsbindung zwischen den beiden jungen Leuten zu schaffen, die unter normalen Bedingungen niemals zustande gekommen wäre. Kerstin brauchte Andreas jetzt, wie sie nie zuvor einen Menschen nötig gehabt hatte. Andreas wusste das, und er ließ sie spüren, dass er es wusste.
    Sie sagten beide nichts. Sie lauschten dem leisen Schlürfen, das den Raum durchdrang und versuchten, dessen Ursache aus ihrem Bewusstsein zu verdrängen.
    Nach einer geraumen Weile küsste Andreas Kerstin auf die Wange. Kerstin zögerte einen winzigen Moment, dann wandte sie das Gesicht dem Jungen zu und öffnete leicht die Lippen. Sie erwartete seinen Kuss, und als er sie küsste, war es, als hätte sie Jahrzehnte nur auf diesen einen Kuss gewartet. Im Angesicht des Grauens erlebten sie beide einen der glücklichsten Momente ihres noch jungen Lebens.
    Als sie die Lippen wieder voneinander lösten, vernahmen sie zum ersten Mal das neue Geräusch. Es war kaum zu hören. Andreas hielt es zuerst für eine Halluzination, da es von dem Schlürfgeräusch fast völlig überlagert wurde. Aber es war tatsächlich da. Es war ein leises schabendes Geräusch. Es klang, als führe jemand mit den Fingerspitzen über die Tapete.
    Auch Kerstin hatte das neue Geräusch registriert. „Was ist das?“ fragte sie und drückte sich noch enger an Andreas heran.
    „ Ich weiß es nicht. Da bewegt sich etwas.“
    „ Wo?“ Gehetzt blickte Kerstin sich um.
    „ Hinter der Wand, in der Wand. Ich weiß es nicht genau. Es ist so leise. Man kann nicht recht ausmachen, woher es kommt.“
    „ Mein Gott, hört das denn nie auf“, fuhr Kerstin in einem verzweifelten Ausbruch auf. „Erst Vera, dann Dirk. Es will uns auch noch!“
    „ Es ist eine Wand. Sie kann sich nicht bewegen.“ Andreas strich Kerstin beruhigend durchs Haar. Sein Verstand verlachte seine tröstenden Worte: ‚Kann sie nicht? Es ist eine Wand. Die kann nicht zwei Sechzehnjährige fressen ... Ha, ha, ha ... wirst du verrückt, mein Liebchen!!!‘
    „ Werden unsere Eltern uns hier rausholen?“ Kerstin sah Andreas plötzlich mit großen Kinderaugen an. ‚Kommt morgen der Weihnachtsmann?‘ – ‚Ja, er bringt feine Geschenke.‘
    „ Bestimmt“, sagte Andreas ernsthaft, ohne recht daran zu glauben. Aber er war jetzt der Mann, und er musste Kraft und Vertrauen ausstrahlen.
    Das schabende Geräusch schien leise und beharrlich aus allen vier Wänden gleichzeitig zu kommen. Andreas hätte nicht sagen können, ob es eine Bewegungsrichtung gab, die sich aus diesen Lauten ableiten ließ. Dennoch beunruhigten sie ihn ebenfalls, und er hoffte inständig, dass man sie beide hier noch rechtzeitig herausholen würde. Nun erst recht, da es aussah, als gäbe es einen neuen Anfang, einen Anfang mit Kerstin.
    Andreas versuchte, sich und das Mädchen von der Gefahr abzulenken, die sich unsichtbar in diesem Zimmer eingenistet hatte und über die jungen Leute hergefallen war wie eine Muräne aus ihrem Felsenloch. „Wenn wir wieder draußen sind, wirst du dann am Wochenende mit mir zur Disco gehen?“ fragte Andreas leise.
    „ Bestimmt“, flüsterte Kerstin zurück.
    Wieder bedeckte Schweigen den Raum wie ein schweres Tuch, nur das Saugen und Rascheln war zu hören. Kerstin und Andreas saßen aneinandergeschmiegt in der Zimmermitte und hofften beide, dass ihre Eltern sie aus dieser teuflischen Situation herausholen würden.
    Minuten und einen langen Kuss später - Dirk war inzwischen gänzlich gefressen worden, nur das kratzende Schleifen blieb im Zimmer zurück - schlug die Eingangstür mit einem lauten Knall nach innen gegen die Wand des unteren Flurs. Stimmen waren zu hören.
    „ Kerstin“, rief jemand.
    Kerstin sprang auf. „Das war meine Mutter. Sie sind gekommen, sie werden uns rausholen.“
    ‚ Hoffen wir’s‘, dachte Andreas. Er sagte nichts, um Kerstins Hoffnung nicht im Keim zu ersticken. Auch er erhob sich vom Boden, wo sie eben

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