The Bards Tale 01 - Die Burg der Verräter
ja, aber warum sollte Aidan den Jungen jetzt schicken? Warum ist es plötzlich so wichtig, dieses Ding gerade jetzt abzuschreiben?«
»Nun, ehm … Es könnte ein bloßer Zufall sein.«
»Nein, das ist es nicht!« Die Flammen schlugen fauchend hoch, als Carlotta herumwirbelte. Ihre Augen glühten. Volmar schrak vor diesem unerwarteten Aufwallen ihrer Wut zurück; fast erwartete er eine magische Attacke. Doch die Prinzessin ignorierte ihn, kehrte zu ihrem Stuhl zurück und ließ sich verärgert hineinfallen.
»Du bist der einzige, der weiß, wie ich mich all die Jahre versteckt habe, das Mißtrauen entkräftete und jeden glauben machte, ich sei tot.«
»Selbstverständlich.« Obwohl Volmar niemals hatte enträtseln können, warum Carlotta sich so lange versteckt hielt. Oh, zugegeben, sie war vollkommen ausgelaugt gewesen, als ihr Bann über Amber gebrochen worden war, aber selbst, wenn …
»Vielleicht ist das der Grund.« Carlottas Grübelei unterbrach Volmars Gedanken. »Vielleicht hat der Barde ja gespürt, daß ich in der Nähe bin, weil ich aus meinem Versteck gekommen bin und mich umherbewege.
Schließlich ist er ja ein Meister dieser lächerlichen Bardenmagie.«
Volmar war zu gerissen, um sie daran zu erinnern, daß es die von ihr so verachtete Bardenmagie gewesen war, die ihren Weg bisher blockiert hatte. »Nun, ehm, der Bardling ist jedenfalls unter den Knappen gut aufgehoben«, beruhigte er sie. »Ich habe sogar schon erwogen, ihm einfach zu erzählen, das Manuskript sei nicht hier, und ihn unverrichteter Dinge wegzuschicken.«
»Sei kein Narr!« Carlotta umgab ein magisches Knistern. Ihr Haar bewegte sich, obwohl kein Lüftchen wehte.
»Dieser Junge ist zu einem bestimmten Zweck hergesandt worden, und wir tun beide besser daran, herauszufinden, was das für ein Zweck sein könnte!«
»Aber wie sollen wir die Wahrheit in Erfahrung bringen? Wenn der Junge Verdacht schöpft, wird er nichts verraten. Und ich kann kaum einen unschuldigen Bardling in den Kerker werfen oder auf die Folter spannen lassen. Meine Leute«, fügte Volmar mit einem Hauch Verachtung hinzu, »würden das nicht mitmachen.«
»Dramatisier nicht! Dem Jungen geht es doch schon elend, wie du sagst. Keiner redet mit ihm, keiner behandelt ihn freundlich, und er sieht sich einer langen, mühseligen und einsamen Aufgabe gegenüber.« Carlotta lächelte leidenschaftslos. »Stell dir nur vor, wie erfreut er sein wird, wenn jemand nett zu ihm ist! Wie gern er einer solchen Person vertrauen würde!«
»Ich verstehe nicht. Ein Erwachsener …«
»Nein, du Idiot! Erinnerst du dich nicht daran wie es war, als du so jung warst? Der Junge wird nur einem Gleichaltrigen trauen.«
Wie gewöhnlich unterdrückte Volmar seine Wut über ihre hingeworfene Beleidigung. Ah, Carlotta, du über-hebliche Hexe, wenn ich jemals neben dir auf dem Thron sitzen sollte, dann halt dir besser den Rücken frei! »Wen schlagt Ihr vor?« fragte er so unschuldig wie er konnte.
»Einen der Knappen?«
»Wohl kaum.«
Ihre Gestalt verschwamm, änderte sich … Volmar rieb sich mit der Hand über die Augen. Er hatte von Anfang an gewußt, daß Carlotta meisterhaft ihre Gestalt verändern konnte, wie alle Zauberinnen, aber es machte ihn immer benommen, wenn er sie dabei beobachtete.
»Du kannst jetzt hinsehen, armer Volmar.« Ihr Stimme klang eine Oktave höher als vorher, und sie war so süß, daß er seine Hände sinken ließ und gaffte.
Wo die erwachsene Carlotta gethront hatte, saß nun ein schüchternes, blondes junges Mädchen, das, wie Volmar schätzte, ungefähr das gleiche Alter wie der Bardling hatte, obwohl man es bei all den goldenen Locken, der Alabasterhaut und den großen, glänzenden blauen Augen kaum genau schätzen konnte.
»Wie sehe ich aus?« säuselte sie.
»Süß genug, um meine Zähne abfaulen zu lassen.« Die Bemerkung war ihm herausgeschlüpft, bevor er die Worte hatte zurückhalten können.
Sie warf jedoch nur den Kopf in den Nacken und lachte. Ihre Zähne waren selbstverständlich makellos. »Ich mache dich tatsächlich krank, nicht wahr? Ich werde lieber eine erträglichere Gestalt annehmen.«
Die ekelhafte Koketterie verblaßte. Das Alter des Mädchens blieb gleich, doch das blonde Haar war jetzt weniger perfekt, der Glanz der großen blauen Augen ein bißchen matter, die blasse Haut ein Hauch weniger glatt.
Volmar knirschte mit den Zähnen, während er entschlossen hinschaute, obwohl eine neue Woge der Benommenheit über ihn
Weitere Kostenlose Bücher