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The American Monstershow in Germany

The American Monstershow in Germany

Titel: The American Monstershow in Germany Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Pawn
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Richard den Blick leicht gen Himmel hob, flog eine Taube den Sims unterm Dach des gegenüberliegenden Hauses an. Merkwürdig, dachte Richard, ohne zu wissen, was er merkwürdig fand. Nur sein Unterbewusstsein hatte den überaus graziösen Anflug der Taube registriert. Das war doch keine Taube, das war ein Adler, meldete sich eine Stimme unendlich weit hinten in Richards Hirn.
    Dann, kurze Zeit später, kam eine eigentümliche Unruhe auf, die Richard dazu brachte, von seinem Platz aufzustehen und direkt vor das breite Fenster zu treten. Was ging da unten nur vor?
    Richard sah auf den Schulhof hinab, konnte aber nicht Außergewöhnliches entdecken. Dort lief das übliche wilde Durcheinander einer großen Pause ab. Erstklässler wirbelten wie Brummkreisel durch die Beine der Schüler höherer Klassen. Die aus den 9. und 10. Klassen stolzierten herum, als hätten sie bereits die Professur einer Universität in der Tasche, wenn sie nicht gerade heimlich irgendwo rauchten oder rumknutschten. Gar nichts war los da unten!
    Oder doch? Sämtliche Tauben waren mit einem Mal aufgeflogen. Es waren etwa zwanzig Tiere. Sie gurrten aufgeregt, als sei ein Falke zwischen sie gefahren, doch die Wirklichkeit war anders, ganz anders, sie selbst waren die Falken.
    Richard erinnerte sich an Bilder von Stuka-Angriffen aus dem 2. Weltkrieg, als er plötzlich die Tauben mit angelegten Flügeln auf Schüler und Lehrpersonal hinabstürzen sah. ‚ Die Vögel ‘, ging es ihm durch den Kopf. Am Rande seines Blickfeldes sah er, dass eine einzelne Taube nicht an dem plötzlichen Überfall teilnahm, sondern sich abwandte und fortflog. Sie würde ihre Botschaft weiteren Artgenossen in der Stadt bringen, die sie willig aufnehmen würden.
    Unten auf dem Schulhof war von einer Sekunde zur anderen eine Panik ausgebrochen. Das pulsierende und doch gleichmäßige Schulhoftreiben verwandelte sich in Sekundenbruchteilen zum Chaos einer Massenhysterie, obwohl die Zahl der angreifenden Tauben im Verhältnis zur Anzahl der Menschen gering war. Jungen und Mädchen aller Altersstufen kreischten gleichermaßen laut und durchdringend und liefen sinnlos von einer Hofseite zur anderen. Dabei wurden Kleine und Schwache rücksichtslos überrannt.
    Richard sah, wie ein Junge aus der 1. oder 2. Klasse von einem Mädchen aus der 6b, deren Mathearbeit halb korrigiert hier im Lehrerzimmer lag, niedergerissen wurde. Der Junge fing den Sturz glücklich mit den Händen ab, versuchte, sich wieder aufzurichten, da trat ihm ein Typ aus der 9. Klasse direkt auf den Kopf.
    Das Gesicht des Jungen wurde buchstäblich in den Boden des Schulhofes gepresst. Das Jochbein der rechten Wange brach mit einem leisen Knack. Die Knochensplitter durchdrangen das Fleisch, und Blut sickerte in den Boden ein.
    Die wüste, sinnlose Flucht in alle Himmelsrichtungen erleichterte den Tauben die Arbeit. Gegenwehr von Seiten der Opfer war praktisch nicht zu verzeichnen. Die Tauben ließen sich auf den Hinterköpfen, oder, was noch schlimmer war, in den Gesichtern der Menschen nieder und hieben gnadenlos mit ihren Schnäbeln auf alles ein, was sie erreichen konnten. Ihr bevorzugtes Angriffsziel schienen dabei die Augen der Opfer zu sein, so als wüssten sie, dass deren Verwundbarkeit dort am größten war.
    Das Lehrpersonal war bemüht, die Panik so weit wie möglich einzudämmen und die Kinder in die Gebäude zu treiben. Das Unterfangen erinnerte an die Bemühungen eines Viehtreibers, seine vor einem Feuer flüchtende, 2000köpfige Rinderherde aufzuhalten. Auch Anja Winter versuchte, dem um sie tobenden Chaos Einhalt zu gebieten. Plötzlich wurde sie von zwei kräftigen Kerlen umgerissen, die vielleicht einen Bodybuilding-Kurs belegten. Sie wirbelte zu Boden wie ein welkes Blatt.
    Dies war der Moment, in dem Richard aus der Trance des Entsetzens gerissen wurde, die ihn kurzzeitig befallen hatte. Das ganze Geschehen war so unwirklich gewesen, dass er einen Augenblick geglaubt hatte, die Szene stamme aus einem der Bücher, die er von Georg entliehen hatte. Doch dann sah er Anja in einer verzerrten Zeitlupe mit den beiden Riesen aus der 9c kollidieren, von ihnen abprallen wie eine Billardkugel und schließlich zu Boden stürzen. Eine Taube setzte sich währenddessen in den Nacken eines der beiden Riesen und hackte auf dessen Nackenwirbel ein. Blut spritzte, der Junge schrie auf und benahm sich so hilflos, als wäre er soeben dem Uterus entkrochen. Von seiner sicherlich nicht geringen Kraft machte er

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